Während man sich in der deutschen Politik noch nicht einmal auf den Streckbetrieb der drei bestehenden Atomkraftwerke bis ins kommende Jahr einigen kann, wird anderswo auf der Welt bereits an der nächsten Generation von modularen Reaktoren gearbeitet. Dieser Tage hat die US-amerikanische Atomaufsichtsbehörde (NRC) das erste Kernreaktordesign der Generation IV zur Zertifizierung zugelassen. Das kleine modulare Reaktordesign der NuScale Power Corporation (NYSE: SMR) verspricht sichere, saubere Energie bei radikal reduzierten Kosten, geringerem Flächenverbrauch und kürzeren Installationszeiten.
Die NRC teilte vergangene Woche mit, dass ihre Mitarbeiter angewiesen wurden, eine endgültige Regelung zur Zertifizierung des NuScale-Reaktordesigns für den Einsatz in den Vereinigten Staaten zu erlassen. Dies ist erst das siebte Design, das von der NRC seit ihrer Gründung im Jahr 1974 genehmigt wurde, und das erste einer kommenden Generation von Technologien der nächsten Generation, die die Kernenergie billiger, einfacher und sicherer als je zuvor machen sollen.
Beim NuScale Small Modular Reactor-Design (SMR-Design) werden vier bis zwölf kleine modulare Reaktoreinheiten in einem Wasserbad zusammengefügt und in einer Fabrik kostengünstig in Massenproduktion hergestellt.
Abbildung 1: Bei der NuScale SMR-Konstruktion werden 4-12 kleine modulare Reaktoreinheiten in einem Wasserbad zusammengebaut und in einer Fabrik kostengünstig in Massenproduktion hergestellt.
Die größten Vorteile des kleinen modularen Reaktors sind seine geringe Größe und die Modularität. Anstatt jeden Reaktor vor Ort speziell für den jeweiligen Standort zu bauen, will NuScale seine Leichtwasserreaktormodule in einer Fabrik in Serie herstellen und dann weltweit verschicken, was eine relativ schnelle und problemlose Installation ermöglichen soll.
Jedes annähernd zylindrische Modul ist etwa 20 m hoch, hat einen Durchmesser von 2,7 m und erzeugt 77 Megawatt, indem es Dampf durch eine Turbine ausstößt. Ein einzelnes Kraftwerk könnte zwischen vier und zwölf dieser Module betreiben, die in einem Wassertank untergebracht sind, so dass ein Kraftwerk insgesamt eine Leistung von 308 bis 924 MW erbringen kann.
Abbildung 2: Schematische Darstellung des NuScale Small Modular Reactors.
Wie die meisten anderen Kernkraftwerke der vierten Generation ist auch das NuScale-Kraftwerk so konzipiert, dass es sich im Notfall selbständig und sicher abschalten kann, ohne dass Personal eingreifen muss oder Energie benötigt wird. Die Ventile für Zuflusswasser- und für den Dampfaustritt schließen sich in einer Notfallsituation, und ein zweiter Satz von Ventilen öffnet sich, um den Dampf aus dem Reaktorkern in den Sicherheitsbehälter abzulassen, der den Reaktor umgibt. Wenn der Dampf kondensiert, wird er in den Reaktorkern zurückgeführt und zirkuliert erneut durch diesen Kreislauf. NuScale verspricht, dass die Anlage auf diese Weise in einen stabilen, sicheren Zustand versetzt wird. Falls doch etwas schiefgehen sollte, bietet der riesige Wassertank, in dem die Reaktormodule untergebracht sind, mit seinem Betondach eine letzte Verteidigungslinie, die so konzipiert ist, dass sie erdbebensicher und undurchlässig für Flugzeugeinschläge ist.
Die passiven Sicherheitsvorkehrungen des Kraftwerks und die im Vergleich zur heutigen Kernkraft winzige Grundfläche ermöglichen es – jedenfalls nach Ansicht des Unternehmens -, diese Anlagen viel näher am Ort des Energieverbrauchs zu errichten und so die Kosten für die Übertragung und die Verluste zu verringern.
Das erste NuScale-Kraftwerk soll 2029 mit der Stromerzeugung beginnen, alle sechs Module sollen 2030 ans Netz gehen. Das am Idaho National Laboratory angesiedelte Carbon Free Power Project wird rund 462 MW erzeugen, von denen ein Großteil bereits über einen Zeitraum von 40 Jahren an Stromversorgungsunternehmen verkauft werden soll.
Im folgenden Video finden Sie einige Informationen über das Carbon Free Power Project und den NuScale SMR. https://youtu.be/RpX139PZguA
Fazit: Vor dem Hintergrund der emotionalen Atom-Debatte in Deutschland wirkt schon der Hinweis auf die Entwicklung von kleinen modularen Reaktoren wie eine Beleidigung. Das nukleare Denkverbot ist hierzulande so übermächtig, dass Kleinreaktoren als glatter Tabubruch erscheinen. Man stelle sich die öffentliche Reaktion vor, wenn solcher Kleinreaktor irgendwann einmal in der eigenen Nachbarschaft installiert werden sollte – wo doch schon ein neues Windrad für Empörung sorgt. Allerdings lässt sich das Klimaargument nicht einfach vom Tisch wischen. Modulare Kleinreaktoren emittieren während ihres Betriebs kein CO2. Deutschland hat stattdessen auf billiges russisches Gas gesetzt, um die Grundlast im Netz bereitzustellen, die beim Übergang zu einem erneuerbaren Energiemix gebraucht wird. Die kommende Gaskrise dürfte auch dem Letzten klarmachen, dass wir beim Umbau unserer Energiewirtschaft noch lange nicht so weit sind, wie wir uns gerne einreden – oder haben einreden lassen. Unser Energiehunger ist nach wie vor in erster Linie fossil. Gleichzeitig wissen wir, dass wir in einer elektrifizierten Welt (Autos, Wärmepumpen) künftig mehr Strom brauchen. Woher soll die grundlastfähige Stromversorgung kommen? Angesichts der Herausforderungen würde man sich in der deutschen Debatte mehr Mut zur Offenheit wünschen. Wir können es uns nicht leisten die Möglichkeiten, die sich durch neue Technologien ergeben, von vornherein auszuschließen. Sonst steht Deutschland mit seinem Sonderweg am Ende allein da.
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