Die große Abhängigkeit des Westens von China ist hinreichend bekannt. Zumeist wird dabei an Vorprodukte wie beispielsweise Autobatterien gedacht. Doch auch Rohstoffe sind betroffen, denn bei den Seltenen Erden oder auch beim Magnesium verfügt China über einen Anteil von mehr als 90 Prozent an der weltweiten Produktion.
Kommt die große Abhängigkeit des Westens von China zur Sprache, so denken die meisten primär an die Seltenen Erden. Sie bezeichnete schon Deng Xiao Ping, der im Anschluss an die Herrschaft von Mao Zedong die chinesische Öffnung zur Welt einleitete, als ein großes Faustpfand, das die Volksrepublik im internationalen Macht- und Einflussgefüge in ihren Händen hält.
Weitaus weniger im Fokus steht das Magnesium. Auch bei diesem kritischen Rohstoff hat das Reich der Mitte einen Anteil von über 90 Prozent an der weltweiten Produktion. Noch unbekannter aber ist die Lage beim Antimon. Hier liegt der chinesische Anteil an der Weltproduktion zwar „nur“ bei 48 Prozent. Kritisch ist die Lage für den Westen aber dennoch, denn nach China besitzt ausgerechnet Russland weltweit die zweitgrößten Antimonvorräte.
Warum dies gerade ein massives Problem darstellt, wird schnell deutlich, wenn man sich die Einsatzfelder für Antimon ansieht. Es kommt als Feuerschutzmittel zum Einsatz etwa dann, wenn es darum geht, nur schwer entflammbare Stoffe herzustellen. Ein anderes Einsatzfeld ist die Militärtechnik. Hier wird das Antimon unter anderem bei der Herstellung von Munition eingesetzt.
Kein schussbereites Militär ohne Antimon
Aber auch die modernen Infrarot-Raketen, Nachtsichtgeräte und Nuklearwaffen sind ohne den Einsatz von Antimon nicht herstellbar. Im zivilen Bereich kommt das Metall in Batterien und Photovoltaikanlagen zum Einsatz. Da die Masse der Solarzellen mittlerweile in der Volksrepublik hergestellt werden, sind die im vergangenen Jahr erlassenen chinesischen Ausfuhrbeschränkungen an dieser Stelle für den Westen nicht so gravierend.
Anders verhält es sich jedoch beim Bereich der Munition. Jeder, der den Krieg in der Ukraine in den letzten drei Jahren auch nur am Rande mitverfolgt hat, wird bemerkt haben, dass der Munitionsverbrauch auf beiden Seiten gewaltig und die Verfügbarkeit von Artilleriegranaten möglicherweise sogar kriegsentscheidend ist.
Chinas Ausfuhrbeschränkungen für Antimon treffen damit einen entscheidenden Nerv des Westens, der hier eine gravierende Schwachstelle hat. Die kommunistische Führung in Beijing begründete die Ausfuhrbeschränkungen deshalb auch mit der nationalen Sicherheit, denn wie das Handelsministerium in Beijing im Sommer 2024 mitteilte, wurden die Beschränkungen eingeführt, „um die nationale Sicherheit und Interessen zu schützen und internationale Verpflichtungen wie die Nichtverbreitung zu erfüllen.“
In seinem Briefing wies das Ministeriums zwar darauf hin, dass die Schritte nicht gegen ein einzelnes Land oder eine bestimmte Region gerichtet seien, doch da Russland nach China über die zweitgrößten Antimonreserven verfügt, dürfte die chinesich-russische Freundschaft durch diesen Schritt keinen Schaden genommen, sondern eher eine Vertiefung erfahren haben.
Experten hatten mit einem solchen Schritt gerechnet
Gänzlich unerwartet kommt diese Entwicklung nicht, denn schon in einem im April 2024 veröffentlichten Forschungsbericht erklärten die Analysten von China Securities, dass die steigende Nachfrage nach Waffen und Munition aufgrund von Kriegen und geopolitischen Spannungen wahrscheinlich zu einer Verschärfung der Kontrollen und einer Aufstockung der Lagerbestände von Antimonerz führen wird.
Christopher Ecclestone, Direktor und Bergbaustratege bei Hallgarten & Company in London, wertete den Beschluss damals als ein Zeichen der Zeit: „Die militärische Nutzung von Antimon ist jetzt der Schwanz, der mit dem Hund wedelt. Jeder braucht es für Rüstungszwecke, also ist es besser, es zu behalten, als es zu verkaufen“, erklärte er damals und prognostizierte: „Dies wird die amerikanischen und europäischen Streitkräfte unter Druck setzen.“
Die neuen Grenzwerte, die ab dem 15. September 2024 in Kraft traten, gelten für sechs verschiedene Antimonprodukte darunter Antimonerz, Antimonmetalle und Antimonoxid. Verboten hat China auch die Ausfuhr von Gold-Antimon-Schmelz- und Trenntechnologie ohne Genehmigung.
Chinesische Firmen, die die betroffenen Produkte ausführen wollen, müssen seit September 2024 eine Ausfuhrgenehmigung für Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck beantragen. Damit ist gemeint, dass für Güter und Technologien, die sowohl für militärische wie auch für zivile Zwecke genutzt werden können, eine besondere Genehmigung erforderlich ist, um sie auch weiterhin aus dem Reich der Mitte ausführen zu können.
Der Druck auf den Westen wird stärker
Schon seit einiger Zeit sind die westlichen Länder bemüht, ihre Abhängigkeit von China bei wichtigen Rohstoffen zu verringern. Chinas Ausfuhrverbote aus dem letzten Herbst haben diese Entwicklung weiter befeuert und verstärkt. Die westlichen Länder ergreifen daher Maßnahmen, um eigene Vorkommen zu entwickeln oder ermuntern ihre Bergbaukonzerne, in Ländern tätig zu werden, die als politisch stabil und dem Westen nahestehend betrachtet werden.
So entwickelt Perpetua Resources mit Unterstützung des Pentagons und der US-Export-Import-Bank ein Antimon-Gold-Projekt in den USA. Ursprünglich war geplant, die Förderung im Jahr 2028 aufzunehmen. Nun ist das Unternehmen bemüht, schneller in Produktion gehen zu können.
Aktienrallye bei angehenden Antimonproduzenten
Als Konsequenz der zunehmenden geopolitischen Spannungen und dem Versuch der westlichen Regierungen, Zugriff auf eigene oder verlässliche Antimonprojekte in als sicher eingestuften Ländern zu bekommen, griffen die Anleger bei den Aktien von Bergbauunternehmen mit Antimonprojekten umgehend zu und initiierten eine Rallye. Doch wie so oft im Bergbausektor lässt sich auch dieses Problem nicht über Nacht lösen.
Der Sektor muss und wird deshalb auch wiederentdeckt werden. Dafür werden das US-Militär und die mächtige Waffenlobby schon sorgen. Beide verstehen an dieser Stelle keinen Spaß. Allerdings lässt sich verlorene Zeit auch mit viel Geld kaum mehr aufholen und auch beim Antimon trifft zu, was ebenso für alle anderen Rohstoffe gilt: Bevor ein Mineral gefördert werden kann, muss es erst einmal gefunden werden.
Die US-Regierung ist deshalb schon unter Joe Biden dazu übergegangen, Explorer finanziell zu unterstützen und fördert die Bestrebungen, Antimon-Projekte innerhalb der USA in Produktion zu bringen. Unter Donald Trump wird dieser Weg fortgesetzt. Neben dem finanziellen Hebel sollen nun auch die Genehmigungsverfahren massiv beschleunigt werden, um die angestrebte größere Unabhängigkeit von China schneller erreichen zu können.
Der Zug hat den Bahnhof noch nicht verlassen. Er rollt gerade erst an
Andere westliche Länder mit signifikanten Rohstoffvorkommen folgen den USA in dieser Hinsicht bereits oder werden es bald tun. Denn die Zeit drängt und niemand will dafür verantwortlich sein, dass die beschlossene Aufrüstung zur Wiederherstellung der Verteidigungsfähigkeit auf halben Weg stecken bleibt, weil zwar mehr Geschütze und Panzer produziert wurden, diese aber ohne Nachtsichtgeräte Granaten und Munition zum Feuern auskommen müssen, weil das notwendige Antimon fehlt.
Rohstoffinvestoren haben deshalb gute Gründe anzunehmen, dass die kritischen Mineralien und damit auch das Antimon in den kommenden Jahren deutlich stärker in den Fokus rücken als dies in der jüngeren Vergangenheit der Fall war. Davon werden am Ende nicht nur die Schwergewichte der Bergbaubranche profitieren. Auch kleinere Unternehmen mit interessanten Antimon-Projekten wie Terra Balcanica Resources oder Silver47 Exploration werden zunehmend in den Fokus rücken.
Alle Anleger, die glauben, dass es sich bei den aktuellen Aufrüstungsplänen nicht nur um ein kurzfristiges Strohfeuer, sondern eine lange anhaltende Entwicklung handelt, sollten sich daher nicht nur die Rheinmetall, Hensold und Lockheed Martins dieser Welt anschauen, sondern ebenso den Antimonsektor und Firmen wie Terra Balcanica Resources und Silver47 Exploration auf dem Radar haben.