Der Goldpreis ist am Donnerstag etwas ins Stocken geraten, nachdem die US-Notenbank Federal Reserve zwar wie erwartet die Zinsen gesenkt, dabei aber einen zwiespältigen Ausblick für den weiteren Kurs im Jahr 2026 abgegeben hat. Während aber Gold nahe eines Wochenhochs leicht nachgab, um sich dann wieder etwas zu erholen, setzte Silber seine eindrucksvolle Rallye fort und markiert im frühen europäischen Handel ein Allzeithoch von mehr als 62 US-Dollar je Unze!
Gold nach Fed-Entscheid in Wartestellung
Der Auslöser für die Fortsetzung der Konsolidierung beim Goldpreis war der Zinsentscheid der US-Notenbank am Mittwoch. Die Fed senkte den Leitzins zwar um 25 Basispunkte, allerdings fiel die Entscheidung ungewöhnlich knapp aus, und ein erheblicher Teil des FOMC sprach sich gegen weitere Lockerungsschritte aus. Insgesamt signalisiert die Zentralbank, dass sie künftig vorsichtiger und datenabhängiger agieren will.
Marktbeobachter wie Tim Waterer, Chefmarktanalyst bei KCM Trade, verweisen darauf, dass diese gemischte Botschaft Gold kurzfristig ausbremst. Die Fed habe klargemacht, dass weitere Zinssenkungen „wenige und weit auseinander“ liegen könnten, solange weder Arbeitsmarkt noch Inflation überzeugend in Richtung des Zielkorridors nachgeben. Fed-Chef Jerome Powell vermied es zudem, klare Hinweise auf den Zeitpunkt weiterer Schritte zu geben.
Für Gold bedeutet dieses Umfeld zunächst eine Phase der Neuorientierung. Zwar profitieren zinslose Anlagen wie Gold typischerweise von fallenden Leitzinsen, weil die Opportunitätskosten sinken. Doch solange unklar ist, wie aggressiv die Fed im Jahr 2026 tatsächlich lockert, bleiben viele institutionelle Investoren zunächst abwartend. Im Fokus stehen nun die anstehenden US-Konjunkturdaten – insbesondere Arbeitsmarkt- und Inflationszahlen für November sowie die detaillierte BIP-Schätzung für das dritte Quartal.
Silber: Rekordjagd trotz geldpolitischer Unsicherheit
Während Gold nach der Fed-Sitzung eine Verschnaufpause einlegt, zeigt sich Silber davon weitgehend unbeeindruckt. Der Silberpreis hat in den vergangenen Monaten offenbar eine eigenständige Dynamik entwickelt und damit die traditionelle Kopplung an den Goldpreis teilweise aufgebrochen. Seit Gold am 20. Oktober sein Rekordhoch markierte, bewegte sich das Edelmetall eher seitwärts, während Silber zweistellig weiter zulegte.
Aus Sicht vieler Marktteilnehmer ist die Silber-Rallye das Ergebnis eines „perfekten Sturms“:
- Starke industrielle Nachfrage, insbesondere aus der Elektronik-, Solar- und Batteriewirtschaft,
- Rückläufige Lagerbestände in wichtigen Handelszentren und
- die Einstufung von Silber auf der US-Liste kritischer Mineralien, was die strategische Bedeutung des Metalls nochmals unterstreicht.
Ilya Spivak, Head of Global Macro bei Tastylive, bringt es auf den Punkt: Silber habe sich zuletzt wenig um externe Faktoren gekümmert und „sei einfach alleine weitergelaufen“. Aus technischer Sicht sieht Spivak das nächste wichtige Kursniveau auf dem Weg in Richtung 64 US-Dollar je Unze. Ob und wann dieser Bereich erreicht wird, hängt nicht nur von der weiteren Entwicklung bei Gold, sondern auch von der anhaltenden Flussdynamik in Silber-ETFs und der physischen Nachfrage ab.
Der deutliche Anstieg von Silber spiegelt sich auch im Gold-Silber-Verhältnis wider, das zuletzt auf etwa 69 gefallen ist – den niedrigsten Stand seit dem Sommer 2021. Damit hat Silber Gold in diesem Jahr klar outperformt.
Für den Moment signalisiert der Markt: Gold konsolidiert nach einer starken Aufwärtsbewegung und wartet auf neue Impulse aus der Geldpolitik und Makroökonomie, während Silber seine eigenständige Rekordrallye fortsetzt – mit der Aussicht auf weitere, möglicherweise turbulente Bewegungen in den kommenden Wochen.