Silber und Kupfer haben sich zum Jahresende 2025 an die Spitze der Rohstoffmärkte geschoben. Während der Goldpreis nach seinem Rekordhoch im Oktober überwiegend seitwärts tendiert, haben Silber und Kupfer weitere Höchststände markiert und zunehmend die Aufmerksamkeit institutioneller wie privater Anleger auf sich gezogen.
Silber hat sich im laufenden Jahr fast verdoppelt – der Großteil des Anstiegs entfiel dabei auf die vergangenen zwei Monate. Auslöser war eine historische Verknappung im Londoner Referenzmarkt, verstärkt durch kräftige Nachfrage aus Indien und stark steigende Zuflüsse in silberbesicherte ETFs. Kupfer wiederum profitiert von Erwartungen struktureller Engpässe im Zuge der Elektrifizierung und von verschobenen Handelsströmen nach US-Zollankündigungen.
Silber: Angebotsengpässe, ETF-Zuflüsse und Rekordvolatilität
Silber steht derzeit im Mittelpunkt des Metallhandels. Nach der Rallye der vergangenen Wochen notiert der Preis deutlich über früheren Höchstständen, obwohl Gold, Platin und Palladium zuletzt keine vergleichbaren Bewegungen zeigten. In London hat sich der Engpass etwas entspannt, da zusätzliche Metallmengen in die Lagerhäuser geliefert wurden. In anderen Märkten bleibt das Angebot jedoch angespannt – die Lagerbestände in China befinden sich auf dem niedrigsten Stand seit einem Jahrzehnt.
Analysten verweisen auf die Dynamik des jüngsten Anstiegs. Der Kursverlauf sei steiler und kurzfristiger als bei früheren Haussephasen, die Käufe stärker konzentriert, heißt es aus dem Handel. Seit dem Goldrekord Mitte Oktober ist der Goldpreis weitgehend seitwärts gelaufen, während Silber mehr als 11 % zulegen und ein neues Allzeithoch markieren konnte.
Parallel dazu hat der Handel mit Silber-ETFs deutlich angezogen. Im größten börsengehandelten Silberfonds, dem iShares Silver Trust, sprang die implizite Optionsvolatilität zuletzt auf den höchsten Stand seit Anfang 2021 – damals hatte der Markt kurzzeitig Aufmerksamkeit von Meme-Stock-Spekulanten erhalten. Innerhalb einer Woche flossen dem Fonds fast 1 Mrd. US-Dollar zu, mehr als dem größten Gold-ETF im gleichen Zeitraum. Marktbeobachter sehen darin eine Normalisierung der bislang geringen Silber-Allokation westlicher Investoren.
Kupfer: Elektrifizierung, Zölle und Arbitrage treiben einen strukturellen Bullenmarkt
Während Silber stark von finanzieller Nachfrage geprägt ist, steht bei Kupfer die physische Nachfrage im Vordergrund. Der Industriemetallpreis kletterte an der London Metal Exchange in der vergangenen Woche auf ein neues Rekordniveau von über 11.600 US-Dollar je Tonne. Treiber sind zum einen die wachsende Elektrifizierung im Zuge des Ausbaus von Rechenzentren für KI-Anwendungen, zum anderen großangelegte Infrastruktur- und Energiewendeprojekte.
Hinzu kommt eine politisch bedingte Verschiebung der Handelsströme. US-Zollankündigungen auf Kupfer Anfang des Jahres hatten die Notierungen an der Comex zwischenzeitlich über die LME-Preise getrieben und damit attraktive Arbitragemöglichkeiten geschaffen. Handelsunternehmen wie Mercuria, Trafigura und Glencore nutzten die Preisdifferenz, um Metall verstärkt in die USA zu liefern.
Obwohl bestimmte standardisierte Kupferqualitäten später von den Zöllen ausgenommen wurden, signalisierte die US-Regierung, dass sie eine erneute Ausweitung der Maßnahmen prüft. Diese unsichere Zollsituation trägt dazu bei, Material im US-Markt zu halten und das globale Angebot weiter zu verknappen.
Auf der Angebotsseite sieht der Markt ohnehin nur eine dünne Pipeline neuer Projekte. Gleichzeitig führen Störungen in großen Minen immer wieder zu Produktionsausfällen. Vor diesem Hintergrund sprechen Analysten von „strukturell“ positiven Fundamentaldaten für Kupfer: steigende Nachfrage aus der Elektrifizierung bei begrenztem Zuwachs auf der Förderseite.
Schwankungen mit offenem Ende – Korrekturen ohne Bruch der Langfriststory möglich
Sowohl bei Silber als auch bei Kupfer hat die jüngste Entwicklung die Preiskurven deutlich in bislang nicht getestete Bereiche geführt. Bei Silber resultiert ein Teil der Knappheit aus Arbitragegeschäften zwischen den Referenzmärkten sowie aus ETF-Zuflüssen und Lagerumschichtungen, während Kupfer von Tarifeffekten und Umleitungen physischer Ströme in Richtung USA betroffen ist.
Portfoliomanager weisen darauf hin, dass ein Teil der Knappheit damit auf Faktoren beruht, deren Dauer schwer einzuschätzen ist. Kurzfristige Rückgänge von 10 bis 15 % in beiden Metallen würden aus Sicht einiger Marktteilnehmer die längerfristigen Argumente – strukturelle Defizite bei Kupfer und eine anhaltend starke Investmentnachfrage bei Silber – nicht grundsätzlich infragen stellen.
Klar ist jedoch: Silber und Kupfer sind derzeit die Metalle mit der größten Aufmerksamkeit an den Terminmärkten. Wie lange diese Phase anhält und wo die aktuelle Rally endet, bleibt offen – zumal in einem Umfeld, das von makroökonomischen Unsicherheiten, politisch beeinflussten Handelsströmen und hoher Marktvolatilität geprägt ist.