Der globale Kupfermarkt erlebt turbulente Zeiten. Nach einem Rekordanstieg auf ein Allzeithoch von 5,28 US-Dollar pro Pfund Ende März folgte ein dramatischer Einbruch auf 4,05 US-Dollar Anfang April – ein Rückgang von mehr als 23 Prozent innerhalb von nur zwei Wochen. Haupttreiber dieser extremen Volatilität: der sich verschärfende Zollkrieg zwischen den USA und China sowie wachsende Konjunktursorgen. Für die deutsche Industrie, insbesondere den Automobil- und Elektrobereich, könnte diese Entwicklung weitreichende Folgen haben.
Zollkrieg als Preistreiber und Belastungsfaktor
Die Preisrallye im ersten Quartal 2025 wurde maßgeblich durch die Ankündigung der Trump-Administration angetrieben, umfassende Zölle auf eine breite Palette von Importen, darunter auch Kupfer, zu erheben. Dies löste einen regelrechten Wettlauf aus, möglichst viel des rötlichen Metalls vor Inkrafttreten der Zölle in die USA zu verschiffen. Daten der chinesischen Zollbehörde zeigen, dass die Exporte von raffiniertem Kupfer im Januar und Februar um beeindruckende 119 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sind.
„Eine Menge Kupfer ist in die Vereinigten Staaten geflossen, angelockt durch höhere Preise dort, was zu geringeren Importen führte“, bestätigte ein Händler gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters Ende März. Nach Schätzungen der Mercuria Energy Group waren damals etwa 500.000 Tonnen Kupfer auf dem Weg in die USA – verglichen mit regulären monatlichen Importen von nur 70.000 Tonnen.
Die Situation änderte sich jedoch dramatisch, als die Trump-Administration Anfang April eine neue Runde „reziproker“ Zölle verhängte, die deutlich belastender ausfielen als von Analysten erwartet-und China mit Vergeltungsmaßnahmen reagierte. Die US-Zölle auf chinesische Waren sind mittlerweile auf 145 Prozent gestiegen, während China die Abgaben auf US-Importe von 84 auf 125 Prozent erhöht hat. Diese Eskalation ließ die Kupferpreise einbrechen, da Befürchtungen über eine mögliche Rezession und geopolitische Spannungen die Nachfrage nach Industriemetallen belasten.
Angespannte Versorgungslage trotz Preisrückgang
Trotz des jüngsten Preisrückgangs bleibt die physische Versorgungslage angespannt. Nach Schätzungen von Mercuria wird die Kupfernachfrage das Angebot in diesem Jahr um 320.000 Tonnen übersteigen. Zu diesem Defizit tragen auch Produktionsprobleme bei: Die chilenische Kupfergesellschaft Codelco verzeichnete im Januar einen Produktionsrückgang von 24 Prozent, während ein großer Stromausfall in Chile Ende Februar die Minenaktivitäten im größten kupferproduzierenden Land der Welt beeinträchtigte, auch in der Escondida-Mine von BHP, der weltweit größten Kupfermine.
Die massive Umleitung von Kupferbeständen in die USA bedeutet zudem, dass der Rest der Welt, einschließlich des Hauptverbrauchers China, der etwa die Hälfte der weltweiten Nachfrage repräsentiert, mit unzureichenden Vorräten konfrontiert ist.
Auswirkungen auf die deutsche Industrie
Für die deutsche Industrie, die stark auf Kupferimporte angewiesen ist, stellt die aktuelle Marktvolatilität eine erhebliche Herausforderung dar. Kupfer ist ein unverzichtbarer Rohstoff für die Automobilindustrie und den Elektrobereich – zwei Schlüsselsektoren der deutschen Wirtschaft.
Nach Angaben des Deutschen Kupferinstituts wird Kupfer in breitem Umfang in Automobilen eingesetzt, vor allem in Elektroteilen und Wärmeübertragungssystemen. Besonders relevant ist die Bedeutung des Metalls für die Elektromobilität: Ein Elektroauto benötigt etwa drei- bis viermal so viel Kupfer wie ein Fahrzeug mit herkömmlichem Verbrennungsmotor. Angesichts der ambitionierten Elektrifizierungsziele der deutschen Automobilhersteller könnte die Preisvolatilität und potenzielle Versorgungsengpässe die Produktionskosten in die Höhe treiben und Lieferketten belasten.
Auch die Elektroindustrie, ein weiterer Eckpfeiler der deutschen Wirtschaft, ist stark von stabilen Kupferpreisen abhängig. Das Metall ist aufgrund seiner hervorragenden elektrischen Leitfähigkeit ein zentraler Rohstoff für die Herstellung von Batterien, Leitungen und Verkabelungen. Die aktuelle Marktlage könnte daher die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen in diesem Sektor beeinträchtigen.
Aktien und ETFs unter Druck
Die Turbulenzen am Kupfermarkt spiegeln sich auch in den Aktienkursen relevanter Unternehmen wider. Freeport-McMoRan (FCX), einer der weltweit größten Kupferproduzenten, hat vor kurzem gewarnt, dass die US-Zölle zu einem potenziellen Anstieg der Warenkosten (COGS) um 5 Prozent führen könnten. Die Aktie des Unternehmens hat in den letzten Wochen eine erhebliche Volatilität gezeigt und notiert derzeit bei etwa 37 US-Dollar, deutlich unter dem 52-Wochen-Hoch von 55,24 US-Dollar.
Auch die Aktie des deutschen Kupferkonzerns Aurubis steht unter Druck. Mit einer Marktkapitalisierung von etwa 3,34 Milliarden Euro spürt das Unternehmen die Auswirkungen der globalen Marktturbulenzen. Für Anleger, die in Kupfer investieren möchten, bleibt die Lage herausfordernd, da sowohl direkte Investments in Produzenten als auch Kupfer-ETFs von der anhaltenden Unsicherheit betroffen sind. Ein Vergleich der Kursentwicklung von Kupferpreis, Aurubis und Freeport-McMoRan zeigt eine deutliche Korrelation, wobei die Aktien der Produzenten in den letzten Wochen tendenziell stärker unter Druck gerieten als der Rohstoffpreis selbst.
Vorsichtige Stabilisierung in Sicht?
Nach dem dramatischen Einbruch Anfang April haben sich die Kupferpreise zuletzt leicht erholt. Ein Grund dafür ist die Ankündigung von Präsident Trump, die Zölle für einen Großteil der Welt für 90 Tage auszusetzen – China bleibt jedoch ausdrücklich ausgenommen. Diese Entwicklung hat zu einer vorsichtig optimistischeren Einschätzung geführt. Die US-Bank Citi hat ihre Drei-Monats-Prognose für Kupfer am 15. April auf 8.800 US-Dollar pro Tonne angehoben, von 8.000 US-Dollar acht Tage zuvor.
Dennoch bleibt die Lage fragil. Die Kombination aus Handelsspannungen, geopolitischen Risiken und Konjunktursorgen dürfte den Kupfermarkt weiterhin belasten. Für die deutsche Industrie bedeutet dies, dass sie sich auf anhaltende Preisschwankungen und potenzielle Versorgungsengpässe einstellen muss – eine zusätzliche Herausforderung in einem ohnehin anspruchsvollen wirtschaftlichen Umfeld.
Fazit: Kupfer als Seismograph der Weltwirtschaft
Die aktuelle Volatilität am Kupfermarkt ist mehr als nur ein sektorspezifisches Phänomen. Als wichtiger Indikator für die globale Wirtschaftsleistung – nicht umsonst wird Kupfer oft als „Dr. Copper“ bezeichnet, da es einen „Doktortitel in Wirtschaft“ zu haben scheint – signalisieren die Preisschwankungen tiefgreifende Unsicherheiten über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung.
Für deutsche Unternehmen, insbesondere in der Automobil- und Elektroindustrie, wird es entscheidend sein, ihre Beschaffungsstrategien anzupassen und Risikomanagementmaßnahmen zu verstärken. Die Diversifizierung von Lieferquellen, langfristige Verträge und möglicherweise verstärkte Investitionen in Recycling könnten Wege sein, um die Auswirkungen der Marktvolatilität abzufedern. Eines ist jedoch klar: Der Kupfermarkt wird ein wichtiger Faktor bleiben, den es für die deutsche Industrie genau zu beobachten gilt.
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