Der Kupferpreis hat am gestrigen Donnerstag ein weiteres Allzeithoch markiert. Drei-Monats-Futures an der London Metal Exchange (LME) stiegen zeitweise auf 11.800,50 US-Dollar je Tonne und übertrafen damit den Rekord, der erst zu Wochenbeginn erreicht worden war. Damit setzt Kupfer seine starke Rallye im laufenden Jahr fort – gestützt von besseren Konjunkturaussichten in den USA, einer lockeren Geldpolitik und seiner Rolle als unverzichtbares Industriemetall der Energie- und Technologiewende.
Kupfer und die neue Fed-Wachstumsprognose
Auslöser des jüngsten Kurssprungs bei Kupfer war die aktualisierte Wirtschaftsprognose der US-Notenbank. Die Federal Reserve erwartet für das kommende Jahr nun ein Wachstum der US-Wirtschaft von 2,3 %, gegenüber zuvor 1,8 %. Für ein Industriemetall wie Kupfer, das in nahezu allen großen Wirtschaftssektoren eingesetzt wird, signalisiert dies eine robustere Nachfrage.
Gleichzeitig bestätigte die Fed eine Zinssenkung und geht davon aus, dass die Inflation in den USA auf etwa 2,4 % zurückgeht. Ein Umfeld aus niedrigeren Zinsen, moderater Inflation und fortgesetztem Wachstum erhöht allgemein die Risikobereitschaft und stützt konjunktursensible Rohstoffe. In diesem Kontext wird Kupfer als Barometer der Industriekonjunktur besonders genau beobachtet.
Rohstoffhändler werten die neuen Prognosen als Hinweis, dass die US-Wirtschaft bislang einen „Soft Landing“-Pfad verfolgt. Für Kupfer bedeutet dies, dass ein abrupter Nachfragerückgang vorerst nicht im Vordergrund steht, während gleichzeitig die Kapitalkosten für Investitionen in Infrastruktur und Industrieprojekte sinken.
Kupfer als zentrales Metall der Energie- und Digitalwende
Neben diesen kurzfristigen Impulsen bleibt die mittelfristige Story bei Kupfer klar strukturell geprägt. Das Metall ist in Stromnetzen, Gebäudetechnik, Maschinenbau, Fahrzeugen und in einer Vielzahl elektronischer Anwendungen unverzichtbar. Besonders deutlich zeigt sich das im Zuge der globalen Dekarbonisierung und Elektrifizierung.
Die Energiewende macht Kupfer zu einem Kernrohstoff: Wind- und Solarkraftwerke, Stromtrassen, Umspannwerke und Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge sind überproportional kupferintensiv. Auch moderne Industrieanlagen und Rechenzentren mit hohen Strom- und Kühlanforderungen erhöhen den Bedarf. Überall dort, wo Energie erzeugt, verteilt oder in digitale Prozesse umgewandelt wird, spielt Kupfer eine zentrale Rolle.
Damit verschiebt sich die Wahrnehmung des Metalls zunehmend: Weg vom rein zyklischen Rohstoff, hin zu einem strategischen Material mit langfristigem Nachfragetrend. Für Investoren rückt Kupfer damit näher an die Gruppe der sogenannten Zukunftsrohstoffe heran, die durch politische Zielsetzungen – etwa beim Klimaschutz – strukturellen Rückenwind erhalten.
Angebotsrisiken und chinesische Impulse
Die Angebotsseite im Kupfermarkt kann mit dem Nachfragedruck nur begrenzt Schritt halten. Der Preis ist im Jahresverlauf bereits um fast 35 % gestiegen – eine Entwicklung, die nicht nur auf die Konjunktur, sondern auch auf strukturelle Engpässe zurückzuführen ist. Neue Großminen benötigen häufig ein Jahrzehnt und mehr von der Entdeckung bis zur Produktion, während viele bestehende Lagerstätten sinkende Erzgehalte und steigende Kosten melden.
Zusätzlich spielt die Politik eine wachsende Rolle. Regulatorische Änderungen, Umweltauflagen oder Spannungen zwischen Förderländern und Abnehmerregionen können Projekte verzögern oder verteuern. In einigen wichtigen Bergbauregionen stehen zudem wasserrechtliche und soziale Fragen im Zentrum, was zusätzliche Unsicherheit auf der Angebotsseite schafft.
Frischen Auftrieb erhielt Kupfer in dieser Woche von der politischen Seite aus China. Die Volksrepublik ist der größte Verbraucher von Kupfer weltweit und zugleich wichtigster wirtschaftlicher Gegenspieler der USA. Peking hat signalisiert, an einer „proaktiven“ Fiskalpolitik festzuhalten – also Investitionen in Infrastruktur und strategische Schlüsselbranchen zu stützen. Dies nährt die Erwartung, dass die Nachfrage aus dem Reich der Mitte hoch bleibt, insbesondere in Bereichen wie Bau, Stromnetzmodernisierung, E-Mobilität und erneuerbare Energien.
Kupfer im Spannungsfeld von Zyklik und Strukturtrend
Die Dynamik am Kupfermarkt ergibt sich aus dem Zusammenspiel kurzfristiger konjunktureller Impulse und langfristiger Strukturtrends. Kurzfristig reagieren die Preise auf Zinsentscheidungen, Wirtschaftsdaten und politische Signale. Mittelfristig prägen jedoch vor allem drei Treiber das Bild:
- die Elektrifizierung von Mobilität, Industrie und Haushalten,
- der globale Ausbau erneuerbarer Energien und Stromnetze,
- die zunehmende Digitalisierung mit wachsendem Bedarf an Rechenzentren und Infrastruktur.
Diese Faktoren sorgen dafür, dass Kupfer auch in Phasen konjunktureller Abkühlung nicht einfach in den Hintergrund tritt. Selbst wenn es zu Zwischenkorrekturen kommt, bleibt die Erwartung bestehen, dass der strukturelle Bedarf auf längere Sicht weiter zunimmt. Gleichzeitig reagiert das Angebot nur träge, da neue Projekte hohe Investitionen, umfangreiche Genehmigungsverfahren und lange Bauzeiten erfordern.
Für Marktbeobachter bleibt daher offen, ob das jüngste Allzeithoch bei 11.800,50 US-Dollar je Tonne lediglich eine Zwischenstation oder bereits ein vorläufiger Höhepunkt ist. Klar ist jedoch: Kupfer wird aufgrund seiner Schlüsselrolle in Industrie, Energie- und Digitalwirtschaft auch in den kommenden Jahren im Fokus von Investoren, Minengesellschaften und der Politik stehen.
Die Analysten von ANZ Research sind auf jeden Fall der Ansicht, dass sich Kupfer auch 2026 über der Marke von 11.000 USD pro Tonne halten und sich zum Ende des nächsten Jahres sogar 12.000 USD pro Tonne nähern sollte. Auch ANZ begründet dies mit einer steigenden Nachfrage bei einem gleichzeitig schwierigen Umfeld auf der Angebotsseite.