EU-Gesetzgebung spielt SDC in die Karten
Windeln sind ein global hart umkämpftes, noch immer wachsendes 85 Milliarden-Dollar-Geschäft. Das weiß man spätestens seit dem kometenhaften Aufstieg (und Fall) des wohl berühmtesten Windel-Start-Ups der vergangenen Jahrzehnte: www.diapers.com. In der Frühzeit des e-commerce setzte das Unternehmen auf Direktvertrieb unter Umgehung des Zwischenhandels. Wir wissen, wie die Geschichte endete. Amazon hat das Unternehmen so lange unterboten, bis der Eigentümer von diapers.com schließlich klein beigeben musste und einem Verkauf zugestimmt hat. Schlussendlich hat Amazon das Unternehmen „mangels Profitabilität“ ganz eingestellt. Denn der Verkauf von Windeln erfolgt nach wie vor zu 97 % im Geschäft und nur 3 % online.
Das kanadische Start-Up Soft N Dry Diapers Corp. („SDC“) wagt sich jetzt dennoch als neuer Player auf den Windelmarkt, geht aber bewusst einen völlig anderen Weg. Das Unternehmen will die Windel praktisch von innen revolutionieren, nämlich mit einem neuen zellstofffreien Windelkern, frei nach dem Prinzip von „intel inside“. Der saugfähige Kern der Windel mit der patentierten ecoLiite-Kerntechnologie ist in der Herstellung ca. 25 % günstiger als die derzeitigen Zellstoffkerne, die 99 % des globalen Marktes dominieren. Außerdem verspricht Soft N’Dry eine um 50 % bessere Leistung, was zu Einsparungen für Hersteller und Verbraucher führt. Matthew Keddy, CEO nennt die Innovation im Windelmarkt schlicht „das heißeste Thema in der Windelindustrie seit der Erfindung des elastischen Windelbunds in den 1970er Jahren.“ Tatsächlich waren in den vergangenen 50 Jahren kaum bis gar keine Innovationen erfolgt. Seit Einführung des elastischen Windelgummis in den 1980er Jahren gab es keine Produkte oder Lösungen, die die Branche grundlegend verändert hätten.
Abbildung 1: Nach 50 Jahren endlich etwas Neues. Soft N Dry punktet mit mehr Nachhaltigkeit, geringeren Kosten und mehr Leistung.
Weil man die Lektion von diapers.com gelernt hat, will sich Soft N Dry ausschließlich auf das B2B-Geschäft beschränken. Die neuen Windelkerne werden direkt an die Hersteller der größten Marken der Welt verkauft, die bereits 99 % des Marktanteils besitzen. Ein weiteres Ziel sind große nationale Einzelhandelsketten, die ihre eigenen Windeln unter Eigenmarken vertreiben, etwa Aldi oder Lidl. Soft N Dry konkurriert daher nicht mit Pampers oder Huggies um Marktanteile oder Regalfläche. Am Ende will SDC zwei Einnahmequellen haben: erstens das saugfähige Futter der Windel und zweitens eine fertige Windel mit Hülle und Futter hauptsächlich für Kunden mit Eigenmarken, die keine eigene Fertigungsabteilung haben und auf Drittanbieter zurückgreifen.
EU-Lieferkettengesetz könnte die Einführung des Soft N’Dry-Windelkerns massiv beschleunigen
Mehr als 10 Millionen Bäume werden jedes Jahr gefällt, um ausschließlich den Windelmarkt zu versorgen, wobei jedes Jahr allein in den USA etwa 18 Milliarden Windeln auf Mülldeponien landen. Die europäische Union plant daher für Europa neue Beschränkungen (EUDR) für die Verwendung von Bäumen für Papierprodukte ab dem 1. Januar 2025. Zwar ist noch offen, ob die Verordnung wie erwartet in Kraft tritt, aber der Druck auf die Hersteller ist spürbar. Künftig sollen nur Produkte, die sowohl „entwaldungsfrei als auch legal“ sind, auf dem EU-Markt zugelassen oder von diesem exportiert werden. Bei den Herstellern soll die Verantwortung für die Sorgfalts/DueDiligence-Erklärung für die Lieferketten liegen. Das liefe praktisch auf ein Verbot von Zellstoff aus Bäumen in Windeln hinaus. Daher hat das drohende europäische Verbot die Zeitpläne von Soft N’Dry zuletzt erheblich beschleunigt.
Seit der Ankündigung der kommenden EU-Verordnung hat eine Reihe globaler Hersteller großes Interesse an der Lösung von Soft N’Dry angemeldet. Zu den Interessenten gehören ein Fortune-250-Unternehmen außerhalb Europas und einer der drei weltweit führenden Windelhersteller außerhalb Nordamerikas.
Eine einfache Rechnung gibt einen Anhaltspunkt, um welche Größenordnungen es geht. Ein typischer Auftrag über 100 Millionen Einheiten (ein Starterauftrag) entspricht laut Soft N Dry einem Bruttoumsatz von 6 Millionen USD, einem Bruttogewinn von 3 Millionen USD. Man muss sich vergegenwärtigen, dass 400 Millionen Windeln, also ein Erstauftrag und 3 Nachbestellungen gleicher Größe, leicht in einer einzigen Produktionsstätte bewältigt werden können. Die geschätzte Herstellungszeit beträgt nur 28 Tage. Eine einzige Fabrik stellt Milliarden von Windeln pro Jahr her.
Zum Team von Soft N Dry gehören Top-Leute aus der Industrie
Soft N Dry CEO Matthew Keddy, selbst Serial-Entrepeneur in den unterschiedlichsten Branchen, ist seit vier Jahren an dem Windelthema dran. Es habe ihn gereizt, etwas Disruptives im erstarrten Windelmarkt zu starten, während alle Welt mit Themen wie AI beschäftigt sei. Besonders im vergangenen halben Jahr Keddy sein Team nochmals enorm verstärkt. Alexander Valle Burkert, Chief Technology Officer (CTO) von Soft N Dry, hat drei Jahrzehnte Erfahrung in der Entwicklung von Babywindelprodukten und der Belieferung globaler Kunden. Bei PT Softex Indonesien hat er über 20 neue Babywindelprodukte auf den Markt gebracht und die Markteinführungszeit von neun auf drei Monate verkürzt und den Umsatz auf 480 Millionen US-Dollar pro Jahr gesteigert. Am Ende wurde PT Softex für 1,2 Milliarden US-Dollar an Kimberly Clark verkauft. Alex gehört zwar erst seit diesem Sommer zum Team hat aber bereits den firmeneigenen Windelkern nochmals verbessert, der nun kommerziell verkaufsfertig ist.
Die zweite Personalie, die aufhorchen lässt, ist Robert Sjöström, der jüngst als strategischer Berater bei Soft N Dry an Bord gekommen ist. Sjöström hat mehr als zwei Jahrzehnte Führungserfahrung. Er hatte zuletzt verschiedene Schlüsselrollen inne, darunter Präsident und CIO bei EssityAB, wo er Leiter aller Hygienekategorien (einschließlich Baby) war und für die Gruppe das M&A-Geschäft verantwortete. Sjöström verwaltete ein 7-Milliarden-Euro-Budget und war u.a. für die globale Beschaffung, die Lieferkette sowie für digitale Transformation bei Essity zuständig. Robert ist Vorstandsvorsitzender von Midsummer und Vorstandsmitglied von Greenly.
Noch in diesem Jahr plant Soft N’Dry den Gang an die kanadische CSE und ein Dual-Listing in Frankfurt. Der Cash-Flow aus dem Lizenzgeschäft soll schon im ersten Quartal 2025 beginnen. CEO Matthew Keddy liebäugelt angesichts des starken Free-Cashflow-Modells mit der Idee, frühzeitig eine Dividende zu zahlen – bestenfalls schon im ersten Börsenjahr.
Fazit: Pro Kind werden ca. 6.600 Windeln verwendet (2.200 pro Jahr für ca. 3 Jahre) zu einem Preis von ca. 0,25 bis 0,55 US-Dollar pro Windel. Schätzungen zufolge beträgt das Volumen des globalen Windelmarktes aktuell 85 Milliarden US-Dollar Umsatz weltweit mit einer prognostizierten Wachstumsrate von 6,38 % pro Jahr. Die Branche wird von den größten Akteuren dominiert, die sich in erster Linie auf das Marketing konzentrieren, um sich von der Konkurrenz abzuheben und Marktanteile zu gewinnen. Größere Innovationen sind seit der Einführung der Einmalwindel vor 50 Jahren praktisch Fehlanzeige. Der Pitch von Soft N’Dry ist daher denkbar einfach: Weniger Windeln pro Tag bedeuten geringere Kosten für Familien. Weniger Windeln bedeuten auch weniger Windeln auf der Mülldeponie. Und last but not least bedeutet längerer Tragekomfort bei Tag und Nacht besseren Schlaf für das Baby und die Eltern. Soft N Dry wird wohl kaum unter eigenem Namen im Regal auftauchen, aber zukünftig die inneren Werte einer neuen Generation von Windeln liefern. Mit dem weltweit ersten baumfreien Einweg-Babywindel-Futter will Soft N Dry durch mehr Nachhaltigkeit, geringere Kosten und mehr Leistung punkten. Der Sparzwang gerade bei kinderreichen Familien könnte zum Hauptreiber für’s Geschäft werden. Immerhin müssen 33 % der Familien bei den grundlegenden Dingen des Lebens sparen, um sich Windeln für ihre Kinder leisten zu können. Wir werden den Weg von Soft N Dry ab sofort aufmerksam verfolgen.
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