Wie vor vier Wochen befürchtet fiel der Silberpreis in einem panischen Marktumfeld zunächst weiter zurück. Trotz rekordhoher Inflationsdaten sorgte der starke US-Dollar zusammen mit den kollabierenden Aktienmärkten auch im Edelmetall-Sektor für gewaltigen Verkaufsdruck. Erst am 13. Mai war mit 20,46 US-Dollar ein Panik-Tief erreicht.
Seitdem konnte sich der Silberpreis immerhin um 8,5 % bis auf 22,20 US-Dollar erholen. Diese angelaufene Erholung hat durchaus noch mehr Luft nach oben. Allerdings bleibt die saisonale Komponente bis zum Hochsommer ungünstig, sodass nach Abschluss der Erholungswelle nochmals mit tiefen oder gar tieferen Kursen gerechnet werden muss.
Seit dem 1. Februar 2021 hatten Silber-Investoren kaum einen Grund zur Freude, denn der Silberpreis konnte nie mit der guten Entwicklung beim Goldpreis mithalten. So stieg das Gold/Silber-Ratio innerhalb von 15 Monaten von einem Tief bei 62,51 bis auf ein Hoch bei 88,35. Während der Goldpreis Anfang März sein Allzeithoch nur knapp verfehlte, schob sich der Silberpreis meist nur zäh durch seine große Seitwärts-Spanne zwischen grob gesagt 21 US-Dollar und 30 US-Dollar.
Das letztjährige Hoch um 30 US-Dollar konnte zu keinem Zeitpunkt mehr erreicht werden. Stattdessen wurde im Mai mit einer klassischen Bullenfalle auch noch die breite Unterstützungszone zwischen ca. 21,50 und 23,00 US-Dollar vorübergehend unterschritten. Das sensible Silber antizipierte damit bereits seit dem Februar 2021 zunehmend die globale Liquiditätsverknappung!
Seit dem 12. Mai signalisiert das Gold/Silber-Ratio nun aber eine mögliche Trendwende zugunsten des Silberpreises. Zumindest hat das Ratio auf das 38,2 %-Retracement reagiert und auf dem Wochenchart eine Umkehrkerze ausgebildet. Ob daraus mehr werden kann, müssen erst die kommenden Wochen und Monate zeigen.
Die Chance, dass Silber-Investoren in den nächsten Jahren endlich für ihre Geduld entlohnt werden, ist aber vorhanden. Dazu wird es jedoch eine Stabilisierung an den Finanzmärkten benötigen. Angesichts der ausgebombten Stimmung stehen die Chancen für eine größere Erholung dort kurzfristig sehr gut. Davon werden natürlich auch die Edelmetalle profitieren, da diese typischerweise einen Kurswechsel in der Geldpolitik frühzeitig einzupreisen beginnen. Auch eine Korrektur beim völlig überkauften US-Dollar sollte den Edelmetallen mittelfristig Schwung verleihen.
Trotzdem bleibt die Lage vorerst angespannt, denn bislang hat sich der Crash an den Aktienmärkten eher schrittweise entladen. Eine extreme Panik-Spitze war bislang nicht zu beobachten. Typischerweise benötigt es aber eine derartige Kapitulation, um eine Korrektur bzw. einen Bärenmarkt nachhaltig zu beenden.
Insofern ist man derzeit gut beraten, zunächst nur von einer vorübergehenden Erholung an den Finanzmärkten auszugehen. Für die Edelmetalle bedeutet dies zunächst die Chance auf eine Fortsetzung der Erholung. Im Anschluss sollte es im Juli oder August nochmals zu einem deutlichen Rücksetzer kommen, der das zweite Standbein liefern könnte. Silberkurse unterhalb von 20 US-Dollar hingegen eröffnen deutlich größeres Abwärtspotenzial.
Silber in US-Dollar, Tageschart – Erholungschancen bis zur 200-Tagelinie
Mit einem Tiefpunkt bei 20,45 US-Dollar am 13. Mai hat der Silberpreis alle Tiefs der letzten zwei Jahren kurzzeitig unterboten und damit vermutlich nochmals zahlreiche schwache Hände abgeschüttelt. Im Anschluss an diese Bullenfalle konnten sich die Silbernotierungen in den letzten zwei Wochen zurück in die breite Unterstützungszone erholen.
Diese Erholungswelle hat ihr Minimalziel (das 38,2 %-Retracement der letzten Abwärtswelle) um 22,50 US-Dollar jedoch noch nicht erreicht. Die Tages-Stochastik hat jedoch schon wieder ihre überkaufte Zone ansatzweise erreicht und liefert damit ein erstes Warnsignal hinsichtlich der Nachhaltigkeit dieser Aufwärtswelle. Angesichts des hohen Pessimismus sowie der relativ günstigen Lage am Terminmarkt (CoT-Daten) wäre auch eine mehr oder weniger direkte Erholung bis zur fallenden 200-Tagelinie (23,55 US-Dollar) durchaus möglich. Die saisonale Tendenz für den Silbermarkt entspannt sich allerdings erst ab Juli.
Zusammengefasst befindet sich der Silberpreis übergeordnet immer noch in seiner großen Seitwärtsrange zwischen ca. 20,50 und ca. 30 US-Dollar. Die angelaufene Erholung hat kurzfristig noch Platz. Bis zum Hochsommer wäre aber ein zweites Standbein im Bereich um 21 US-Dollar oder etwas tiefer keine Überraschung. Mittel- und vor allem langfristig muss der Silberpreis „nur“ die Marke von 30 US-Dollar nachhaltig aus dem Weg räumen, um dann zügig in Richtung des Allzeithochs um 50 US-Dollar durchstarten zu können. Bis dahin werden sich die Silber-Fans aber weiter gedulden müssen.
Silber in Euro: Neues Kauflimit bei 20,20 EUR
Da das saisonale Muster typischerweise zwischen Juni und August ein wichtiges Tief liefert, empfiehlt sich jetzt wieder ein Kauflimit am Silbermarkt. Mit etwas Glück kommt der Silberpreis aufgrund des schwächeren US-Dollar in Euro gerechnet nochmal in Richtung der Marke von 21 USD oder etwas tiefer zurück. Wir setzen daher ein neues Kauflimit bei 20,20 EUR. Wer seine physischen Edelmetalle unbedingt noch aufstocken muss (Empfehlung mind. 5 % und max. 25 % des Gesamtvermögens), findet bereits jetzt gute Kaufkurse.
Technischer Analyst