Palladium – Überschaubares Restrisiko

Stand: 15.09.2023 von Florian Grummes

Die Edelmetallpreise bleiben weiter unter Druck. Im Zuge der nächsten Zinserhöhung durch die EZB (+0,25%) sowie weiter hartnäckig bleibenden US-Inflationsdaten fällt der Goldpreis vorübergehend am Donnerstagnachmittag wieder bis an die runde psychologische Marke von 1.900 USD zurück. Auch Silber und Platin können sich dem neuerlichen Verkaufsdruck in den letzten zwei Wochen nicht entziehen.

Da sich die Korrektur seit Anfang Mai eher zäh und langsam vollzieht, wird der antizipierte Ausbruch auf neue Allzeithochs am Goldmarkt wohl erst im nächsten Jahr stattfinden. Saisonal betrachtet hat sich der Goldpreis in den letzten 12 Jahren zwischen Anfang September und Mitte Dezember jedenfalls meist schwergetan.

Spätestens aber ab dem letzten FOMC-Meeting am 12. und 13.Dezember 2023 könnte der Goldpreis dann mit einer neuen Aufwärtsbewegung damit beginnen, eine Kehrtwende bei der US-Geldpolitik aufgrund der schwächer werdenden Wirtschaftslage einzupreisen.

Sollten bereits vorher, ähnlich wie im März, Rettungsmaßnahmen aufgrund von eskalierenden Marktverwerfungen notwendig werden, kann sich das derzeit eher gemischte Bild aber auch schnell innerhalb von wenigen Tagen komplett auf bullisch drehen.

Palladium korrigiert bereits seit März 2022

Deutlich länger in einer Korrektur gefangen ist hingegen Palladium, der Exot unter den vier Edelmetallen.

Hier geht es letztlich schon seit dem 7.März 2022 in einem gnadenlosen Abwärtstrend gen Süden.
Vom damals erreichten Allzeithoch um 3.434 US-Dollar haben die Notierungen mittlerweile über 65% verloren. Dementsprechend überverkauft ist die Lage auf dem Monats- und Wochenchart. Und mit Kursen um 1.260 US-Dollar fehlt nicht mehr viel bis zur starken Unterstützung um 1.155 US-Dollar.

Einzigartige Eigenschaften und außergewöhnliche Fähigkeiten

Ungeachtet dieser harten Korrektur ist und bleibt Palladium ein unverzichtbares Element in unserer modernen Welt und findet mit seinen einzigartigen Eigenschaften vielfältige Anwendungen in unterschiedlichen Industriezweigen.

Seine außergewöhnliche Fähigkeit, Wasserstoff zu absorbieren und zu speichern, hat es zu einer entscheidenden Komponente bei der Entwicklung von Wasserstoff-Brennstoffzellen gemacht, die eine saubere und nachhaltigere Energiezukunft versprechen.

Darüber hinaus haben die katalytischen Fähigkeiten von Palladium den Automobilsektor revolutioniert, indem es die Umwandlung schädlicher Abgasen in weniger schädliche Substanzen erleichtert und so erheblich zur Verringerung der Luftverschmutzung und zur Verbesserung der Luftqualität beiträgt.

Neben seiner zentralen Rolle in der Energie- und Umwelttechnik spielt Palladium auch eine wichtige Rolle im Bereich der Elektronik und dient als Schlüsselmaterial bei der Herstellung von Kondensatoren, Sensoren und verschiedenen anderen elektronischen Komponenten.

Seine hohe elektrische Leitfähigkeit und außergewöhnliche Korrosionsbeständigkeit machen es zu einer idealen Wahl, um die Zuverlässigkeit und Langlebigkeit von elektronischen Geräten zu gewährleisten.

Darüber hinaus ist die Rolle von Palladium in der Schmuckindustrie nicht zu übersehen, denn sein glänzendes, weißes Aussehen hat die Herzen vieler Menschen erobert und eine einzigartige Nische in der Welt des Edelmetall-Schmucks geschaffen.

85% der Nachfrage kommt aus der Autoindustrie

Insgesamt setzt sich die weltweite Gesamtnachfrage aus Autoabgaskatalysatoren (85%), Elektronik und Elektronikkomponenten wie z.B. Kondensatoren (10%) sowie Schmuck und Schmuckherstellung (5%) zusammen.

15-mal seltener als Platin

Geologisch betrachtet gilt Palladium als ein relativ seltenes Element in der Erdkruste. Sein Gewichtsanteil in der Erdkruste wird auf etwa 0,015 Teile pro Million (ppm) geschätzt. Gemessen an diesen natürlichen Vorkommen ist Palladium ca. 15-mal seltener als Platin und sogar ca. 30-mal seltener als Gold! Nur Rhodium und Iridium sind noch seltener.

Russland und Südafrika fördern zusammen zwei Drittel des Angebots
Im Jahr 2021 wurden weltweit insgesamt rund 232 Tonnen Palladium gefördert, wobei Russland mit 82,3 Tonnen (35,4%) und Südafrika mit 74 Tonnen (31,8%) zusammen 67,4% bzw. zwei Drittel des Angebots stellen.

Andere Länder wie:

Kanada (19,4 Tonnen)
Vereinigten Staaten (15 Tonnen)
Simbabwe (13 Tonnen)
tragen zwar ebenfalls zur weltweiten Palladium-Produktion bei, allerdings in deutlich geringerem Umfang.

Insgesamt ein zwiespältiger fundamentaler Ausblick

Zusammengefasst ist der Palladium-Preis stark von der Nachfrage aus dem Automobilsektor, insbesondere bei benzinbetriebenen Fahrzeugen, abhängig. Die zunehmende Umstellung auf Elektrofahrzeuge ohne Verbrennungsmotoren hat zu einem Rückgang der Nachfrage nach Palladium geführt.

Ebenso könnte eine deutliche Eintrübung der wirtschaftlichen Lage (Stichwort Rezession) die Nachfrage zusätzlich drücken.
Demgegenüber steht ein limitiertes Angebot, welches primär aus zwei Ländern stammt. Während Russland außenpolitisch vom Westen isoliert ist, steht der Palladium-Bergbau in Südafrika vor zahlreichen großen Herausforderungen hinsichtlich sicherer Arbeitsbedingungen bei der Förderung in großen Tiefen, zunehmender Erschöpfung der Ressourcen und vor allem steigender Energiekosten sowie regelmäßiger Stromausfälle.

Palladium Monatschart in US-Dollar – Starke Unterstützung um 1.150 US-Dollar

Palladium – Überschaubares Restrisiko

Palladium in US-Dollar, Monatschart vom 14.September 2023. Quelle: Tradingview & Gold.de

Technisch betrachtet befindet sich der Palladiumpreis seit dem März 2022 in einer scharfen Korrektur. Zuvor waren die Notierung ab dem Herbst 2008 fast 14 Jahre lang mehr oder weniger kontinuierlich um insgesamt fast 2.060% angestiegen, wobei sich die Aufwärtsbewegung erst mit dem Ausbruch über 1.150 US-Dollar ab dem November 2018 beschleunigte.

Der Corona-Crash sorgte im Februar und März 2020 vorübergehend für einen ersten scharfen Rücksetzer. Im Anschluss lief der Palladiumpreis aber auf ein neues Allzeithoch, nur um sich dann in nicht mal sechs Monaten wieder zu halbieren.

Mit Tiefstkursen um 1.528 US-Dollar begann Mitte Dezember 2021 das bislang letzte bullische Kapitel.
Als Russland Ende Februar 2022 in der Ukraine einmarschierte, schossen die Palladium-Notierungen ausgehend von Kursen um 2.300 US-Dollar innerhalb weniger Tage um über 1.000 US-Dollar nach oben.

Mit 3.440 US-Dollar wurde am 7.März schließlich nochmal ein neues Allzeithoch erreicht.
In dessen Folge kam es jedoch zu einer harten Trendumkehr nach unten und die Notierungen fielen seitdem bis auf ein Tief bei 1.185 US-Dollar am 10.Juli 2023. Seitdem kommt der Palladiumpreis zwar kaum auf die Beine, gleichzeitig könnte es sich bei dem Kursgeschehen der letzten zwei Monate auch um eine Bodenbildung handeln.

Interessant ist im großen Bild vor allem der alte und flache Aufwärtstrendkanal, welcher die Preisentwicklung bis zum November 2018 mitbestimmte. Aktuell liefert dessen Oberkante im Bereich um 1.150 US-Dollar eine massive Unterstützung. In Verbindung mit der völlig überverkauften Stochastik auf dem Monatschart dürfte der Palladiumpreis spätestens dort nach oben drehen. Im Anschluss wäre eine lukrative Erholung bis in die Bereiche um 1.700 US-Dollar und um 2.000 US-Dollar denkbar.

Palladium Tageschart in US-Dollar – Ausbruch über die Abwärtstrendlinie

Palladium – Überschaubares Restrisiko

Palladium in US-Dollar, Monatschart vom 14.September 2023. Quelle: Tradingview & Gold.de

Auf dem Tageschart gelingt in dieser Handelswoche der Ausbruch über eine seit Oktober 2022 deckelnde Abwärtstrendlinie. Zusammen mit der Bodenbildung der letzten zweieinhalb Monate nehmen die Signale für eine mögliche Trendwende zu. Zwar bremst das obere Bollinger Band kurzfristig bereits bei 1.277 US-Dollar den angelaufenen Befreiungsschlag, die nächste Widerstandszone beginnt jedoch erst um 1.345 US-Dollar.

Noch mehr Platz für eine ausgedehnte Erholung bietet die schnell fallende 200-Tagelinie (1.460 US-Dollar).

Palladium Tageschart in Euro – Kauflimit bei 1.160 Euro

Palladium – Überschaubares Restrisiko

Palladium in Euro, Wochenchart vom 14.September 2023. Quelle: Tradingview & Gold.de

Auch in Euro gerechnet fällt die Korrektur am Palladium Markt seit dem März 2022 dramatisch aus. Mit dem Tiefpunkt bei 1.101 Euro am 10.Juli hat sich die Lage jedoch stabilisiert und die Preise laufen seitdem seitwärts.

Tatsächlich befindet sich im Bereich um 1.125 bis 1.135 Euro ähnlich wie beim Palladium in US-Dollar die Oberkante eines alten Aufwärtstrendkanals. Insofern sind die Konsolidierung und Stabilisierung keine Überraschung.

Aktuell müsste der Palladiumpreis um 14,7% zulegen, um seine schnell fallende 200-Tagelinie (1.30 Euro) zu erreichen. Die leicht überkaufte Stochastik und das obere Bollinger Band (1.175 Euro) mahnen kurzfristig noch zu Geduld. Wir setzen ein Kauflimit bei 1.160 Euro.

Konklusion Palladium – Überschaubares Restrisiko

Der Palladiumpreis ist in den letzten eineinhalb Jahren hart abgestraft worden. Angesichts des vermutlich überschaubaren Restrisikos auf der Unterseite (sehr starke Unterstützung um 1.150 US-Dollar) sowie der Bodenbildung seit Anfang Juli sieht Palladium nun nach einer interessanten antizyklischen Kaufchance aus. Dabei sollte man allerdings nicht zu kleinlich mit dem Kaufpreislimit sein. In den kommenden zwei Jahren könnte eine Erholung problemlos Kurse im Bereich zwischen 1.700 US-Dollar und 2.000 US-Dollar mit sich bringen.

 

Autor: Florian Grummes
Technischer Analyst
www.midastouch-consulting.com

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