1. Rückblick
Seit dem neuen Allzeithoch, welches der Spot-Goldpreis am 7.August bei 2.075 USD erreichte, befindet sich der Edelmetallsektor in einer gesunden und erwarteten Korrektur. Nach einem ersten scharfen Abverkauf bis auf 1.863 USD folgte im August zunächst eine starke Gegenbewegung bis auf 2.015 USD sowie bis Mitte September eine sich verengende und seitwärtsverlaufende Konsolidierung zwischen 1.900 und 1.980 USD. Diese Entwicklung wiegte offensichtlich viele unerfahrene Goldanleger in Sicherheit, obwohl der Goldpreis ab Mitte August zu keinem Zeitpunkt mehr nachhaltig bullische Signale senden konnte.
Mit dem Rutsch unter 1.930 USD am 21.September bestätigte Gold vielmehr die Korrektur und fiel in wenigen Handelstagen direkt bis auf 1.850 USD weiter zurück. Mit einem Doppelboden um 1.850 USD kamen die Bullen hier allerdings erneut zurück. Mit großen Mühen und mit einem weiteren Umweg über 1.860 USD konnten sie letztlich aber insgesamt doch sechs Wochen lang die Goldnotierungen erfolgreich bis auf 1.965 USD wieder nach oben treiben.
Hier endeten am Montag, den 9.November jedoch abrupt alle bullischen Avancen, denn der Spot-Goldpreis wurde brutal in gerade einmal fünf Stunden um 110 USD bis auf 1.850 USD in die Tiefe gestoßen. Die Nachricht über einen Corona-Impfstoff wurde als Grund für diesen wasserfallartigen Kursrutsch herangezogen. Allerdings war die technische Lage nach der starken Rally von 1.860 bis 1.965 USD innerhalb von zwölf Tagen klar überkauft und der Goldpreis hatte bei 1.962 USD einen wichtigen Widerstand erreicht.
Trotzdem wirft der Crash am Goldmarkt schon einige Fragezeichen auf. Innerhalb von nur fünf Stunden wurden am Terminmarkt fast 260.000 Kontrakte gehandelt. Dies entspricht in etwa der zweieinhalbfachen Jahresproduktion der beiden größten Goldproduzenten Barrick Gold und Newmont Gold zusammen. Im Zweifelsfall haben die professionellen Papier-Jongleure hier am Montag nachgeholfen und so den Kaskadeneffekt an Stopp-Losses und Margin-Calls in Gang gesetzt.
Mittlerweile hat der Goldpreis bereits eine erste aber nur vorübergehende Erholungsbewegung bis auf 1.890 USD zustande gebracht. Die Bullen kommen aber nicht mehr so recht auf die Beine. Aktuell handelt der Goldpreis um 1.866 USD und bemüht sich weiter um eine Stabilisierung und Gegenbewegung. Die Unterstützung der letzten drei Monate zwischen 1.850 USD bis 1.860 USD wackelt jedoch zunehmend.
2. Chartanalyse Gold in US-Dollar
Quelle: Tradingview
Im großen Bild fügt sich die seit drei Monaten laufende Korrektur bisher gut in das Muster der relativ milden, aber zähen Korrekturbewegungen ein. Ähnlich wie im Herbst 2019 als auch im Frühjahr 2019 kommt es aktuell zu einer Streckfolter, die bislang mehr über die Zeit als über den Preis gespielt wird. Mit dem schwachen Kursverlauf in dieser Handelswoche hat sich die Gefahr eines weiteren Preisrutsches jedoch verschärft.
Das logische Preisziel der laufenden Korrektur wäre die Oberkante des dunkelgrünen Aufwärtstrendkanals im Bereich um ca. 1.800 USD. Dieser Aufwärtstrendkanal existiert seit dem Herbst 2018 und bestimmte mehr als eineinhalb Jahre das Geschehen am Goldmarkt. Erst im Juni gelang den Bullen im Zuge der finalen Übertreibung der nachhaltige Ausbruch und die dann folgende Rally bis 2.075 USD. Jetzt kommen die Gold-Notierungen langsam, aber sicher zurück und könnten die Oberkante des Aufwärtstrendkanals auf Unterstützung testen.
Erfreulich ist auf dem Wochenchart hingegen vor allem die Tatsache, dass der Stochastik Oszillator kurz vor dem Erreichen seiner überverkauften Zone steht. Damit sind in den kommenden drei bis sechs Wochen nicht nur ein Boden sowie die Trendwende nach oben absehbar. Vielmehr bietet der Wochenchart jetzt endlich wieder ein solides Fundament für eine mehrwöchige bzw. mehr monatige Rally.
Insgesamt ist der Wochenchart noch bärisch. Die Trendwende wird aber absehbar und sollte bis ungefähr Mitte Dezember erfolgen. Entweder können sich die Bullen über diese Zeit hin mit einer Fortsetzung der Seitwärtsbewegung retten und damit neue Tiefs vermeiden. Alternativ können die Bären den Goldpreis doch noch eine Etage tiefer in Richtung 1.800 USD drücken. Damit würde sich dann aber endlich wieder ein wirklich gute Kaufchance bieten.
Quelle: Tradingview
Der Tageschart ist nach dem Fiasko zum Wochenbeginn schon wieder überverkauft. Gleichzeitig haben die Bullen offensichtlich Mühe, die Notierungen wieder gen Norden zu bewegen. Damit notiert der Goldpreis nun gefährlich nahe der entscheidenden Unterstützungszone zwischen 1.850 und 1.860 USD. Dreimal konnten die Bullen in den letzten drei Monaten die Angriffe der Bären in dieser Zone abwehren und jeweils eine deutliche Gegenbewegung erzwingen. Ob dies auch ein viertes Mal gelingen wird, ist fraglich. Eigentlich sollte der überverkaufte Tageschart zusammen mit dem überverkauften 4h-Chart zumindest zu einer Erholung in Richtung 1.910 USD führen. Je länger es dazu jetzt aber nicht kommt, umso mehr steigt die Gefahr eines direkten Kursrutschs nach unten an.
Auf der Unterseite wäre in diesem Fall mit Kursen im Bereich um 1.800 USD zu rechnen. Gleichzeitig steigt die 200-Tagelinie (1.784 USD) täglich weiter an und dürfte in ca. zwei Wochen diese runde Marke überschritten haben. Zusammen mit der Oberkante des alten Aufwärtstrendkanals, der 200-Tagelinie und der überverkauften Stochastik auf dem Wochenchart können wir um 1.800 USD von einem Bollwerk der Bullen ausgehen. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Marke von 1.800 USD in den Jahren 2012 und 2013 massiver Widerstand gewesen ist und jetzt im ganz großen Bild als massive Unterstützung fungieren sollte.
Zusammengefasst droht dem Goldpreis also noch immer der finale Abverkauf in Richtung 1.800 USD. Kurzfristig stehen die Chancen aber nicht schlecht, dass den Bullen zuvor noch ein letztes Mal der Umweg über eine Erholung und damit Kurse oberhalb von 1.900 USD gelingen werden. Im Anschluss oder eben direkt hat der finale Kursrutsch in Richtung 1.800 USD eine deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit.
Kurse um 1.800 USD würden dann allerdings eine sehr gute Einstiegschance liefern. Kurse unterhalb von 1.800 USD sind im kurzfristigen Tagesgefecht durchaus möglich. Auf Tages- und insbesondere Wochenschlusskursbasis sollte die Marke aber halten und als massive Unterstützung fungieren.
3. Terminmarktstruktur Gold
Quelle: CoT Price Charts
In der Woche vor den US-Wahlen ist die Anzahl der offenen Kontrakte (= Open Interest) am Gold-Terminmarkt um knapp 16.000 Kontrakte gefallen. Ansonsten hat sich an der Ausgangslage der letzten Monate wenig geändert, denn die kommerziellen Händler halten weiterhin eine extrem hohe Shortposition. Diese beträgt kumuliert derzeit 289.338 leerverkaufte Kontrakte.
Quelle: Sentimenttrader
Insgesamt und nur für sich betrachtet liefert der CoT-Report wie schon seit über einem Jahr nach wie vor ein klares Verkaufssignal und signalisiert weiterhin großen Korrekturbedarf.
4. Sentiment Gold
Quelle: Sentimenttrader
Im Anschluss an die große Euphorie in diesem Sommer hat sich die Stimmung in den letzten drei Monaten schrittweise am Goldmarkt etwas beruhigt bzw. neutralisiert. Von einer Aufgabe- oder Panikstimmung ist aber weit und breit noch nichts zu sehen. Diese wäre jedoch für eine nachhaltige Trendwende wichtig und vermutlich auch notwendig.
Insofern mahnt auch die Sentiment-Analyse weiterhin zur Geduld. Sollte der Goldpreis noch eine Etage tiefer in Richtung 1.800 USD oder tiefer zurücksetzen, dürften Angst und Panik in den Goldmarkt zurückkehren. Dann allerdings ist die Trendwende und der Beginn einer neuen Aufwärtswelle nicht mehr fern.
5. Saisonalität Gold
Quelle: Seasonax
Der Goldpreis verhält sich in diesem Jahr ziemlich exakt an das statistische Muster der letzten 10 Jahre. Demnach dürfte die seit August laufende Abwärtsphase erst Mitte Dezember den finalen Tiefpunkt finden. Die dann folgende Trendwende müsste für ein starkes 1.Quartal 2021 sorgen.
Insgesamt mahnt auch die Saisonalität weiterhin zur Geduld. Statistisch betrachtet sollte die Korrektur in ca. fünf Wochen ausgestanden sein.
Makro-Update und Fazit
Weltweit haben Zentralbanken und Regierungen in den letzten Monaten die Währungskreation in noch nie gesehenen Größenordnungen betrieben. Im Vergleich dazu nehmen sich die Geldmengenausweitung im Zuge der Finanzkrise 2008 geradezu winzig aus. Schon seit 1971 ist die gesamte Weltwirtschaft schrittweise in Abhängigkeit von den ständigen Ausweitungen der Geldmengen geraten. Seit 2008 und den dann folgenden zahlreichen Rettungsprogrammen hat sich dieser Trend immer weiter beschleunigt. Mittlerweile geht es an den Finanzmärkten nur noch um die nächste Liquiditätsspritze. Die Entwicklung in der Realwirtschaft hingegen spielt keine Rolle mehr und wird bewusst verschleiert bzw. geschönt.
©Incrementum, In Gold We Trust 2020
So hat es seit der Gründung der FED im Jahre 1913 zunächst 80 Jahre gedauert, bis die Geldmenge M1 auf eine Billion US-Dollar angestiegen war. Die nächste Verdopplung auf zwei Billionen US-Dollar hat bereits nur noch 19 Jahre benötigt. Für den Anstieg von zwei auf drei Billionen US-Dollar waren nur noch 4 Jahre notwendig. Etwas länger dauerte der Anstieg von drei auf vier Billionen US-Dollar. Die Ausweitung auf die nächste Billion (5 Billionen US-Dollar) hingegen hat in diesem Jahr schon nur noch vier Monate benötigt! Ab jetzt übernimmt die Exponentialfunktion. Es gibt kein Zurück mehr.
© Holger Zschaepitz @Schuldensuehner, 10. November 2020
Da lassen sich die EZB und Madame Lagarde natürlich nicht lumpen und drücken ebenso weiter aufs Gas. Zuletzt stiegen die Gesamtaktiva der EZB um weitere 21,1 Milliarden Euro auf 6.796,9 Milliarden Euro. Dies entspricht 67,3% des BIP der Eurozone. Die EZB hat den Rhythmus der wöchentlichen Währungskreation zuletzt leicht auf ca. 15 bis 35 Mrd. EUR pro Woche ausgeweitet.
© Daily Shot, 19.Oktober 2020
Dank dieser weltweiten Konfetti-Party stehen mittlerweile Anleihen im Wert von über 17 Billion US-Dollar aus, welche negative Renditen abwerfen. Abzüglich der Inflationsrate ist die Real-Verzinsung sogar noch negativer. Demgegenüber steht der Goldmarkt, welcher insgesamt auf ungefähr 12 Billion US-Dollar kommt. Man muss kein Prophet sein, wenn man in diesem Umfeld dem Gold die wesentlich besseren Aussichten zuschreibt. Schließlich sind negative Zinsen, Bonitätsrückstufungen oder Ausweitungen der Risikoprämie dem Gold fremd. Gold kann nicht pleite gehen. Staatsanleihen hingegen können den Investor dank der Währungsentwertung um die gesamte Kaufkraft bringen.
Auch wenn der Goldpreis seit nunmehr drei Monaten in einer tückischen Korrekturphase steckt, hat sich an der fundamentalen Ausgangslage im großen Bild also überhaupt gar nichts geändert! Das derzeitige Finanzsystem, basierend auf ungedeckten „Papier-Währungen“ wie dem Euro oder dem US-Dollar, befindet sich im Endspiel. Aus diesem Spiel gibt es kein Entrinnen mehr. Gold wird am Ende einer der Hauptprofiteure sein, denn man kann Gold nicht aus dem Nichts per Mausklick erzeugen. Wie so oft in der Geschichte der Menschheit wird der Versuch eines ungedeckten Papiergeldsystems scheitern. Wenn die Mächtigen dieser Welt nicht vorher undemokratisch einschreiten, wird das Ganze in einer Hyperinflation enden. Andernfalls wird es zu einem Reset und einer Umstellung auf digitale Staatswährungen kommen („IMF – The Great Reset“). Mit physischem Gold und Silber ist man auf beide Szenarien gut vorbereitet.
Kurzfristig wird es in den nächsten Wochen am Goldmarkt nur darum gehen, wie tief der Goldpreis tatsächlich noch fallen kann, bevor die Trendwende dann die nächste Aufwärtswelle mit Kurszielen oberhalb von 2.500 USD einläuten wird. Dabei sollte es innerhalb des laufenden Crack-Up-Booms eigentlich nur noch zu relativ überschaubaren bzw. milden Rücksetzern kommen. Bislang hat der Goldpreis von seinem neuen Allzeithoch gerade einmal 225 USD korrigiert. Angesichts der vorausgegangenen „900 USD – Rally“ in den letzten zwei Jahren ist das eine extrem starke Leistung. Trotzdem wäre ein letzter Rücksetzer in Richtung 1.800 USD und der steigenden 200-Tagelinie typisch und würde noch rechtzeitig vor dem nächsten Anstieg die schwachen Hände abschütteln. Alternativ beißen sich die Bären in den kommenden Wochen im Bereich um 1.850 USD die Zähne aus und sorgen damit zumindest für Verunsicherung und eine Verlängerung der Korrektur bis in den Dezember hinein.
Florian Grummes
Edelmetall- und Krypto-Experte
www.midastouch-consulting.com
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Autor: www.celticgold.eu