In unserem letzten Gold-Chartbuch vom 19. März 2021 gingen wir davon aus, dass der Goldpreis seine typische Frühjahrskorrektur wahrscheinlich begonnen hat. Gleichzeitig gingen wir davon aus, dass die erste Abwärtsbewegung von 2.070 USD auf 1.895 USD ihren Lauf genommen haben könnte und ein starker Anstieg auf ca. 1.960 USD und vielleicht sogar auf über 2.000 USD folgen sollte. Bislang schaffte es der Goldpreis am vergangenen Freitag bis auf 1.965 US-Dollar, hat seitdem aber wieder kräftig abverkauft.
Mit einer großen Handelsspanne zwischen 1.930 USD und 1.890 USD war am Dienstag ein weiterer denkwürdiger Handelstag am Goldmarkt zu beobachten. Schon der Start in diese Handelswoche hatte einen faden Beigeschmack, als der Goldpreis am Montag ohne große Gegenwehr bis auf 1.917 USD durchgereicht wurde.
Erster Notiztag der COMEX April-Futures am Donnerstag
Die Hintergrundgeschichte könnte wieder einmal eine giftige Mischung aus institutionellem Window-Dressing gegen Ende des Quartals in Verbindung mit dem Verfallstag der COMEX-April-Goldoptionen sowie dem Verfall der April-Future-Kontrakte sein. Als Nächstes steht am Donnerstag, dem 31. März, der erste Ankündigungstag der COMEX-April-Futures an. Wer zum Handelsschluss des 30.März eine Long-Position im Gold April Futures-Kontrakt hält, muss genügend Kapital auf seinem Handelskonto halten, um den vollen Preis eines Kontraktes bezahlen zu können und daher eine physische Auslieferung zu beabsichtigen.
Die großen Jungs und die Bullionbanken spielen dieses Spiel schon seit Jahrzehnten sehr erfolgreich. Ihr Ziel ist es, die Inhaber von Long-Goldkontrakten von der physischen Lieferung abzuhalten und die Privatanleger mit diesen verrückten und volatilen Bewegungen vom Goldkauf abzuschrecken. Darüber hinaus rechtfertigt die derzeitige makroökonomische Lage weitere Angriffe auf Gold, da das Petrodollar-System aufgrund der Sanktionen gegen Russland und des Ausschlusses Russlands aus dem Swift-System stark unter Druck steht.
Russland wird nur noch Rubel, Öl und Bitcoin für sein Gas und Öl akzeptieren. Ein Schritt, den zwielichtige Diktatoren in der Vergangenheit mit ihrer Macht und ihrem Leben bezahlt haben. Doch Russland ist ein anderes Kaliber, und wir können nur hoffen, dass sich die Kriegstreiber in Ost und West schnell beruhigen werden. Realistischerweise müssen wir aber eher vom Schlimmsten ausgehen!
Kurzfristig könnte Gold unter Druck bleiben, auch wenn die V-Erholung am Dienstag vielversprechend aussieht. Am Donnerstag, dem ersten Ankündigungstag und danach könnte Gold dann wieder mehr oder weniger frei gehandelt werden.
Gold in USD, Wochenchart vom 30. März 2022
Im Wochenchart diktiert die große Umkehrkerze noch immer das Bild. Aufgrund dessen müssen wir davon ausgehen, dass Gold zumindest irgendwann die Dreiecksausbruchszone um 1.820 bis 1.850 US-Dollar testen wird müssen. Dies könnte jedoch Monate dauern.
In den letzten zwei Wochen bewegte sich der Goldpreis sehr volatil seitwärts zwischen 1.890 und 1.965 US-Dollar. Die langen Dochte deuteten darauf hin, dass Preise zwischen 1.890 und 1.915 US-Dollar die Käufer wieder zum Einstieg bewegen könnten. Natürlich muss diese Unterstützung halten. Andernfalls werden weitere Abwärtsbewegungen ausgelöst.
Da der Stochastik-Oszillator auf ein Verkaufssignal hinweist, bleibt Gold mittelfristig anfällig. Es wird noch viel Zeit vergehen, bis der Oszillator seinen überverkauften Bereich erreicht haben wird, um dann wieder ein antizyklisches Kaufsignal zu geben.
Insgesamt ist der Wochen-Chart rückläufig und mahnt weiterhin zu Vorsicht und Geduld.
Gold in USD, Tages-Chart vom 30. März 2022
Auf dem Tages-Chart ist der Stochastik-Oszillator ist leicht überverkauft und damit grundsätzlich in einer vielversprechenden Position für eine weitere Erholungsrallye. Eine erneute Erholung auf das Hoch vom letzten Freitag bei 1.965 USD scheint also möglich. Und selbst eine weitere Erholung in Richtung 2.000 USD wäre immer noch im Bereich des Möglichen.
Insgesamt ist der Tages-Chart wieder leicht überverkauft und Gold könnte bald einen weiteren Aufschwung starten.
Schlussfolgerung: Die großen Jungs spielen Yoyo
Angesichts einer sich auf zweistellige Werte zubewegenden Inflation, einer weltweit gefährdeten Energie- und Nahrungsmittelversorgung und eines Krieges in der Ukraine, dessen Ende leider nicht absehbar ist, ist jeder gut beraten, einen Teil seines Vermögens im sicheren Hafen der physischen Edelmetalle zu parken. Während die Fundamentaldaten für Gold besser denn je sind, war die Preisentwicklung in den letzten Wochen eine nervenaufreibende Achterbahnfahrt. Es scheint, dass dies die einzige Möglichkeit ist, einen Mainstream-Run in die Edelmetalle zu verhindern.
Da jedoch viele Zentralbanken (vor allem im Nahen Osten) dringend aus ihren in USD nominierten Vermögenswerten diversifizieren müssen und die Russen jetzt Öl gegen Gold tauschen, dürfte der Goldpreis vorerst gut unterstützt bleiben. Gleichzeitig lauert im Hintergrund ständig eine Deflationsspirale. Erst vor zwei Tagen haben die G7-Staaten die russische Forderung nach einer Bezahlung von Gas und Öl in Rubel abgelehnt. Doch die deutsche Industrie braucht das russische Erdgas dringend für ihre Anlagen.
Ein Experte der BASF warnte vor den dramatischen Folgen eines sofortigen Importstopps für den Chemieriesen. Ein Produktionsstopp aufgrund von Energieengpässen wäre katastrophal und natürlich sehr deflationär.
Außerdem müssen die Notenbanker in den USA und der EU sowie in China und vielen anderen Ländern die Geldmenge ohnehin weiter ausweiten, sonst würden die liquiditätsabhängigen Märkte und damit alle Vermögenspreise schwere Entzugserscheinungen erleiden und ebenfalls stark nach unten gezogen werden.
Doch während technisch fast alles für einen anhaltenden Ausbruch über das mehrjährige Cup & Handle-Muster im Goldmarkt spricht, könnte eine solche Deflationswelle auch Gold treffen. In der Tat ist Gold ein Meister darin, solche Umwälzungen zu antizipieren.
Ein weiterer Aufschwung ist wahrscheinlich
Im Moment gehen wir davon aus, dass der Goldpreis seine Unterstützung zwischen 1.880 USD und 1.915 USD halten wird können und in den nächsten Tagen eine weitere Erholung einleiten dürfte. Diese Erholung könnte die Preise wieder in Richtung der bekannten Widerstandszone um 1.960 USD führen. Wir sehen auch immer noch eine gewisse (wenn auch schrumpfende) Chance für eine größere Erholung in Richtung 2.000 USD und leicht darüber.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich der Goldpreis bald wieder in Richtung 1.960 USD erholen sollte. Ein Wochenschluss unter 1.900 USD hingegen würde das Bild jedoch deutlich eintrüben, und die Bären würden wahrscheinlich einen Gang höher schalten. Auf der Oberseite benötigen die Bullen einen überzeugenden Schlusskurs oberhalb von 2.030 USD, um wieder die Kontrolle über alle wichtigen Zeitrahmen zu erlangen.
© Florian Grummes
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