Stand: 08.07.2022 von Florian Grummes
Bedingt durch die steigende Zinsen und dem Ende des „Quantitative Easing“ in den USA, blieb in den letzten Wochen kein Stein auf dem anderen und alle Marktsektoren gerieten immer stärker unter Druck. Insbesondere die Aktienmärkte kollabierten. Zuletzt brachen die Öl- und Rohstoffpreise ein. Einzig und allein der US-Dollar konnte zulegen.
Gold in US-Dollar, 4-Stundenchart vom 8.Juli 2022. ©Gold.de
Auch die Edelmetalle wurden in dieser Panik hart abgestraft. Nachdem sich der Goldpreis ab Mitte Mai ausgehend von seinem Tief bei 1.787 US-Dollar zunächst schwungvoll erholen konnte, liefen sich die Notierungen dann jedoch immer wieder an der Widerstandszone zwischen 1.860 und 1.875 US-Dollar fest.
Mit dem Unterschreiten einer längerfristigen Aufwärtstrendlinie trübte sich das Bild weiter ein.
Am Dienstag der laufenden Handelswoche schließlich warfen die Bullen das Handtuch und Gold krachte endgültig unter die runde Marke von 1.800 US-Dollar. Der weltweite Vertrauens-Schock sorgte für eine Flucht in die Liquidität und lässt zusammen mit Margin-Calls und Rezessionsängsten momentan alles kollabieren.
Auch wenn es auf den ersten Blick schwer fallen mag, die Schwäche der eigentlich als sicherer Hafen geltenden Edelmetalle angesichts der weltweiten Panik zu verstehen, so ist dieses Verhalten seit der Finanzkrise 2008 bekannt.
Auch damals wurde im Deflations-Crash zunächst alles gnadenlos abverkauft.
Der Goldpreis fiel innerhalb von nur drei Monaten von 990 US-Dollar bis auf 680 US-Dollar. Silber crashte von 19,50 US-Dollar bis auf 8,50 US-Dollar! Dennoch waren die Edelmetalle im November 2008 die ersten, die einen Boden fanden. In den folgenden zweieinhalb Jahren stiegen der Goldpreis dann um 182% und der Silberpreis sogar um 487% spektakulär an!
Ein ähnliches Szenario ist auch dieses Mal zu erwarten.
Unklar ist aber natürlich noch, wann der finale Boden gefunden sein wird. Hierzu wird es ein Umschwenken in der Geldpolitik benötigen. Bislang macht die FED in den USA noch keine Anstalten einer Einsicht, dass sie mit ihrem Verhalten momentan nicht nur die Finanzmärkte, sondern im Grunde genommen die gesamte Weltwirtschaft an den Abgrund manövriert hat.
Spätestens wenn es jedoch im Herbst zu Massenentlassungen kommen wird und die “midterm elections” im November in den USA anstehen, wird diese Einsicht kommen.
Eine Rezession ist bereits bestätigt, die Gefahr einer weltweiten Depression ist hoch und die Aktienmärkte stecken bereits seit dem November 2021 in einem Bärenmarkt. Der Herbst könnte also noch ungemütlich werden und nach einer Sommerrally dann auch die Edelmetalle nochmals eine Etage tiefer senden.
Goldpreis Tageschart in US-Dollar – Deutlich überverkauft
Gold in US-Dollar, Tageschart vom 8.Juli 2022. ©Gold.de
Seit dem 8.März und dem damaligen Hoch bei 2.070 US-Dollar steckt der Goldpreis ohne Zweifel erneut in einer Korrektur. Im Anschluss an die erste harte Abverkaufswelle bis auf 1.890 US-Dollar, brachte die Gegenbewegung noch ein tieferes Hoch nur knapp unterhalb der psychologischen Marke von 2.000 US-Dollar zustande.
Die nächste Korrektur-Welle führte den Goldpreis dann jedoch bereits bis auf ein Tief bei 1.787 US-Dollar. Die folgende Gegenbewegung fiel mit 1.879 US-Dollar nur noch schwach und im Minimal-Rahmen aus. Damit war der Goldpreis angeschlagen bzw. angeschossen genug, um einen wasserfallartigen Ausverkauf lostreten zu können.
Genau das ereignete sich nun in der laufenden Handelswoche, denn der Goldpreis stürzte in wenigen Tagen ausgehend von 1.814 US-Dollar bis auf 1.732 US-Dollar schnell und fast vertikal in die Tiefe. Damit ist der mehrwöchige Versuch einer Konsolidierung um die 200-Tagelinie (1.846 US-Dollar) gescheitert und der Goldmarkt wird aktuell mittels einer üblen „Blutbad-Phase“ komplett bereinigt.
Auch wenn das kurzfristig schmerzlich und für viele auch enttäuschend ist, wird genau mit so einer brachialen Bereinigung mittel- bis langfristig das Fundament für neue Höchststände gelegt
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Gold Optix vom 7.Juli 2022. ©Gold.de, Sentimentrader
Der Blick auf die Sentiment-Daten bestätigt diese These, denn die Stimmung am Goldmarkt ist auf den tiefsten Stand seit dem November 2018 zurückgefallen. Damit nähert sich die Sentiment-Analyse in schnellen Schritten einer antizyklischen Kaufchance. Das Ende einer „Blutbad-Phase“ geht oft mit völlig absurden Ausverkäufen und nicht für möglich gehaltenen Tiefstkursen einher.
Die anschließende Bodenbildung könnte sich dann auch noch mal ein paar Wochen hinziehen, sofern es nicht direkt zu einer V-förmigen Erholung kommt. Das Setup für die typische Sommerrally ab Anfang/Mitte August gewinnt jedoch zunehmend an Form.
Insgesamt stehen dem Goldmarkt kurzfristig zumindest noch einige schwierige Tage ins Haus. Zwischen 1.730 bis 1.750 US-Dollar gibt es zwar eine gewisse Unterstützung, angesichts der Schärfe des Ausverkaufs muss aber ein Rückfall bis zu dem Triple-Boden aus dem letzten Jahr um 1.678 bis 1.700 US-Dollar mit eingeplant werden.
Ausgehend von dieser Marke stehen die Chancen für eine größere Erholung bzw. eine Sommerrally gut. Dabei wäre dann zumindest ein Anstieg zurück bis in die Nähe der flach verlaufenden 200-Tagelinie (1.846 US-Dollar) wahrscheinlich.
Neues Kauflimit bei 1.675 Euro
Unser vor vier Wochen genanntes Kauflimit unterhalb von 1.720 Euro wurde am 1.Juli erreicht. Sowohl am Mittwoch als auch Donnerstag der laufenden Handelswoche konnte man dieses Kauflimit ebenfalls für einen günstigen Einstieg nutzen. Da die „Blutbad-Phase“ noch nicht ausgestanden zu sein scheint, setzen wir mit 1.675 Euro ein weiteres Kauflimit knapp über der schnell steigenden 200-Tagelinie (1.668 Euro)
Autor: Florian Grummes
Technischer Analyst
www.midastouch-consulting.com