1. Rückblick
Der Bitcoin eröffnete das Jahr 2021 mit Kursen um 29.000 USD und stieg im Jahresverlauf in der Spitze um 138% auf ein neues Allzeithoch bei 69.000 USD. Die meiste Zeit über handelte der Bitcoin aber zwischen 30.000 USD und 60.000 USD. Kurse oberhalb von 60.000 USD wurden erstmals an wenigen Handelstagen im Frühjahr gesehen. Im Oktober und November hingegen waren es dann trotz kurzer Unterbrechungen immerhin schon fast vier Wochen, an denen sich die fünfstelligen Kurse mit einer 6 schmücken konnten.
In den letzten zwei Monaten übernahmen dann allerdings die Bären das Preisgeschehen und der Bitcoin-Kurs handelt aktuell mit nur noch 41.500 USD leicht unterhalb der Mitte dieser großen Handelsspanne. Die leicht steigende 200-Tagelinie (48.140 USD) konnte die Bären in den letzten vier Wochen nur vorübergehend aufhalten, denn seit dem Jahresauftakt ging es für die Bitcoin-Notierungen eine deutliche Etage tiefer. Trotz der heftigen Korrektur kann man durchaus behaupten, dass sich die Marktteilnehmer ungeachtet des wilden Hin und Hers in 2021 an Bitcoin Kurse um 50.000 USD gewöhnt haben!
Wir hatten in diesem durch Handelsjahr im Rückblick meist ein gutes Händchen bei der Analyse. Dabei konnten wir sowohl die neuen Allzeithochs als auch die „Altcoin-Season“ im Frühling richtig prognostizieren. Ebenso hatten wir absolut pünktlich am Top im Mai rechtzeitig vor einer scharfen Korrektur gewarnt und wurden im Juni und Juli zu den Tiefstkursen um und unterhalb von 30.000 USD wieder antizyklisch bullisch. Die anschließende Erholung bis auf 52.000 USD hatten wir ebenfalls recht gut antizipiert.
Dass der Bitcoin dann aber Ende September ausgehend von dem erwarteten Rücksetzer bereits um 39.500 USD so schnell drehte und hart innerhalb von nur sechs Wochen um 73,8% auf ein neues Allzeithoch bei 69.000 USD (Bitstamp) schießen würde, hat uns dann doch ziemlich überrascht. Obwohl das Platzen der chinesischen Immobilien-Blase die Märkte bis heute belastet, haben wir gerade noch rechtzeitig in der ersten Oktoberwoche um 48.000 USD auf das „dem Markt zuhören“ besonnen und das Segel herumgerissen.
Allerdings wurden wir dann im November erneut auf dem falschen Fuß erwischt, als die Bitcoin-Rally doch etwas abrupt bei 69.000 USD stoppte und die Bitcoin-Kurse seitdem um fast 40% abrutschten.
Mit Kursen um 47.500 USD war 2021 insgesamt ein sehr erfolgreiches Jahr für den Bitcoin. Das neue Jahr hingegen beginnt mit einem Blutbad und hohen Panikwerten. Die Zahl der Zweifler ist dramatisch in die Höhe geschnellt und das Ende des Krypto-Bullenmarktes wird an jeder Ecke ausgerufen.
2. Chartanalyse Bitcoin in US-Dollar
Bitcoin in USD, Wochenchart vom 7.Januar 2022. Quelle: Tradingview
Ausgehend von einem neuen Allzeithoch bei 69.000 USD setzen die Bitcoin-Notierungen seit dem 10.November deutlich zurück. Das Tief wurde heute bei 40.938 USD gesehen. Bereits am 4.Dezember waren die Bitcoin-Notierungen in einem Flashcrash bis auf 41.967 USD zurückgefallen. Bislang hält sich die Korrektur mit einem Minus von 40,6% noch im normalen Rahmen eines Krypto-Bullenmarktes. Trotzdem ist der technische Schaden nicht unerheblich, so dass die Möglichkeit eines übergeordneten Trendwechsels durchaus vorhanden wäre.
Gleichzeitig hat der Rücksetzer die Wochen-Stochastik allerdings bis an die überverkaufte Zone geführt und somit die heiß gelaufene Lage vom November vollständig bereinigt. Zusammen mit der Unterstützungszone zwischen 40.000 und 42.000 USD sowie dem unteren Wochen-Bollinger Band (38.963 USD) sollte sich das verbliebene Abwärtspotenzial als sehr überschaubar herausstellen.
Zusammengefasst befindet sich der Wochenchart in einem Abwärtstrend. Gleichzeitig haben die Bitcoin-Notierungen eine sehr solide Unterstützungszone erreicht. Die Wahrscheinlichkeit einer Erholung überwiegt daher auf Sicht der kommenden Wochen eindeutig.
Bitcoin in USD, Tageschart vom 7.Januar 2022. Quelle: Tradingview
Der Tageschart ist stark überverkauft, während die Kursbewegung der letzten drei Wochen in einen bullischen Keil lief. Damit sollte die Korrektur kurz vor dem Abschluss stehen. Evtl. reizen die Bären das Unterstützungsband zwischen 40.000 und 42.000 USD noch etwas deutlicher aus. Auch kann der Bitcoin locker ein paar Tage oder länger benötigen, um die Trendwende einzuleiten.
Eine Reaktion bzw. eine Gegenbewegung wird als Antwort auf die deutlichen Verluste aber immer absehbarer. Das erste Ziel wäre dabei die 200-Tagelinie (48.150 USD). Darüber hinaus wären das 38,2%-Retracement bei 51.658 USD sowie das 61,8%-Retracement bei 58.280 USD die nächsten logischen Ziele.
Zusammengefasst ist der Tageschart kurzfristig noch bärisch. Aufgrund der überverkauften Lage sollte nun aber schon in Kürze eine scharfe Erholung starten.
3. Sentiment Bitcoin
Crypto Fear & Greed Index vom 7.Januar 2022. Quelle: Crypto Fear & Greed Index
Aufgrund des jüngsten Preisrutsches ist die Stimmung unter den Krypto-Anlegern endgültig im Keller angekommen. So meldet der Crypto Fear & Greed Index aktuell deutlich erhöhte Angstzustände. Zwar lassen sich damit noch keine exakten Tiefpunkte bestimmen, dennoch kann man davon ausgehen, dass der Krypto- Krypto in diesen Tagen ein wichtiges Tief auslotet, und dass eine Trendwende bzw. Erholung immer wahrscheinlicher wird bzw. kurz bevorsteht.
Crypto Fear & Greed Index langfristig vom 7.Januar 2022. Quelle: Sentimentrader
Der langfristige Vergleich zeigt eindeutig den extrem hohen Pessimismus.
Crypto Optix vom 7.Januar 2022. Quelle: Sentimentrader
Auch der Crypto Optix von Sentimentrader meldet eine antizyklisch vielversprechende Ausgangslage, da die Bereinigung im Krypto-Sektor kurzfristig bereits weit fortgeschritten ist.
Insgesamt liefert die Sentiment-Analyse ein klares Kaufsignal! Der Kursrutsch der letzten Tage kann in diesem Zusammenhang als finaler Ausverlauf und Kapitulation bezeichnet werden. Im nächsten Schritt sollte das Stimmungs-Pendel wieder in die andere Richtung ausschlagen.
4. Bitcoin gegen Gold
Bitcoin/Gold-Ratio vom 7.Januar 2022. Quelle: Tradingview
Bei Kursen von derzeit ca. 42.200 USD für einen Bitcoin und 1.790 USD für eine Feinunze Gold liegt das Bitcoin/Gold-Ratio aktuell bei 23,6. D.h. man muss für einen Bitcoin derzeit fast 24 Unzen Gold bezahlen. Andersherum gesagt kostet eine Feinunze Gold aktuell ca. 0,042 Bitcoin.
Damit hat der Bitcoin seit seinem letzten Top am 10.November um fast 39% gegen Gold verloren. Ausschlaggebend war dabei einzig und allein die Korrektur beim Bitcoin, denn Gold hat sich mit 1.790 USD praktisch nicht bewegt. Auch wenn kurzfristig die Korrektur (noch) intakt ist, bleibt es übergeordnet beim etablierten Aufwärtstrend des Bitcoins gegen das Gold. Weiterhin läuft das Ratio potenziell in ein aufsteigendes Dreieck hinein, dessen Auflösung nach oben wohl nur eine Frage der Zeit sein dürfte. Falls es dazu kommt, könnte der Bitcoin problemlos auf 80 bis 95 Unzen Gold steigen.
Grundsätzlich sollte man sowohl in Edelmetallen als auch in Bitcoins investiert sein. D.h. mindestens 10% und besser 25% seines Gesamtvermögens sollte man in physische Edelmetalle anlegen, während man in Kryptos und vor allem im Bitcoin zunächst wenigstens 1% bis 5% halten sollte. Wer mit den Kryptowährungen und Bitcoin genügend Erfahrung gesammelt hat und das Potenzial erkannt hat, kann individuell sicherlich auch wesentlich höhere Prozentzahlen in Bitcoin allokieren. Für den normalen Anleger, der natürlich vor allem in Aktien und Immobilien investiert ist, sind maximal 5% im immer noch spekulativen und vor allem hochvolatilen Bitcoin aber ein erster Richtwert.
Aufgrund der stark überverkauften Lage sollte sich der Bitcoin schon bald wieder deutlich gegen das Gold verteuern. Im besten Fall zieht das Ratio dabei schnell wieder bis auf Werte um 35 Unzen Gold an. Bleibt der Bitcoin hingegen in seiner Korrektur gefangen, wäre eine Erholung bis in den Bereich um 30 Unzen Gold realistisch.
5. Makro-Update: Zentralbanker bluffen weiter
Nach einem Rückgang von 19% im Dezember ist auch der Jahresauftakt 2022 bislang nichts für schwache Nerven. Dabei sorgten politische Unruhen in Kasachstan möglicherweise für eine Zuspitzung, denn in der ehemaligen Sowjetrepublik befindet sich die zweitgrößte Bitcoin-Mining-Industrie der Welt. Nachdem das staatliche Unternehmen Kazakhtelecom das Internet des zentralasiatischen Landes abgeschaltet hatte, fiel die Bitcoin Hash-Rate um 13,4 %. Damit wird das Bitcoin-Netzwerk nach dem Mining-Verbot in China zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate auf eine harte Probe gestellt. Kurzfristig ist das für Anleger sicherlich schmerzlich, mittel- und langfristig hingegen sorgen diese Verwerfungen jedoch für ein noch stabileres und dezentralisierteres Netzwerk.
Während der Bitcoin also in der ersten Januarwoche zwischenzeitlich weitere 12,5% bzw. fast 6.000 USD verlor, stürzten zuletzt auch die großen US-Tech-Aktien ab. Dabei fiel Tesla beispielsweise um über 15%. Hintergrund der Verkaufspanik an den Aktienmärkten scheint die Andeutung der Fed gewesen zu sein, die Zinsen aggressiver anheben zu wollen als bisher angenommen.
Fed Bilanzsumme vs. Fed Zinssatz vom 5.Januar 2022. ©Holger Zschaepitz
So hatten sich einige der Fed-Mitglieder in der letzten Sitzung offensichtlich für eine “erhebliche” Reduzierung der Bilanz ausgesprochen. Zudem weist das Fed-Protokoll auf die Möglichkeit einer früheren Zinserhöhung hin.
Die gesamte Zinserhöhungs- und Tapering-Diskussion erstreckt sich jedoch bereits über mehr als sechs Monate und dürfte mittlerweile weitestgehend in dem deutlich gestiegenen US-Dollar eingepreist sein. Immerhin federt der stärkere US-Dollar den Inflationsdruck in den USA etwas ab. In den Emerging Markets (z.B. Türkei oder Kasachstan) verschärft der stärkere US-Dollar hingegen den Inflationsdruck.
Gleichzeitig steckt die Fed weiterhin in einer Sackgasse, denn der offizielle Zinssatz liegt bei minimalen 0,25%, während sich die FED-Bilanzsumme in den letzten 12 Jahren mehr als verachtfacht hat. Angesichts der verheerenden Lockdown-Politik und dem deflationären Druck aus China aufgrund der geplatzten Immobilienblase ist ein Ende der lockeren Geldpolitik eigentlich undenkbar. Im besten Fall würden steigende Zinsen zu schwersten Verwerfungen in der Realwirtschaft führen. Im schlechtesten Fall hingegen könnten schnell steigende Zinsen die fragile Weltwirtschaft auch komplett zum Einsturz bringen. Kein Zentralbanker wird dafür die Verantwortung übernehmen wollen. Daher wird man immer den Weg des geringsten Schmerzes und des geringsten Widerstandes wählen.
Wir vermuten daher, dass es bei einem Zinserhöhungs- und Tapering-Geschwätz bleiben wird und man stattdessen wieder mit schwer zu durchschaubaren neuen Worthülsen das Offensichtliche geschickt verschleiern wird. Insbesondere im „Zeit erkaufen“ sind die Zentralbanker Meister ihres Fachs. Nachhaltige und echte Lösungen hingegen haben sie noch nie präsentiert.
EZB Bilanzsumme, vom 31.Dezember 2021. ©Holger Zschaepitz
Anstatt sich also von den Zentralbankern ein- ums andere Mal bluffen zu lassen, empfiehlt sich vielmehr der nüchterne Blick auf das veröffentlichte Zahlenmaterial. So stieg die FED-Bilanzsumme zum 31.Dezember auf ein neues Allzeithoch bei 8.757 Mrd. USD.
Gleichzeitig explodierte die EZB-Bilanzsumme in der letzten Woche des Jahres 2021 um 54 Mrd. EUR so stark wie seit August nicht mehr an. Mit 8.566,4 Mrd. EUR hat die EZB-Bilanzsumme zudem mal wieder ein neues Allzeithoch erreicht. Die Gesamtaktiva entsprechen nun 82,1 % des BIP der Eurozone.
Insgesamt ist ein Ende der weltweit lockeren Geldpolitik nicht absehbar. Wir erwarten vielmehr eine Beschleunigung in 2022.
6. Fazit: Stark überverkauft. Bitcoin – Scharfe Erholung kann jederzeit starten
Die zweimonatige Korrektur im Krypto-Sektor verschärfte sich in den letzten Tagen nochmals und führte zu einem Ausverkauf bis auf 41.000 USD. Die angespannte Lage in Kasachstan dürfte die Kapitulation erzwungen haben. Gleichzeitig zeigen die On-Chain Daten aber, dass das Bitcoin-Angebot bei den tiefen Preisen sehr illiquide geworden ist. Gleichzeitig sind die Bitcoin-Shortpositionen der Privatanleger in den letzten Tagen deutlich angestiegen. Zusammen mit der technisch stark überverkauften Lage und dem panischen Sentiment ergibt sich damit eine äußerst explosive Mischung.
Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass heute bei 40.938 USD (Bitstamp) ein wichtiges Tief gesehen wurde, ist hoch. Zusammen mit dem Tief vom 4.Dezember bei 41.967 USD (Bitstamp) würde sich ein solides Doppeltief ergeben, welches in jedem Fall eine deutliche Erholung einleiten sollte. Allerdings wird erst der Charakter dieser anstehenden Erholung Aufschluss darüber geben können, ob der Bitcoin und damit der gesamte Krypto-Sektor in den letzten Wochen in einen Bärenmarkt gerutscht sind, oder ob es sich um bei dem Rückgang von 40,67% um den letzten Rücksetzer vor dem großen Finale handelt.
Eine schnelle und scharfe Erholung (Short-Squeeze) in Richtung 55.000 bis 60.000 USD spricht eher für eine Bärenmarktrally, während eine langsamere und zähere Erholung hingegen besser zu einem intakten Bullenmarkt passen würde.
Insgesamt präsentiert sich aktuell eine klare Kaufchance beim Bitcoin und damit beim Krypto-Sektor insgesamt. Die nächsten Wochen sollten Klarheit bringen, ob der Bullenmarkt weitergeht oder ob der Sektor womöglich schon in einem Bärenmarkt steckt.
Florian Grummes
Edelmetall- und Krypto-Experte
Autor: celticgold.eu