Vor fünf Wochen waren wir noch halbwegs zuversichtlich, dass dem Bitcoin zumindest vorübergehend eine kleine Erholung gelingen könnte. Nachdem sich die Notierungen schon bis auf 21.500 USD erholt hatten, sorgte der aufkommende Skandal um FTX aber erneut für eine sofortige und scharfe Trendwende gen Süden.
1. Rückblick
Vor fünf Wochen waren wir noch halbwegs zuversichtlich, dass dem Bitcoin zumindest vorübergehend eine kleine Erholung gelingen könnte. Nachdem sich die Notierungen schon bis auf 21.500 USD erholt hatten, sorgte der aufkommende Skandal um FTX aber erneut für eine sofortige und scharfe Trendwende gen Süden.
Seitdem haben sich die Ereignisse in Windeseile überschlagen und die Krypto-Welt ist nicht mehr die gleiche wie zuvor. Zwar wissen wir aus der Vergangenheit, dass im Laufe eines Krypto-Winters sichergeglaubte Fundamente und Spieler in kürzester Zeit kollabieren und wegbrechen können, das Ausmaß des Betrugs und der Unfähigkeiten ist im Jahr 2022 aber doch schier unglaublich und schockierend.
Trotzdem ist die unter Goldbugs aktuell weit verbreitete Schadenfreude nicht angebracht, denn der Krypto-Sektor durchläuft aktuell einfach wieder eine brutale Bereinigungsphase, an deren Ende höchstwahrscheinlich der Beginn einer neuen epischen Hausse stehen wird. Außerdem ist der Bitcoin für die Trennung von Staat und Geld angetreten und liefert diese Funktion trotz veralteter Blockchain-Technologie auch in diesem Bärenmarkt weiterhin absolut zuverlässig.
Auch wenn nach über einem Jahr „Kryptowinter“ bereits das allermeiste bereinigt worden sein dürfte, ist eine weiteren Pleitewelle bei den Krypto-Börsen und Handelsplattformen sowie bei den häufig hochverschuldeten Minern nicht auszuschließen. Der durch die Betrugsplattform FTX ausgelöste Domino-Effekte zieht noch immer weitere Kreise. Immerhin wurden und werden so auch unzählige Betrüger und Kriminelle im Krypto-Sektor schrittweise entsorgt.
Marktkapitalisierung vs. Marktdominanz, Chart vom 7. Dezember 2022. Quelle: Tradingview
Preistechnisch sorgte der FTX-Kollaps für eine weitere Ausverkaufswelle, welche den Bitcoin auf ein neues Tief bei 15.479 USD am 21.November drückte. Insgesamt steht damit seit dem Allzeithoch am 10.November 2021 bei 69.000 USD ein Rücksetzer von fast 78% zu Buche. Diese riesigen Verluste beim Bitcoin sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs, denn die meisten Altcoins hat es noch viel härter getroffen.
Allerdings schieben sich die Bitcoin-Notierungen mittlerweile schon seit dem 9.November lethargisch zwischen 16.000 und 17.000 USD seitwärts durch den Chart. Das Kursgeschehen erinnert an die letzte große Bodenbildungsphase im Dezember 2018, als der Bitcoin monatelang zwischen 3.500 und 4.000 USD pendelte, nur um dann innerhalb von zweieinhalb Monaten bis auf 13.800 USD zu explodieren.
2. Chartanalyse Bitcoin in US-Dollar
2.1 Wochenchart: Klar definierter Abwärtstrendkanal
Bitcoin in USD, Wochenchart vom 8.Dezember 2022. Quelle: Tradingview
Auf dem Wochenchart oszilliert der Bitcoin weiterhin um die mittlere Trendlinie des im November 2021 gestarteten Abwärtstrendkanals (in rot). Gleichzeitig ist der übergeordnete Aufwärtstrendkanal (in hellgrün) trotz der 12-monatigen Korrektur noch immer intakt und wäre erst mit Kursen unterhalb von ca. 6.000 USD ad acta zu legen.
Die nächste Unterstützungszone wartet erst um ca. 13.000 bis 14.000 USD. Da weder das Preisgeschehen noch die Wochenstochastik irgendwelche Anstalten einer Trendwende erkennen lassen, muss das Primärszenario neue Kurstiefs beinhalten. Allerdings liefert das untere Bollinger Band (15.049 USD) aktuell nicht allzu viel Spielraum für die Bären.
Insgesamt ist der Trend auf dem Wochenchart weiterhin abwärtsgerichtet, während sich die Kurse gleichzeitig seit einigen Wochen zumindest stabilisieren. Wir halten das Abwärtsrisiko mittlerweile für überschaubar. Der „worst case“ bleibt zwar weiterhin das Schließen der offenen Kurslücke im Bitcoin-Future um ca. 10.000 USD, wir wären aber auch nicht überrascht, wenn die Korrektur bereits bei 15.479 USD beendet worden wäre oder im Bereich um 13.000 bis 15.000 USD das finale Tief finden würde.
2.2 Tageschart: Stabilisierung um 17.000 USD
Bitcoin in USD, Tageschart vom 8.Dezember 2022. Quelle: Tradingview
Außer einer leichten Stabilisierung gelang dem Bitcoin in den letzten Wochen nicht viel. Vom Tief bei 15.479 USD schoben sich die Notierungen bis auf 17.436 USD um knapp 12,6% nach oben. Diese Erholung sorgte aber schon wieder für eine überkaufte Tages-Stochastik, die mittlerweile bereits nach unten gedreht hat. Kann sich der Bitcoin in den kommenden Tagen und Wochen trotzdem oberhalb von 15.500 USD halten, besteht die Chance, dass das finale Tief mit 15.479 USD bereits gesehen wurde.
Alternativ geht es nochmals gen Süden. Das Hoch vom Sommer 2019 um 13.800 USD sowie die Unterstützung zwischen 12.500 und 14.000 USD wären als nächste Zielzone prädestiniert. Auf der Oberseite benötigt es hingegen einen klaren Anstieg über 17.500 USD. Dann wäre die schnell fallende 200-Tagelinie (21.129 USD) das Minimalziel einer größeren Erholung.
Zusammengefasst ist der Tageschart angesichts des seitwärtslaufenden Kursgeschehens neutral zu bewerten. Rein aus der Trendperspektive betrachtet haben tiefere Kurse jedoch weiterhin die höhere Wahrscheinlichkeit. Aus der Sicht eines langfristigen Antizyklikers liefert der ausverkaufte Bitcoin hingegen eine ideale Einstiegsgelegenheit. Dabei spielt es auf Sicht von mehreren Jahren auch keine Rolle, ob man bei 17.000 USD, 15.000 USD oder 10.000 USD einsteigt, schließlich könnte die nächste Hausse die Bitcoin-Preise irgendwann zwischen 2024 und 2026 in Richtung sechsstelliger Notierungen treiben.
3. Sentiment Bitcoin – Seit Jahresanfang ist Angst der Normalzustand
Crypto Fear & Greed Index vom 6. Dezember 2022. Quelle: Lookintobitcoin
Der Crypto Fear & Greed Index notiert aktuell bei 25 und misst damit noch immer extrem hohe Angstzustände. Seit dem Kurssturz zum Jahresbeginn ist dies der Normalzustand geworden.
Crypto Fear & Greed Index vom 6. Dezember 2022. Quelle: Lookintobitcoin
Im großen Bild liefert die miserable Stimmung jedoch weiterhin eine antizyklische Kauf-Chance.
4. Saisonalität Bitcoin – Positiv bis Anfang Juni 2023
Bitcoin Saisonalität vom 6. Dezember 2022. Quelle: Seasonax
Das statistisch positive 4.Qurtal sorgt bislang lediglich für eine Stabilisierung bei den Bitcoin-Preisen. Grundsätzlich unterstützt das saisonale Muster den Bitcoin jedoch bis in den nächsten Sommer hinein. Am wahrscheinlichsten wäre dabei der Beginn einer große Erholungsrally ab dem März oder April 2023. Bis dahin könnte der Bitcoin einfach seitwärts laufen und zwischen 15.000 und 17.500 USD konsolidieren.
Insgesamt spricht die Saisonalität dafür, dass der Bitcoin sein Tief bereits gesehen hat und ab dem kommenden Frühjahr eine neue Aufwärtsbewegung starten könnte.
5. Bitcoin gegen Gold
Bitcoin/Gold-Ratio, Wochenchart vom 8. Dezember 2022. Quelle: Tradingview
Bei Kursen von derzeit knapp 17.000 USD für einen Bitcoin und rund 1.780 USD für eine Feinunze Gold, muss man für einen Bitcoin rund 9,5 Unzen Gold bezahlen. Andersherum gesagt kostet eine Feinunze Gold aktuell ca. 0,106 Bitcoin.
Das Bitcoin/Gold-Ratio scheiterte vor einem Monat exakt an der Abwärtstrendlinie und rutschte zügig auf ein neues Tief bei 8,93. Seitdem kriecht das Ratio seitwärts, ohne dass man von einer Trendwende sprechen könnte. Sollte die Unterstützung zwischen 9,75 und 8,5 nicht halten, liegt der nächste Support erst zwischen 6,75 und 6. Bei 7,13 wartet zuvor noch das 61,8%-Retracement der vorangegangenen Aufwärtsbewegung. Die Wochenstochastik ist stark überverkauft und hätte viel Platz nach oben.
Zusammengefasst befindet sich das Bitcoin/Gold-Ratio weiterhin in einem klar etablierten Abwärtstrend und Trendwende-Signale sind (noch) Mangelware. Mit einem Anstieg über 11,5 wäre zumindest der Abwärtstrend gebrochen, womit eine größere Erholung in Richtung 13 und 16 möglich werden würden.
6. Makro-Update – Starke Erholung in allen Sektoren ist trügerisch
US-Notenbankbilanz vom 30.November 2022. Quelle: Holger Zschaepitz
Die restriktive Geldpolitik der US-Notenbank setzt in diesem Handelsjahr alle Sektoren unter starken Verkaufsdruck. Dabei traf es den Krypto-Sektor am härtesten. Neben den deutlich gestiegenen US-Zinsen ist es vor allem die Bilanzreduzierung, mit der die FED den Märkten Liquidität entzieht. Zuletzt schrumpfte die US-Notenbankbilanz um weitere 37 Mrd. USD und erreichte mit 8.584,6 Mrd. USD den niedrigsten Stand seit dem November 2021. Die US-Notenbankbilanz entspricht nun 33,4% des US-BIP.
EZB-Notenbankbilanz vom 2.Dezember 2022. Quelle: Holger Zschaepitz
Auch in der Euro-Zone bemühen sich die Zentralbanker um einen Schuldenabbau. Hier schrumpfte die Bilanz in der vergangenen Woche um 500 Mio. EUR, wodurch die Gesamtaktiva nun bei 8.470,9 Mrd. EUR liegen. Dies entspricht rund 66 % des BIP der Eurozone.
Nachdem die Finanzmärkte bis in den Oktober hinein in allen Bereichen starke Verluste verzeichnen mussten, war die Stimmung schließlich so schlecht, dass es in den letzten zwei Monaten zu einer gewaltigen Erholung durch Leerverkaufseindeckungen kam. Sowohl die Aktienmärkte als auch die Edelmetallpreise konnten sich so auf breiter Front erholen, während der stark überkaufte US-Dollar korrigierte.
Die Verbraucherstimmung ist jedoch im Keller und die zunehmenden Massenentlassungen werden der Realwirtschaft in den kommenden Monaten stark zusetzen und das Vertrauen weiter untergraben. Im Gesamtkontext erscheint die Erholung an den Märkten daher übertrieben bzw. trügerisch. Schon in der kommenden Woche könnte der anstehende FOMC-Zinsentscheid für einen Dämpfer sorgen und die Erholung der letzten Wochen auf eine weitere Bärenmarktrally zurechtstutzen.
Wir befürchten weiterhin, dass vor allem die FED ihre restriktive Geldpolitik übertrieben hat und deren Konsequenzen in den kommenden Monaten weitere Verwerfungen an den Finanzmärkten nach sich ziehen wird. Es bleibt daher bei unserer grundsätzlichen „Risk-Off“ Einstelllung.
7. Fazit: Bitcoin – Preis reagiert kaum noch auf schlechte Nachrichten
Während der ehemalige FTX-CEO Sam Bankman Fried (SBF) versucht sich mittels einer Interviewtour durch die US-Medien auf Fahrlässigkeit zu berufen, befindet sich der Krypto-Sektor in einer ausgewachsenen „Midlife-Crisis“. Dank SBF und dem Zusammenbruch von FTX, einer der größten Krypto-Börsen der Welt, ist das Vertrauen in die digitalen Vermögenswerte und die Menschen dahinter auf einen historischen Tiefstand gefallen. Die US-Behörden haben es bislang versäumt, SBF für seinen rücksichtslosen Betrug zur Rechenschaft zu ziehen.
Gleichzeitig wäre jetzt aber der Moment und die einmalige Chance für die Krypto- und Blockchain-Community, reinen Tisch zu machen und den Weg für neue Innovationen freizumachen, um intelligente und effiziente Lösungen für reale Probleme schaffen. Die Branche muss weg von Spekulation auf Pump und Hype und hin zu einer verantwortungsvollen Herangehensweise, die das wahre Versprechen der Blockchain-Technologie einlöst. Die Revolution der Transparenz und Rechenschaftspflicht sowie tatsächliches Eigentum, welches eine gerechtere, effizientere und integrativere Weltwirtschaft ermöglicht.
Der Bitcoin steht weiterhin genau dafür und erscheint bei Kursen um 17.000 USD langsam aber sicher wieder attraktiv. Zwar ist es gut möglich, dass sich eine Bodenbildung noch einige Monate hinzieht und dabei auch nochmals tiefere Kurse bzw. neue Tiefstände gesehen werden. Zuletzt reagierten die Bitcoin-Notierungen aber kaum noch auf neue Hiobsbotschaften und Pleiten. Sowohl die Überraschungen als auch die Chancen liegen daher ab jetzt auf der Oberseite.
Florian Grummes
Edelmetall- und Krypto-Experte
www.midastouch-consulting.com
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Quelle: www.celticgold.de