Die chinesischen Verhüttungskapazitäten für Aluminium werden bald die von der Regierung in Beijing vorgegebene Höchstgrenze erreichen. Danach werden neue Kapazitäten nur noch durch die Schließung von älteren Öfen ausgeglichen. Aber eine weitere Erhöhung der chinesischen Kapazität zur Herstellung von reinem Aluminium wird nicht weiter angestrebt.
Für den Rest der Welt, insbesondere für die westlichen Länder hat diese Entscheidung gravierende Konsequenzen, denn die chinesische Aluminiumproduktion steht aktuell für 60 Prozent der weltweiten Herstellungskapazität für das industriell so wichtige Leichtmetall. Damit kommt ein Prozess an sein vorläufiges Ende, der im Jahr 2004 begann. Damals produzierte China lediglich vier Millionen Tonnen Aluminium. Heute beläuft sich die chinesische Aluminiumproduktion auf 34 Millionen Tonnen.
Während China massiv in neue Verarbeitungskapazitäten investiert hat, wählten die westlichen Länder noch bis in die letzten Jahre hinein den vermeintlich einfacheren Weg. Sie reduzierten ihre eigene Aluminiumproduktion und deckten ihren Bedarf stattdessen lieber durch Käufe in China. Nicht nur in den USA, auch in Europa ist rund die Hälfte der primären Schmelzkapazitäten stillgelegt worden, nachdem die Strompreise im Anschluss an den russischen Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2022 sprunghaft in die Höhe geschnellt waren.
Der 2017 beschlossene Aktionsplan wird nicht verändert
Wer sich beim Aluminiumimport auf China verlässt, ist nicht unbedingt verlassen, wohl aber sehr stark von den Entscheidungen im Reich der Mitte abhängig und diese orientieren sich primär an den chinesischen Bedürfnissen und weniger an den Wünschen der Kunden aus dem Westen. Chinas Ziel ist es, über mehr neue Schmelzanlagen zu verfügen, die mit saubererem Brennstoff betrieben werden. Aber eine weitere Anhebung des im Jahr 2017 beschlossenen Produktionsziels von 45 Millionen Tonnen ist nicht im Interesse der Regierung.
Der langfristige „Aluminium Aktionsplan“ 2025 bis 2027 legt die Strategie für das weitere Vorgehen fest. Wie das International Aluminium Institute berichtete, stieg die chinesische Primäraluminiumproduktion im ersten Quartal 2025 im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 Prozent an. Rechnet man die monatliche Aluminiumproduktion im Zeitraum Januar bis März 2025 auf das Gesamtjahr hoch, ist für 2025 eine Jahresproduktion von etwa 44 Millionen Tonnen zu erwarten. Sie liegt damit nur noch eine Million Tonnen unter der 2017 festgelegten Obergrenze von 45 Millionen Tonnen.
Chinas Erlöse aus dem Export von Aluminium und Aluminiumhalbzeugen erreichten derweil ungeachtet des zunehmenden westlichen Unbehagens mit der chinesischen Dominanz der Lieferketten, neuen Handelsbeschränkungen und zusätzlichen US-Zöllen im vergangenen Jahr einen neuen Rekordwert. Ins Ausland verkauft wurden 6,2 Millionen Tonnen Aluminium, was gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg um 19 Prozent darstellt.
Die aktuelle Kapazitätsauslastung ist bereits sehr hoch
Wo ein Wille ist, da ist bekanntlich auch ein Weg. Doch China ist derzeit nicht gewillt, diesen Weg in der Aluminiumfrage zu gehen, denn technisch wäre es durchaus möglich, dass die Produktion die Obergrenze von 45 Millionen Tonnen überschreitet. Berechnet wird die Kapazität einer jeden Hütte durch die für den Elektrolyseprozess angenommene Stromstärke. Allerdings vermögen die Werksleiter die Kapazität ihre Hütte über den Nennkapazität hinaus zu steigern, indem sie die Stromstärke über den Nennwert hinaus steigern.
Dies würde rein technisch betrachtet auch für die Werke in China den Spielraum für eine weitere Erhöhung der Produktion ermöglichen. AZ China schätzt jedoch, dass die Kapazitätsauslastung im Land mit 98,2 Prozent bereits sehr hoch ist und deshalb nur wenig Spielraum für eine weitere kollektive Erhöhung der Stromstärke bleibt. Klar ist allen Beteiligten auch, dass sich das Produktionswachstum im Reich der Mitte gegenüber der durchschnittlichen jährlichen Rate von 4,0 Prozent, mit der die Aluminiumproduktion in den letzten fünf Jahren gestiegen ist, nun zu verlangsamen beginnt.
Die chinesische Aluminiumproduktion wird nicht erhöht, sondern grüner
Dennoch steht die Branche der Aluminiumproduzenten in der Volksrepublik vor großen Veränderungen. Neu Werke arbeiten effizienter und auch sauberer. Sie ersetzen zunehmend die älteren Produktionsstätten. Die chinesische Regierung ist dabei bestrebt, sicherzustellen, dass die neuen Hütten mit erneuerbaren Energiequellen betrieben werden.
Die Aluminiumproduzenten wandern aus den kohlereichen Provinzen ab und bauen beispielsweise in der Yunnan-Provinz oder in der Inneren Mongolei neue Energiezentren auf. In Yunnan gibt es viele Wasserkraftwerke, während die Innere Mongolei über ein großes Wind- und Solarpotential verfügt. Damit soll eine andere Zielvorgabe des Aktionsplans erfüllt werden. Sie sieht vor, dass bis zum Jahr 2027 der Strombedarf der chinesischen Hüttenbetriebe zu 30 Prozent aus erneuerbaren Energien gedeckt wird.
Steigen soll nach dem Willen der Regierung auch die Produktion von Aluminium aus der Aufarbeitung von Aluminiumschrott. Der Aktionsplan sieht bis zum Jahr 2027 an dieser Stelle ein Recyclingziel von über 15 Millionen Tonnen pro Jahr vor. Gleichzeitig soll mehr Aluminium im Land verbleiben. Die chinesische Regierung hat, um dieses zu erreichen, im Dezember 2024 die Steuervergünstigungen in Höhe von 13 Prozent für den Export von Aluminiumerzeugnissen gestrichen. Als Folge dieser Entscheidung gingen die Aluminiumexporte im Januar und Februar im Vergleich zum Vorjahr bereits um elf Prozent zurück.
Wie werden die westlichen Länder und Produzenten reagieren?
Die Analysten der Macquarie Bank prognostizieren für das laufende Jahr einen Rückgang der chinesischen Aluminiumexporte um acht Prozent. Gerechnet wird damit, dass einige westliche Abnehmer die höheren Kosten zumindest teilweise akzeptieren werden.
Allerdings bietet die Verlangsamung des chinesischen Produktionswachstums und der Rückgang der Exportströme den übrigen Primäraluminiumherstellern der Welt Chancen, denn die eigenen Produktionskapazitäten wurden in den letzten Jahren nur stillgelegt und keineswegs ganz abgebaut.
So verfügen die Vereinigten Staaten über fast eine Million Tonnen stillgelegter Schmelzkapazitäten. Die von US-Präsident Donald Trump eingeführten Einfuhrzölle auf Aluminium in Höhe von 25 Prozent verfolgen das Ziel, die Wiederaufnahme der Produktion zu fördern.
Die strukturellen Veränderungen, die China als der weltweit größte Produzent durchführt, könnten diesen Anlagen im Westen eine Art Galgenfrist verschaffen, wobei die Wiederinbetriebnahme stillgelegter Kapazitäten immer auch eine Frage der Aluminium- und Strompreise ist. Nach Jahren der Investitionszurückhaltung gibt es jedoch auch im Westen wieder Interesse am Bau neuer Hütten. So erhielt der US-Hersteller Century Aluminum einen staatlichen Zuschuss von 500 Millionen US-Dollar für ein Projekt, mit dem die erste neue Schmelzanlage in den Vereinigten Staaten seit 45 Jahren errichtet werden soll. Der Bergbaugigant Rio Tinto prüft kohlenstoffarme Hüttenprojekte in Finnland und Indien.
Aber auch die chinesischen Aluminiumhersteller zieht es ins Ausland. Da dem Wachstum im eigenen Land enge Grenzen gesetzt sind, strebt China eine engere Zusammenarbeit mit rohstoffreichen Ländern wie Guinea an. Hier ist das chinesische Unternehmen Chinalco an einem Projekt zur Umwandlung der Bauxitvorkommen des Landes in Tonerde beteiligt. Shandong Nanshan Aluminium produziert in Indonesien bereits Tonerde und plant die Erweiterung seiner Raffineriekapazität und den Bau einer Schmelzanlage mit einer Kapazität von 260.000 Tonnen pro Jahr.
Dies alles macht deutlich, dass China zwar den Auf- und Ausbau seiner inländischen Kapazitäten gestoppt hat. Doch dies bedeutet nicht, dass das Land seinen Griff auf ein Metall, das sowohl die USA wie auch die Europäische Union als kritischen Rohstoff einstufen, lockern will.