1. Rückblick
Die Gold- und Silberpreise und damit auch die Gold- und Silberminenaktien befinden sich seit dem August 2020 in einer schwierigen und zähen Korrekturphase. Insgesamt dreimal hat der Goldpreis dabei Tiefststände im Bereich um 1.677 USD markiert. Zuletzt wurde diese Marke beim Flash Crash am 9.August getestet.
Seitdem kommt der Goldpreis nur langsam auf die Beine. So endete die erste Antwort der Bullen auf den Flash Crash am 3.September an der bekannten Widerstandsmarke von 1.834 USD. In der Folge rutschten die Notierungen den ganzen September über erneut in den Keller. Immerhin steht aktuell mit 1.720 USD seit dem 29.September ein höheres Tief im Raum. Ausgehend von dieser Marke konnten sich die Bullen in den letzten vier Wochen bis auf 1.813 USD vorarbeiten. Trotzdem war diese Wegstrecke markiert von schockartigen und teilweise absurden Rücksetzern.
Derartiges war zum Beispiel am letzten Freitag zu beobachten, als der Goldpreis schon recht deutlich über die Marke von 1.800 USD geklettert war, nur um dann am Spätnachmittag aus heiterem Himmel innerhalb von 30 Minuten um fast 30 USD bis auf 1.783 USD zurückzusetzen.
Natürlich ist die Marke von 1.800 USD eine psychologische Nummer, aber dieses Kursgeschehen hat man in den letzten vierzehn Monaten immer wieder gesehen. Dementsprechend mäandert Gold konfus und seitwärts mit leichtem Abwärtsdrall durch das große Bild. Schon die nachhaltige Eroberung der Marke von 1.800 USD fällt den Bullen momentan schwer.
2. Chartanalyse Gold in US-Dollar
2.1. Wochenchart: Enge Handelspanne zwischen 1.740 USD und 1.830 USD
Gold in US-Dollar, Wochenchart vom 27.Okotber 2021. Quelle: Tradingview
Im größeren Bild steckt der Goldpreis nach wie vor in einer Korrektur. Nur wenn der Sprung über die rote Abwärtstrendlinie gelingt, hellt sich die Lage deutlich auf. Mit einem aktiven Kaufsignal bei der Wochenstochastik im Rücken, fehlen derzeit „nur“ 55 USD bis zur Abwärtstrendlinie. Damit wäre der Befreiungsschlag kein Ding der Unmöglichkeit.
Allerdings ist die Ausgangslage nicht gerade ideal, denn die überschaubare Erholung der letzten Wochen hat bereits viel Kraft gekostet. Vor allem aber ist es der eher zähe und unentschlossene Charakter, mit dem sich Gold hier seit Anfang Oktober nach oben geschoben hat. Ein junger oder frisch gestärkter Bulle sieht doch anders aus und würde dieses ständige Hin- und Her nicht akzeptieren.
Zoomt man allerdings weiter raus, entpuppt sich die 14-monatige Korrektur lediglich als eine gesunde Verdauungsphase und Unterbrechung des übergeordneten Bullenmarktes. So sind die beiden Aufwärtstrendkanäle in blau und grün weiterhin intakt. Innerhalb dieser könnte man den Bären aktuell sogar einen weiteren Rücksetzer in Richtung 1.690 bis 1.700 USD zugestehen. Das untere Bollinger Band sitzt auf dem Wochenchart aber schon bei 1.740 USD! Insofern stellt ein tieferes Tief unterhalb von 1.677 USD eine enorme Herausforderung für die Bären dar. Auf der Oberseite limitiert das Bollinger Band hingegen die Bullen um 1.830 USD.
Insgesamt ist der Wochenchart eher neutral und ohne klaren Trend. Vermutlich spielt sich das Kursgeschehen in den kommenden Wochen daher in einer engen Handelsspanne zwischen 1.740 USD und 1.830 USD ab.
2.2. Tageschart: Schon die 200-Tagelinie macht Probleme
Gold in US-Dollar, Tageschart vom 27.Okotber 2021. Quelle: Tradingview
Auf dem Tages-Chart kämpft der Goldpreis mal wieder mit seiner 200-Tagelinie (1.792 USD). Da dieser gleitende Durchschnitt noch immer fällt, beißen sich die Goldbullen hier seit Juli immer wieder die Zähne aus. Die Stochastik dreht zudem aktuell schon unterhalb der überkauften Zone nach unten weg. Dieses frische Verkaufssignal könnte sich zwar mit ein oder zwei starken Handelstagen noch negieren, die Ausgangslange auf dem Tageschart bleibt aber „wackelig“. Kommen die Bullen nochmal zurück, wäre ein Anstieg bis zur roten Abwärtstrendlinie eigentlich logisch. Setzen sich die Verkaufssignale weiter durch, droht ein Rückfall bis zum unteren Bollinger Band um 1.740 USD.
Zusammengefasst mehren sich auf dem Tageschart zuletzt die Anzeichen für ein vorzeitiges Ende der seit Ende September laufenden Erholung. Damit hätte Gold nicht einmal die Rückeroberung der Marke von 1.800 USD geschafft und wäre auch an der 200-Tagelinie erneut gescheitert. Kommen die Bullen nochmal zurück, wartet im nächsten Schritt die starke Widerstandszone um 1.834 USD.
3. Terminmarktstruktur Gold
Commitments of Traders Report für den Gold-Future vom 24. Oktober 2021. Quelle: Sentimenttrader
Die Konstellation am Terminmarkt für den Gold-Future ist seit einigen Monaten neutral. Daran haben auch die Kursbewegungen der letzten Wochen nichts geändert. Zwar stehen die kommerziellen Händler einer Fortsetzung der Erholung kurzfristig nicht im Wege, im größeren Bild liegt aber weiterhin keine antizyklische Engstelle am Terminmarkt vor. Vielmehr bewegt sich die kumulierte Shortposition der Profis mit 219.190 leerverkauften Kontrakten ziemlich genau in der neutralen Mitte. Erst wenn sich diese Shortposition bis auf ca. 100.000 leerverkaufte Kontrakte reduziert hatte, kam es in der Vergangenheit zu größeren und nachhaltigeren Aufwärtsbewegungen.
Zusammengefasst liefert der CoT-Report daher weiterhin kein antizyklisches Kaufsignal, sondern ist neutral einzustufen.
4. Sentiment Gold
Sentiment Optix für Gold. Stand 24. Oktober 2021. Quelle: Sentimenttrader
Auch die Stimmungslage am Goldmarkt bleibt im großen Bild in der neutralen Zone gefangen. Eine kleine Übertreibung gab es, wenn überhaupt, zuletzt Ende Mai auf der Oberseite. Von einem Paniktief ist hingegen weit und breit nichts zu sehen. Allerdings ist eigentlich immer nur eine finale Bereinigung der Garant für einen neuen nachhaltigen Aufwärtstrend gewesen. Genau dieses brutale Abschütteln der schwachen Hände fehlt zum Abschluss der seit 14 Monaten laufenden Korrektur.
Das neutrale Sentiment mahnt daher zu Geduld und Vorsicht.
5. Saisonalität Gold
Saisonalität für den Goldpreis über die letzten 53 Jahre. Stand 24. Oktober 2021. Quelle: Sentimenttrader
Der saisonale Zyklus unterstützt den Goldpreis in den kommenden Wochen nicht. Vielmehr kam es statistisch betrachtet meist bis Ende November oder gar Mitte Dezember zu einem Ausverkauf am Goldmarkt.
Momentan hat der Goldpreis allerdings zuletzt Ende September bei 1.720 USD ein zumindest vorübergehend wichtiges Tief erreicht und konnte sich in den letzten Wochen erholen. Auch auf Jahressicht scheint sich der Goldpreis an das etablierte saisonale Muster in diesem Jahr nicht halten zu wollen.
Gleichzeitig rückt langsam aber sicher das sogenannte „tax loss selling“ in den USA näher. Viele Minen-Investoren sitzen auf Verlusten. Sollte der Goldpreis daher die Marke von 1.800 USD nicht bald nachhaltig knacken können, dürften entnervte Anleger im November und Dezember möglicherweise reinen Tisch machen, womit sich ein Ausverkauf bei den Minen einstellen könnte.
Insgesamt liefert die Saisonalität aktuell kein Kaufsignal für den Goldpreis. Typischerweise schaltet dieser Analysebaustein erst ab Mitte Dezember wieder auf grün. In der Vergangenheit lieferte dann insbesondere der Januar steile Kursanstiege beim Goldpreis.
6. Makro-Update und Crack-Up-Boom
EZB Bilanzsumme, vom 22.Oktober 2021 ©Holger Zschaepitz
Die EZB-Bilanz stieg in der vergangenen Woche mal wieder um weitere 31,6 Mrd. Euro an. Das neue Rekordhoch der Bilanzsumme beträgt nun 8.368,3 Mrd. und entspricht gut 77% des BIP der Eurozone.
Wir müssen uns immer wieder klarmachen, dass es trotz all dem Geschwätz der Notenbanker und Politiker hier keine Umkehr mehr geben kann. Im Gegenteil, die Geschwindigkeit, mit der neue Euro-Währung aus dem Nichts elektronisch erschaffen wird, dürfte sich in den kommenden Monaten und Jahren immer stärker beschleunigen. Am Ende reden wir hier ganz einfach über eine unumkehrbare Exponentialfunktion!
Die katastrophalen Folgen dieser unverantwortlichen Währungspolitik zeichnen sich immer deutlicher ab, während die Preise auf weiter Flur immer schneller steigen. Die Kosten für Öl, Gas, Kohle, Holz, Nahrungsmittel und Konsumgüter sind bereits rasant in die Höhe geschnellt. Auf Sicht der kommenden Jahre müssen sich die Bürger mindestens auf weitere jährliche Preissteigerungen von 4-6% einstellen. So werden die Sparer enteignet, die Leistungsträger aus der Eurozone gejagt und die Bedürftigen noch bedürftiger gemacht.
Marktkapitalisierung vs. weltweiter Aktienmarkt, vom 25.Oktober 2021 ©Holger Zschaepitz
Gleichzeitig findet das wirtschaftliche Wachstum nur noch künstlich statt. In der Realität hat der deutsche Aktienmarkt DAX den Anschluss an die nominal haussierenden weltweiten Aktienmärkte verpasst. Gerade mal 2,3% beträgt der Anteil der einst stolzen deutsche Wirtschaft an der weltweiten Aktienmarktkapitalisierung. Während Deutschland als Hauptbürge für die Zeche der EU geradestehen muss, versinkt der DAX zunehmend in der Bedeutungslosigkeit
Cashflow nach Inflation, vom 26.Oktober 2021 ©Otavio (Tavi) Costa
Ganz anders sieht das Bild hingegen bei den Gold- und Silberminenaktien aus. 73% der 50 größten Goldproduzenten präsentieren in diesem Sektor nach Abzug der Inflationsrate einen positiven Cashflow. Zudem ist der Verschuldungsgrad geringer als in jedem anderen Sektor.
Marktkapitalisierung Edelmetallsektor vs. Apple, vom 26.Oktober 2021 ©Otavio (Tavi) Costa
Die Bewertung des vor Gesundheit strotzenden Edelmetallsektors ist im Vergleich zum Gesamtaktienmarkt jedoch winzig. Allein die Marktkapitalisierung der Apple Aktie ist um das Vierfache größer als die der gesamte Edelmetallindustrie! Ganz unabhängig vom kurzfristigen Trend und trotz der intakten Korrektur finden antizyklische Value-Investoren daher unter den Gold- und Silberminenaktien derzeit langfristig betrachtet ein sehr vielversprechendes Chancen/Risiko-Verhältnis.
Fazit: Gold – Noch immer in der Korrektur gefangen
Weiterhin ist der Edelmetallsektor in einer Korrektur gefangen. Die berechtigten Fragen, wann denn diese Korrektur nun endlich enden wird oder ob das letzte Tief bei 1.720 USD möglicherweise bereits die Trendwende eingeleitet haben könnte, hat der Markt bislang leider nicht beantwortet. Zu unklar und zu verworren ist das Bild aktuell.
Viel wichtiger ist daher die Akzeptanz, dass auch diese „schwierigen und konfusen“ Marktphasen dazugehören, und dass man diese am besten geduldig und entspannt ohne zu großes Engagement verfolgt und aussitzt. Für den Ausbau der physischen Edelmetallbestände eignen sich diese Korrektur- bzw. Seitwärtsphasen sehr gut. Gefährlich wird es aber, wenn überzeugte Goldbugs blind die eigentlich sehr bullische fundamentale Ausgangslage dem Marktgeschehen aufzwingen wollen. Dabei wird dann im aussagelosen Rauschen des Goldmarktes viel Geld mit gehebelten Spekulationen verloren, während die Party ganz woanders (Kryptos) stattfindet.
In der Konklusion wird der Goldpreis sein Verwirrspielchen zwischen ca. 1.740 USD und 1.830 USD in den kommenden Wochen höchstwahrscheinlich fortsetzen.
Florian Grummes
Edelmetall- und Krypto-Experte
Autor: celticgold.eu