Seit dem 30. Mai 2019 scheint am Goldmarkt ein neues Kapitel aufgeschlagen worden zu sein. Ausgehend von 1.275 US-Dollar konnte der Goldpreis aus dem Stand heraus um knapp 83 US-Dollar steil zulegen.
Zwischen 1.320 und 1.360 US-Dollar konsolidiert der Goldpreis nun seit knapp 10 Handelstagen diesen starken Anstieg, wobei das Bild weiterhin sehr bullisch bleibt und die Rally jederzeit weiter gehen kann.
In Verbindung mit den mittlerweile ungünstigen Terminmarktdaten sowie dem klar überkauften Tageschart wäre ein mehrmaliges Anlaufen an die Widerstandszone zwischen 1.350 – 1.375 US-Dollar in den kommenden Wochen bzw. zwei Monaten keine Überraschung.
Idealerweise gibt es dabei nochmal einen Rücksetzer in Richtung 1.300 – 1.320 US-Dollar, um neue Kraft zu schöpfen. Mittelfristig spricht aber derzeit alles für den großen Ausbruch auf den die Edelmetall Anleger nun schon seit Jahren warten!
Haupttreiber für die plötzliche Goldpreisexplosion dürften die massiv gestiegenen Zinssenkungserwartungen gewesen sein. Insbesondere einige hochrangige Beamte der US-Notenbank Fed, darunter der Vorsitzende Jerome Powell, hatten die Tür für eine expansive Geldpolitik verbal geöffnet.
Der schwache US-Beschäftigungsbericht sorgte zusätzlich für Druck. Ob die FED nun liefert wird sich in einem ersten Schritt bereits in dieser Woche am 19.Juni zeigen. Die hohe Erwartungshaltung beinhaltet in jedem Fall auch ein hohes Enttäuschungs-Potential.
Zudem ist eine erste Zinssenkung für die folgende FED-Sitzung am 31.Juli wohl am Goldmarkt schon größtenteils eingepreist.
Goldpreis in US-Dollar Tageschart – Überkauft, aber klar bullisch
Meine Einschätzung vom 21.Mai war rückblickend natürlich zu pessimistisch. Damals sah es noch so aus, als ob der Goldpreis zumindest bis zu seiner 200-Tagelinie (aktuell 1.269 US-Dollar) korrigieren könnte. Stattdessen stellte der zähe Doppelboden bei 1.265 US-Dollar aber bereits den Tiefpunkt der dreimonatigen Korrektur am Goldmarkt dar.
Im Anschluss kam es trotzdem noch im Mai zu einer dreiwöchigen seitwärtsverlaufenden Fortsetzung der Bodenbildung, wobei mit 1.269 US-Dollar und 1.275 US-Dollar zwei leicht höhere Tiefs erzielt werden konnten.
Erst als Gold in US-Dollar am 30.Mai wieder über sein 50-Tagelinie (aktuell 1.295 US-Dollar) sprang und am nächsten Handelstag direkt bis auf 1.305 US-Dollar durchzog, war das Ende der Korrektur offensichtlich.
Wer den Einstieg während der Korrektur verpasst hatte, musste nun dem fahrenden Zug hinterherlaufen. Erst bei 1.348 US-Dollar kam es zu einem kurzen, aber scharfen Rücksetzer bis auf 1.320 US-Dollar (38,2%-Retracement der Aufwärtswelle).
Hier meldeten sich die Bullen umgehend zurück und sorgten am letzten Freitag für ein neues Hoch bei 1.358 US-Dollar. Der Wochenschluss fiel mit 1.341 US-Dollar aber deutlich niedriger aus.
Zu Beginn der laufenden Handelswoche sind die Bullen ausgehend von 1.333 US-Dollar schon wieder am Drücker und planen wohl den nächsten Angriff auf die altbekannte Widerstandszone 1.350- 1.375 US-Dollar.
Im großen Bild fehlt dem Goldpreis nun zu einem erfolgreichen Ausbruch ein Monatsschlusskurs oberhalb von 1.380 US-Dollar. Bis dahin haben die Bullen noch jede Menge Arbeit zu leisten. Der klar überkaufte Tageschart als auch der ansatzweise überkaufte Wochenchart stehen einem direkten Durchmarsch aktuell eher entgegen.
Ebenso senden die neuesten Daten vom Terminmarkt zumindest für den Goldpreis ein großes Warnsignal. Demnach haben die kommerziellen Hedger ihre Shortpositionen in der letzten Woche um knapp dreißigtausend Kontrakte auf nunmehr 202.027 leerverkaufte Futures-Kontrakte weiter ausgebaut.
Dadurch ist die Luft doch deutlich dünner geworden. Beim Silberpreis hingegen stehen die Terminmarktampeln weiterhin auf grün.
Vorbehaltlich geopolitischer Events und erratischen Schwankungen um die FED Zinsentscheidungen herum, sollte der Goldpreis daher eigentlich in den kommenden zwei Monaten nochmal Luft holen, bevor der große Ausbruch wirklich über die Bühne geht.
Gleichzeitig ist von einem derartigen Rücksetzer bislang weit und breit nichts zu sehen. Das könnte sich am Mittwochabend mit dem Zinsentscheid aber eventuell ändern.
Alternativ bleiben die Bullen weiter auf dem Gaspedal und Gold bricht in den kommenden Wochen direkt weiter aus. Damit würde der Goldmarkt trotzdem den Weg des größtmöglichen Schmerzes wählen, indem die meisten Anleger auf einen fahrenden Zug aufspringen müssten. Dies liefert bekanntlich kein gutes Chance/Risko-Verhältnis, sondern sorgt in der Regel für Blessuren und Verletzungen!
Insofern kann der Rat in der aktuellen Situation nur dahingehend sein, geduldig auf die kommenden größeren Rücksetzer zu warten. Idealerweise setzt der Goldpreis bis zur saisonal starken Phase ab Mitte August nochmal in Richtung seiner gleitenden Durchschnitte zurück.
Andernfalls kommt es nach einem steilen „Bullrun“ zu einem scharfen Rücksetzer. So oder so wird sich ihre Geduld auszahlen.
Wer bereits voll investiert ist, lässt seine Gewinne jetzt einfach laufen. Solange der Goldpreis nicht mehr klar unter 1.300 US-Dollar fällt, spricht alles für einen mittelfristigen Ausbruch und deutlich höhere Kurse!
Tageschart Gold in Euro – Höchster Stand seit 14 Monaten
Auch in Euro gerechnet zog der Goldpreis in den letzten knapp drei Wochen steil an. So verteuerte sich der Euro-Goldpreis von 1.140 Euro bis auf 1.204 Euro um knapp 5,6%. Ähnlich wie beim Gold in US-Dollar präsentiert sich auch hier die Lage sehr bullisch, aber gleichzeitig überkauft und etwas heiß gelaufen. Kommt es zum favorisierten Szenario des „Kraftholens“, ergibt sich im Bereich um 1.165 – 1.180 Euro eine nächste Kaufgelegenheit.
Gestaffelte Kauflimits zwischen 1.175 Euro und 1.135 Euro
Das vor vier Wochen genannten Kauflimit bei 1.135 wurde leider ganz knapp verpasst. Auf Sicht der kommenden zwei Monate empfiehlt sich der erneute Versuch eines gestaffelten Einstieges mit folgenden Kauflimits: 1.175 Euro, 1.155 Euro und 1.135 Euro. Unterhalb diese drei Marken sollte jeweils ein Drittel der insgesamt geplanten Investition getätigt werden.
Bitte erwarten sie grundsätzlich keine fulminanten Kursgewinne, sondern machen sie sich nochmals klar, dass es sich bei physischen Edelmetallen um eine Versicherung gegen dramatische Verwerfungen an den Finanzmärkten handelt! Auch wenn die Performance im Vergleich zu anderen Anlageklassen in den letzten Jahren eher enttäuschend war, führt an den physischen Edelmetallen Gold und Silber als Stabilisator und ruhender Anker kein Weg vorbei.
Florian Grummes
Technischer Analyst, Goldnewsletter.de
Quelle: Gold.de