1. Rückblick
Nach einer monatelangen Rally, welche sich seit Jahresanfang trotz zunehmend wilden Kursschwüngen immer weiter nach oben schieben konnte, erreichte der Goldpreis noch am Montag, den 6. März, mit 1.703 USD ein neues 7-Jahreshoch. Begonnen hatte diese Aufwärtsbewegung vor 17 Monaten im August 2018 bei 1.160 USD. Der Goldpreis konnte seit damals um fast 47% zulegen.
Mit dem dramatischen Einbruch am Ölmarkt, den völlig kollabierenden Finanzmärkten und der um sich greifenden Corona-Panik, fällt das ursprünglich erwartete große Finale mit Kursen um 1.800 USD in diesem Frühjahr aber vorzeitig ins Wasser. Der gerade erst losgerollte Liquiditäts-Crunch sorgt vielmehr auch bei den Edelmetallen für massive Abschläge. So beendete der Goldpreis diese historische und rabenschwarze Handelswoche mit Preisen um 1.529 USD fast 200 USD unter dem Höchststand vom Montag. Silber und vor allem Palladium erwischte es noch deutlich schlimmer. Die Minenaktien wurde zusammen mit dem Gesamtmarkt ebenfalls komplett abgeschlachtet. Der Bitcoin verlor zwischenzeitlich über 50%.
Nüchtern betrachtet sieht es so aus, also ob das Corona-Virus die sogenannte „Everything Blase“ angestochen hat. Der größte Börsencrash aller Zeiten dürften jedenfalls noch nicht ausgestanden sein, sondern gerade erst begonnen haben. In einer ersten Reaktion überboten sich die Notenbanken und Politiker weltweit bereits mit Stützungsmaßnahmen und Notfallprogrammen. Bislang sind diese aber an den panischen Finanzmärkten vollkommen verpufft. Man fragt sich, warum die Börsen nicht schon längst geschlossen wurden.
2. Chartanalyse Gold in US-Dollar
Quelle: Tradingview
Auf dem Wochenchart ist der Ausbruch aus dem seit August 2018 gebildeten Aufwärtstrendkanal fulminant gescheitert. Fas drei Wochen haben die Bullen es in diesen luftigen Höhen versucht, doch die kollabierenden Finanzmärkte haben nun auch die Rally beim Gold eindeutig beendet. Die Folge war in den letzten Tagen ein direkter Rückfall bis zur mittleren Trendlinie des Aufwärtstrendkanals.
Angesichts des frischen Verkaufssignals seitens der Stochastik sowie der dramatischen Gesamtsituation müssen wir von einem mehr oder weniger direkten Crash bis an die Unterkante des Aufwärtstrendkanals im Bereich um 1.400 USD ausgehen. Das untere Bollinger Band bietet schon jetzt Platz bis 1.411 USD.
Sehr wahrscheinlich wird darüber hinaus auch ein Test der alten Widerstandszone im Bereich von 1.350 bis 1.375 USD. Hier liegt vermutlich das Minimalziel der begonnenen Abwärtsbewegung. Nicht auszuschließen sind auch ein gnadenloser Ausverkauf bis 1.000 USD oder sogar noch tiefer. Als Ursache ist hier der Papier-Goldmarkt anzuführen, der nun komplett bereinigt werden wird. Sehr viele Papier-Spekulanten, die Gold auf Margin oder in Form von ETFs gekauft haben, werden nun nach und nach panisch ihre Bestände auf den Markt werfen oder von ihrem Broker dazu gezwungen werden.
Der Wochenchart hat auf ultrabärisch gedreht und hat einer 17-monatigen Aufwärtsbewegung jede Menge Korrekturbedarf. Nun kommt der weltweite Finanzcrash dazu. Diese Kombination kann den Papier-Goldpreis in den kommenden Wochen und Monaten auf unter 1.000 USD drücken.
Quelle: Tradingview
Auf dem Tageschart wird das Scheitern der Bullen noch deutlicher. Die Bären haben jetzt die Kontrolle übernommen, während die meisten Marktteilnehmer sich noch verdutzt die Augen reiben. Am Freitagnachmittag wurde die 200-Tagelinie (1.497 USD) bereits fast erreicht. Möglicherweise gelingt hier zumindest eine vorübergehende Stabilisierung, eventuell sogar eine kleine Erholung. Über das Septemberhoch bei 1.557 USD wird der Goldpreis aber vermutlich nicht mehr hinauskommen.
Zusammengefasst ist der Tageschart zwar leicht überverkauft, aber trotzdem sehr bärisch. Die Tatsache, dass der Goldpreis in den letzten vier Handelstagen wie ein Stein fällt, verheißt nichts Gutes. Schon jetzt liegt eine klare Trendwende vor und wir müssen bereits in Kürze mit dem Rückfall an die untere Aufwärtstrendlinie zwischen 1.390 und 1.410 USD rechnen. Noch wahrscheinlicher sind dann Kurse unterhalb des Trendkanals im Bereich der ehemaligen Widerstandszone um 1.350 USD. Von hier aus ist vermutlich mit einer scharfen Erholung zu rechnen. Diese könnte aber nach ihrem Abschluss schnell noch tiefere Kurse mit sich bringen.
3. Terminmarktstruktur Gold
Quelle: CoT Price Charts
Bereits seit dem letzten Sommer ist die Lage am Terminmarkt extrem überdehnt und vollkommen ungesund. Die Goldpreis-Korrektur zwischen September und Dezember sorgte nicht ansatzweise für eine Bereinigung. Vielmehr stieg die kommerzielle Shortposition im Februar auf neue Rekordstände.
Der nun einsetzende Liquiditäts-Crunch inklusive des hohen und panikartigen Handelsvolumens spielt der gigantischen, aber völlig unter Wasser stehenden, kommerziellen Shortposition dramatisch in die Hände. Nun dürfte die Zeit der Profis gekommen sein. Jetzt können sie ihre Short-Wetten und Hedges in die fallenden Kurse Schritt für Schritt eindecken. Damit der Terminmarkt aber wieder völlig bereinigt wird, sind wohl mindestens Kurse um 1.350 USD notwendig.
Quelle: Sentimenttrader
Zusammengefasst liefert der CoT-Report weiterhin ein klares Verkaufssignal. Wir müssen davon ausgehen, dass in dieser Woche die gnadenlose Bereinigung am Terminmarkt begonnen hat. So lässt der aktuelle Cot-Report mindestens Kurse um 1.350 USD erwarten. Denkbar wäre auch, dass die nächste antizyklische Engstelle erst bei deutlich tieferen Kursen um und unter 1.000 USD vorliegen wird. Das Blutbad am Terminmarkt hat gerade erst begonnen.
4. Sentiment Gold
Quelle: Sentimenttrader
Das neue Verlaufshoch am Montag dieser Woche bei 1.703 USD wurde schon nicht mehr von einem übertriebenen Optimismus begleitet. Extrem optimistische Sentimentwerte wurden zuletzt Ende Februar gesehen. Nun dürfte das Sentiment aber gekippt sein. Bis zu einer ausgebombten und miserablen Stimmung hat der Goldmarkt noch einen weiten Weg vor sich.
Der Gold Optix hat sehr viel Luft nach unten und liefert eine eindeutige Indikation, dass derzeit keine antizyklischen Kaufkurse vorliegen.
5. Saisonalität Gold
Quelle: Sentimenttrader
Der Goldpreis scheint nach einer langen Rally tatsächlich wieder mal im März einen wichtigen Hochpunkt erreicht zu haben. Ähnliches war beispielsweise im März 2008 zu beobachten.
Grundsätzlich dreht die saisonale Komponente nun bis in den Mai bzw. Juni hinein auf negativ. Zwar kann es immer zu größeren Zwischenerholungen kommen, in der Regel findet der Goldpreis aber erst im Frühsommer einen tragfähigen Boden.
Die Saisonalität unterstützt die Edelmetalle in den nächsten Monaten nicht mehr, sondern liefert statistisch betrachtet ein Verkaufssignal.
7. Fazit und Empfehlung
Wir durchleben in diesen Tagen eine historisch einmalige Situation. Die ganze Welt kommt aufgrund der Corona-Pandemie zum Stillstand. Nach einem 11-jährigen Bullenmarkt, welcher nur von billigem Kredit und ungeheuerlichen Geldmengenausweitungen getrieben wurde, und knapp 50 Jahre nach der Auflösung des Goldstandards, ist die „Everything Blase“ geplatzt.
Ludwig von Mises hat das Ergebnis des Papiergeld-Experiments bereits vor vielen Jahrzehnten eindeutig und klar benannt: „Es gibt keine Möglichkeit, den finalen Zusammenbruch eines Booms zu verhindern, der durch Kreditexpansion erzeugt wurde. Die einzige Alternative lautet: Entweder die Krise entsteht früher durch die freiwillige Beendigung einer Kreditexpansion, oder sie entsteht später als finale und totale Katastrophe für das betreffende Währungssystem.” (Ludwig von Mises)
Für die an den Papiermärkten gehandelten Gold- und Silberpreise bedeutet dies zunächst eine Fahrt ins Bodenlose. Ebenso wie an den Aktienmärkten müssen die Marktteilnehmer auch immer weitere Positionen in den Rohstoffen, Minenaktien und Kryptowährungen auflösen bzw. schließen, um an die dringend benötigen Barmittel zu kommen. Cash ist King. Dieser fürchterliche Domino-Effekt hat gerade erst begonnen. Erst wenn sich der weltweite Stillstand langsam wieder auflöst und die Notenbanken zwischenzeitlich noch viele weitere Billionen in die Märkte gepumpt haben werden, dürften die Papierpreise von Gold und Silber vermutlich als erste den Boden finden. Zu diesem Zeitpunkt werden sich der physische Goldmarkt und der Papier-Goldmarkt vollständig voneinander gelöst haben. Während Papiergold gnadenlos liquidiert werden wird, können die Edelmetallhändler die physische Nachfrage nicht mehr bedienen.
Als einzig nutzbare Blaupause dient uns zunächst der Deflationssommer 2008. Damals fiel der Goldpreis innerhalb von drei Monaten von 990 US-Dollar bis auf 680 USD. Als den Marktteilnehmern dann Anfang November langsam klar wurde, dass die Notenbanken die Geldschleusen massiv öffnen, war der Goldpreis bereits der erste, der seinen Boden gefunden hatte. Während der DAX und die anderen Aktienindices erst im folgenden Februar/März das finale Tief erreichten, hatte sich Gold schon wieder bis auf 1.000 USD erholt.
Dieses Mal findet das Ganze aber in einer noch viel größeren Dimension und vor allem weltweit statt. Wir müssen uns daher auf einen dramatischen Crash in allen Märkten einstellen. Wenn sich die Lage dann hoffentlich irgendwann beruhigt, steht die Welt vor einem Scherbenhaufen. Dafür gibt es einerseits die Blaupause „Große Depression 1929“, gleichzeitig können die Geldruckorgien auch das Szenario „Hyperinflation 1923 in Deutschland“ erzwungen. Es ist zu befürchten, dass es zu einem ganz hässlichen Mix aus diesen beiden Szenarien kommen wird.
Geben Sie daher keine einzige physische Unze Silber oder Gold aus der Hand. Das ist ab jetzt ihre Lebensversicherung. Stattdessen retten sie sich und ihr Papier-Vermögen zunächst an die Seitenlinie. Am Ende dieses Crashs wird es unglaubliche Schnäppchen in allen Sektoren geben. Jede Erholung an den Aktien-, Rohstoff- und Kryptomärkten müssen Sie zum Verkauf nutzen. Auch wenn es bitter ist. Mit etwas Glück kommen Sie in den kommenden Wochen noch wesentlich günstiger in die Edelmetalle. Darauf wetten würde ich aber nicht, denn bereits jetzt sind physisches Gold und Silber in kürzester Zeit Mangelware geworden. Die gestörten Logistikketten und absehbaren Minenschließungen werden zudem für einen Angebotsschock sorgen. Hoffe wir das beste und breiten uns auf das Schlimmste vor.
Florian Grummes
Edelmetall- und Krypto-Experte
Autor: CelticGold.eu