Vor vier Wochen hatten wir an gleicher Stelle vor einem Rücksetzer am Goldmarkt gewarnt. Dieser kam dann auch umgehend und zwang den Goldpreis vom Juni-Hoch bei 1.916 USD bis auf 1.750 USD deutlich in die Knie. Damit fiel die Korrektur-Bewegung deutlich schärfer aus als vermutet.
Für diesen crashartigen Ausverkauf sorgten neben der überkauften Lage vor allem die Äußerungen von FED-Chef Jerome Powell, der die US-Wirtschaft deutlich stärker wachsen sieht und die zuletzt heftigen Preissteigerungen als temporäres Problem betrachtet. Auf Grundlage dieser Argumentation stellte er für 2023 zwei Leitzinsanhebungen um jeweils 25 Basispunkte in Aussicht.
Die Märkte reagierten dementsprechend mit einem heftigen Abverkauf, der sich vor allem in einem stärkeren US-Dollar und teilweise deutlich fallenden Edelmetall- und Rohstoffpreisen manifestierte.
Dabei ignorierten die Marktteilnehmer aber die Tatsache, dass das US-Wirtschaftswachstum durch ein fast 2.000 Mrd. US-Dollar starkes Hilfsprogramm sowie eine extrem expansive Fiskalpolitik quasi künstlich erzwungen wurde.
In diesem Zuge ist die US-Staatsverschuldung auf ein neues Rekordniveau gestiegen. Und auch die US-Basis-Geldmenge M0 hat sich von 3.202 Mrd. US-Dollar im September 2019 auf zuletzt 6.041 Mrd. US-Dollar fast verdoppelt.
Letztlich gelang der FED so vorübergehend das Ablassen der heißen Luft an den Rohstoff- und Edelmetallmärkten.
Konzentriert man sich hingegen auf die nüchternen Fakten hat sich die Bilanzausweitung sowohl bei der FED in den USA als auch bei der EZB in der Eurozone zuletzt weiter beschleunigt.
So stiegen die Gesamtaktiva der EZB aufgrund von Quantitative Lockerung (QE) und längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (TLTRO-Kredite) innerhalb von nur einer Woche (!) um satte 140,6 Mrd. Euro auf einen neuen Rekordwert von 7.877,1 Mrd. Euro.
Damit entspricht die EZB-Bilanz jetzt knapp 79 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) der Eurozone.
Der rote Pfeil im Chart verdeutlicht, dass es sich hierbei um einen exponentiellen Anstieg handelt.
Realistisch betrachtet sind daher im großen Bild weltweit immer mehr neue Staatsschulden und Geldmengenausweitungen zu erwarten, denn der internationale Abwertungswettlauf geht weiter und wird sich in Zukunft beschleunigen.
Der dadurch bedingte fortschreitende Vertrauensverlust in die Papierwährungen wird den Crack-Up-Boom verschärfen und etappenweise eine Massenflucht in Sachwerte und Edelmetalle befeuern. Insofern ist die momentane Goldpreis-Schwäche grundsätzlich eher als Kaufchance denn als Trendumkehr einzustufen.
Im August und September dürfte sich der Goldpreis dann aber gestützt durch die günstige Saisonalität erneut in Richtung 1.900 USD auf den Weg machen.
Goldpreis Chart in US-Dollar – Rücklauf an die Oberkante des alten Abwärtstrendkanals
Auf dem Wochenchart hat der Abverkauf ein klares Verkaufssignal bei der Stochastik aktiviert. Dieses ist intakt und dürfte den Goldpreis vermutlich in den kommenden Wochen noch bis in den Bereich 1.720 US-Dollar bis 1.740 US-Dollar zurückwerfen.
In diesem Fall dürfte die Wochenstochastik dann die überverkaufte Zone erreicht haben, womit sich eine gute Ausgangslage für eine große Erholungsbewegung ergeben sollte.
Goldpreis Tageschart in US-Dollar – Stochastik bärisch festgezurrt
Auf dem Tageschart hat der Stochastik-Oszillator den Abwärtstrend festgezurrt und macht es damit momentan jeglichen Erholungsbemühungen sehr schwer. Eventuell gelingt kurzfristig ein kleiner „Bounce“ in Richtung 1.780 US-Dollar bis 1.800 US-Dollar, wahrscheinlicher ist jedoch ein zähes Abgleiten gen Süden.
Sobald der Goldpreis dann aber einen Boden gefunden haben dürfte, sollte es zu einer Erholungsbewegung bis an die fallende 200-Tagelinie (1.829 US-Dollar) kommen. Darüber hinaus dreht die Saisonalität spätestens zwischen Ende Juli und Mitte August auf stark bullisch.
Zusammen mit der stark überverkauften Lage und dem verängstigten Sentiment könnte sich dann aus der Erholungsbewegung auch eine größere Rally in Richtung 1.900 US-Dollar oder sogar 1.950 US-Dollar entwickeln.
Insgesamt ist der Rücksetzer am Goldmarkt in den letzten Wochen etwas zu groß ausgefallen. Die seit dem August 2020 laufende Korrektur ist noch immer nicht ausgestanden.
Im besten Fall wurde das finale Tief innerhalb dieser Korrektur mit dem Doppelboden im März bei 1.676 US-Dollar bereits gesehen. Dennoch macht der Goldpreis weiterhin einen wackeligen Eindruck. Der Ausbruch auf neue Allzeithochs wird daher noch deutlich mehr Zeit benötigen.
Dabei ist ein Anstieg bis zur 200-Tagelinie höchstwahrscheinlich. Darüber hinaus könnte das Pendel aufgrund des tiefen Rücksetzers und der überverkauften Lage im August und September stark in die andere Richtung ausschlagen, womit auch Kursziele bei 1.900 US-Dollar und 1.950 US-Dollar denkbar sind.
Kurzfristig steckt der Goldmarkt vermutlich bereits in der Sommerflaute und es könnten einige zähe Handelswochen bevorstehen.
Neues Kauflimit bei 1.480 Euro
Auch auf Eurobasis kam der Goldpreis deutlich zurück. Unser genanntes Kauflimit bei 1.525 Euro wurde am 17.Juni aktiviert. Da die Korrektur noch nicht ausgestanden zu sein scheint, empfiehlt sich jetzt ein etwas tieferes Kauflimit bei 1.480 Euro.