pro aurum
Obwohl der Goldpreis 2021 lediglich seitwärts tendierte und auf Dollarbasis aktuell sogar eine negative Performance im einstelligen Prozentbereich aufweist, gab es im Jahresverlauf einige spannende Entwicklungen zu beobachten.
Höchste Inflation seit Jahrzehnten
Das Wichtigste vorweg: Den diesjährigen Anstieg der Inflation hatten hinsichtlich Dynamik und absoluter Höhe die wenigsten Analysten prognostiziert. So gab es in den USA seit dem Jahreswechsel einen Anstieg der Teuerungsrate von 1,4 auf 6,2 Prozent p.a. (Oktober) zu vermelden, während in der Eurozone die Inflation von minus 0,3 auf plus 5,2 Prozent p.a. (November) zugelegt hat. Noch dynamischer ging es in Deutschland bergauf, wo sich die Konsumentenpreise von minus 0,3 auf plus 5,2 Prozent p.a. (November) verteuert haben. Gemessen daran hat der traditionelle Inflationsschutz Gold allerdings ganz klar enttäuscht.
Dies lag vor allem an aufkommenden Zinsängsten. Während die EZB im kommenden Jahr höchstwahrscheinlich noch keine Zinserhöhung beschließen dürfte, hat die Fed den ersten Zinsschritt nach oben für Mitte 2022 in Aussicht gestellt. Darauf deutet auch das FedWatch-Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group hin. Derzeit wird nämlich eine Wahrscheinlichkeit von über 81 Prozent angezeigt, dass wir im Juni höhere Zinsen als heute sehen werden. Bei der für Anfang Mai anberaumten Fed-Sitzung fällt dieser Wert mit 61 Prozent deutlich niedriger aus.
Das Argument, dass die Attraktivität von Gold aufgrund von steigenden Opportunitätskosten (Zinsverzicht) leiden könnte, sollte aus folgenden Gründen mit Vorsicht genossen werden. Erstens: Bereinigt um die Inflation werden wir wohl diesseits wie jenseits des Atlantiks weiterhin negative Realzinsen sehen, was normalerweise Investments in Gold besonders attraktiv macht. Zweitens: Da die Staatsschulden weltweit seit vielen Jahren stark gestiegen sind, dürften signifikant höhere Zinsen eher ausblieben, schließlich dürfen Zinszahlungen und die Refinanzierung der Schuldenberge auf keinen Fall gefährdet werden.
Starke Nachfrage in diesen drei Marktsegmenten
Anhaltend starkes Nachfrageinteresse konnte man in diesem Jahr u.a. beim Handel von Anlagegold in Form von Barren und Münzen ausmachen. In den ersten neun Monaten verzeichnete dieses Marktsegment laut World Gold Council gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode einen Anstieg von 630,3 auf 856,9 Tonnen (+36,0 Prozent p.a.). Noch dynamischer fiel das Nachfragewachstum aufgrund der weltweiten Konjunkturerholung im Schmucksektor aus, der vor allem von China und Indien dominiert wird. Hier kletterte die Goldnachfrage in den ersten neun Monaten von 890,9 auf 1.323,3 Tonnen (+48,5 Prozent p.a). Einen Aspekt sollten Anleger bei der diesjährigen Analyse des globalen Goldmarktes auf keinen Fall außer Acht lassen. So hat sich die Nachfrage der internationalen Notenbanken bis Ende September gegenüber dem Vorjahreswert von 193,9 auf 393,3 Tonnen mehr als verdoppelt. In diesem Zusammenhang stellt sich daher folgende Frage: Gibt es einen nachvollziehbaren Grund, Gold nicht zu kaufen, wenn Institutionen mit einer solch ausgeprägten Geld-Expertise und -Erfahrung darauf besonders stark vertrauen? Eine Antwort erübrigt sich wohl.
Verkaufsdruck an den Terminmärkten und bei ETFs
In diesem Jahr wurde das gelbe Edelmetall durch zwei Marktsegmenten, in denen weniger das langfristige Investieren als vielmehr das kurzfristige Spekulieren im Vordergrund stand, besonders stark ausgebremst. Gemeint sind die Terminmärkte sowie der ETF-Sektor. Nur zur Erinnerung: In den ersten neun Monaten 2020 beliefen sich die Zuflüsse physisch hinterlegter Gold-ETFs auf mehr als 1.000 Tonnen. Ein Jahr später waren im selben Zeitraum Abflüsse im Volumen von über 155 Tonnen zu beklagen. Dass sich ein solch starker „Aderlass“ auf den Goldpreis negativ auswirken muss, scheint mehr als plausibel zu sein.
Mitverantwortlich für die schwache Performance des Goldpreises waren 2021 aber auch die spekulativen Marktakteure an den Terminmärkten, die in erster Linie durch eine wachsende Skepsis auf sich aufmerksam gemacht haben. Laut aktuellem Commitments of Traders-Report der US-Aufsichtsbehörde CFTC (Stand: 30.11.2021) haben zum Beispiel große Terminspekulanten (Non-Commercials) ihre Netto-Long-Position (mehrheitlich optimistisch gestimmt) seit Ende Dezember um 16 Prozent von 268.900 auf 225.900 Kontrakte zurückgefahren. Ähnlich negativ entwickelte sich die Stimmung unter den Kleinspekulanten (Non-Reportables). Deren Netto-Long-Position hat sich nämlich innerhalb von elf Monaten von 38.400 auf 32.700 Futures (-14,8 Prozent) reduziert.
Dies lässt den Schluss zu, dass sich im Jahresverlauf viel spekulatives Kapital aus Gold verabschiedet hat und in die Aktienmärkte geflossen ist, wo sich erheblich höhere Renditen verdienen ließen. Dabei wird über Käufe oder Verkäufe häufig lediglich auf Basis von Algorithmen trendfolgender Handelssysteme entschieden. In diesem Jahr erwies sich das Umschichten in Aktien zweifellos als richtige Entscheidung. Angesichts der Verunsicherung der Finanzmärkte ist die Möglichkeit jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass künftig viele wieder Gold-Futures oder ETFs kaufen werden.
Robert Hartmann erwartet 2022 neue Allzeithochs
Robert Hartmann, der Mitgründer von pro aurum, zeigte sich überrascht, dass die Korrektur seit dem im August 2020 erzielten Rekordhoch mehr oder weniger bis Ende dieses Jahres andauert. Insbesondere wenn man bedenkt, dass die Inflationsraten in den vergangenen Monaten Stände erreicht haben, die wir letztmals in den 90er-Jahren gesehen haben. Der Edelmetallprofi bemerkt: „Rechnet man die negativen Zinsen für Erspartes bei den meisten Banken hinzu, sehen wir aktuell rekordhohe negative Realzinsen. Das ist eigentlich ein ideales fundamentales Umfeld für steigende Goldkurse.“ Die schwache Goldperformance sei vor allem darauf zurückzuführen, dass das Großkapital die Ansicht der weltweit führenden Notenbanken teilt und davon ausgeht, dass sich die Inflation in den kommenden Monaten deutlich zurückbilden werde. Für Robert Hartmann sei dies aber keineswegs eine ausgemachte Sache. Sollte nämlich die Lohn-Preis-Spirale in Gang kommen, dürfte die Preissteigerung aller Voraussicht nach anhalten.
Hartmann sagt: „Unabhängig davon hat Gold in den vergangenen 20 Jahren bewiesen, dass es ein exzellenter Wertspeicher für das angesparte Vermögen ist.“ Er erinnert sich noch sehr gut an die Goldpreise des Jahres 2003, dem Gründungsjahr von pro aurum. Damals wurden die ersten Kilobarren noch mit Preisen unter 10.000 Euro an die Kundschaft verkauft. Heute sind mehr als 50.000 Euro für das Kilo fällig. Das spricht Bände und zeigt, dass es richtig war und ist, unserem damaligen und noch immer gültigen Rat zu folgen und 10 bis 15 Prozent des liquiden Geldvermögens in Gold anzulegen.
Hinsichtlich der weiteren Perspektiven des gelben Edelmetalls blickt Robert Hartmann unverändert zuversichtlich drein und sagt: „Sobald die Korrektur beendet ist, sollten im kommenden Jahr neue historische Höchststände zu erreichen sein.“ Wie weit es geht, vermag der erfahrene Edelmetallexperte allerdings nicht zu sagen. Dies hinge zum einen von der Entwicklung der realen Zinsen ab und zum anderen von geopolitischen Ereignissen, von denen heute noch niemand etwas weiß. Zu guter Letzt wagt er aber noch eine weitere Prognose und konstatiert: „Angesichts des inflationären Umfelds gehe ich davon aus, dass das gelbe Edelmetall im nächsten Jahr stärker steigen wird als die Standardaktien.“