Angebot kann industrielle Silbernachfrage nicht annähernd decken

Silber ist ein knapperes Gut, als es viele Zeitgenossen derzeit glauben. Zugegeben, als Edelmetall war das Silber schon immer seltener als andere Metalle und deshalb edler, aber soll es deshalb gleich knapp sein? Die Vergangenheit ist an dieser Stelle leider keine Vorlage für die Zukunft, denn heute gibt es die vollen Lager nicht mehr, auf die man früher bei Bedarf zurückgreifen könnte.

Schon seit einigen Jahren wird mehr Silber nachgefragt als gefördert wird und seit nunmehr vier Jahren in Folge ist der Silbermarkt inzwischen in einem Defizit. Bis 2016 wuchs die Silberförderung von Jahr zu Jahr und erreichte damals mit 900,1 Millionen Unzen oder 27.996 Tonnen ihren Höhepunkt. Damals lag der Silberpreis bei 13,30 US-Dollar je Unze.

Seitdem hat sich das Silber zwar merklich verteuert, auf die Minenproduktion hatte dieser Preisanstieg jedoch keine Auswirkung. Sie ging weiter zurück, sodass für das Jahr 2024 ein Minenangebot erwartet wird, dass voraussichtlich um 62,8 Millionen Unzen oder 1.954 Tonnen unter dem Höchststand von 2016 liegen wird. Das entspricht einem Rückgang von sieben Prozent.

Leer Lager können den steigenden Bedarf nicht dauerhaft decken

Das fehlende Silber wurde bislang dadurch ausgeglichen, dass auf die vorhandenen oberirdischen Lager zurückgegriffen wurde. Diese Lager gibt es selbstverständlich auch heute noch, nur dass sich in ihnen nicht mehr das Silber befindet, das benötigt wird, um die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage zu decken.

Nicht nur für den Bergbau, auch für die Industrie allgemein müsste deshalb nun ein lauter, nicht zu überhörender Weckruf erschallen. Er müsste dazu führen, dass einerseits mehr Silber gefördert wird und gleichzeitig die Anstrengungen massiv verstärkt werden, mehr Silber zu recyclen.

Das Angebot der Minen, das nun eigentlich steigen müsste, sinkt, sodass die immer noch wachsende Nachfrage nur durch die vorhandenen Lager gedeckt werden kann. Geschuldet ist die sinkende Minenproduktion den rückläufigen Erzerträgen. Allein in den letzten zehn Jahren ging der Silbergehalt der Erze um 22 Prozent zurück.

Der Weckruf ist längst erfolgt, doch eine angemessene Reaktion sucht man bislang vergebens

Nicht förderlich ist in dieser Situation, dass viele Silberproduzenten auch bei einem stark steigenden Silberpreis keine Notwendigkeit verspüren, ihre Produktion hochzufahren. Diese merkwürdige Beobachtung ist dem Umstand geschuldet, dass rund 72 Prozent des weltweit geförderten Silber nur als Beiprodukt gefördert werden.

Mit anderen Worten: Die Masse der Produzenten achtet nicht auf die Preise für Silber, sondern nur auf die Preise für ihr jeweiliges Hauptprodukt beispielsweise Gold, Blei oder Zink. Der Silberpreis könnte in diesem Zusammenhang explodieren, doch solange die Preise für Blei und Zink nicht ebenfalls stark steigen, wird wird keiner dieser Produzenten auf die Idee kommen, die eigene Minenproduktion zu erhöhen.

Bei den genuinen Silberminen ist die Lage ebenfalls alles andere als rosig. Das letzte Jahrzehnt war hart. Viele Unternehmen erwirtschafteten nur kleine Gewinne oder machten sogar Verluste. Gespart wurde deshalb überall wo es möglich war, besonders bei der Exploration und bei den Investitionen. Beide Aspekte sind aber zwingend notwendig, sollen neue Silberprojekte erschlossen und in Produktion gebracht werden.

Recyclingsilber könnte die Lösung sein, ist es aber nicht

Retten könnte die Lage ein gut ausgebautes Recyclingsystem. Dieses gab es noch in den 1990er Jahren, als ein großer Teil des wiederzugewinnenden Silbers aus der analogen Fotographie stammte. Heute werden jedoch lediglich zwischen 20 und 25 Prozent des verarbeiteten Silbers durch Recyclingprozesse wiedergewonnen. Zum Vergleich: Beim wesentlich teureren Gold liegt dieser Anteil bei 80 bis 90 Prozent.

Zu den aktuellen Preisen macht es keinen Sinn, Silber zu recyclen. Die Kosten sind höher als die zu erwartenden Gewinne. Solange dies so bleibt, ist zu erwarten, dass der Anteil des Recyclingsilbers auch weiterhin sehr klein bleiben wird und damit nicht dazu beitragen kann, die Lage kurzfristig zu entspannen.

Eine der großen Unbekannten in diesem Spiel ist China. Die Volksrepublik ist nach Mexiko der zweitgrößte Silberproduzent der Welt. Gleichzeitig werden große Mengen an Silberkonzentrat aus Lateinamerika nach China transportiert und dort aufbereitet. So weit so schlecht, denn die chinesische Führung hat kürzlich entschieden, die Ausfuhr von Silber zu beschränken.

Auch die Gerichte beeinträchtigen die Silberproduktion

Daneben haben die Minen auch mit anderen zum Teil selbstgemachten Problemen zu kämpfen. So förderte die Escobal-Mine in Guatemala im Jahr 2016 noch 21 Millionen Unzen Silber. Das entspricht 653 Tonnen. Heute produziert diese Mine kein Silber mehr, denn 2017 wurde der Bergbau per Gerichtsbeschluss bis auf weiteres untersagt. Das Verfassungsgericht in Guatemala bestätigte ein Jahr später die Stilllegung mit der Begründung, dass die gesetzlich vorgeschriebene Konsultation der lokalen indigenen Gemeinde unterlassen worden sei.

Nun läuft das gerichtlich angeordnete Konsultationsverfahren mit dem Volk der Xinka. Doch niemand kann sagen, wann und wie es enden wird. In einem ähnlich gelagerten Fall in Panama entschied der Oberste Gerichtshof im Jahr 2023, dass der Betrieb der Cobre-Panama-Mine von First Quantum verfassungswidrig sei. Obwohl First Quantum auf der Mine als Hauptprodukt Kupfer förderte, waren die Auswirkungen auf die Silberproduktion enorm, denn erneut wurden vom einen Tag auf den anderen 2,8 Millionen Unzen oder 87 Tonnen Silber vom Markt genommen.

Der Silbermarkt ist damit wesentlich fragiler als viele Investoren es derzeit erwarten. Je länger die hohe Nachfrage anhält und je leerer die Lager werden, umso härter dürfte der Kampf um das Silber werden. Dass der Preis in einem solchen Szenario immer noch auf dem heutigen Niveau liegen wird, ist dabei eher nicht zu erwarten.

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