Der Goldpreis bleibt volatil und kann die Marke von 4.000 USD pro Unze zunächst nicht halten – die Analysten von Metals Focus dennoch mit neuen Rekorden.
In ihrem aktuellen Bericht „Precious Metals Investment Focus“ erwarten sie für 2026 einen Anstieg des Goldpreises auf bis zu 5.000 US-Dollar (!) und einen durchschnittlichen Jahrespreis von rund 4.560 US-Dollar – etwa 33 % über dem bisherigen Jahresdurchschnitt. Parallel sehen sie auch Silber auf dem Vormarsch, mit einem möglichen Hoch bei 60 US-Dollar und einem erwarteten Durchschnitt von 57 US-Dollar je Unze.
Laut Metals Focus stützen mehrere Faktoren den Goldpreis in den kommenden Quartalen. An erster Stelle nennen die Analysten die anhaltende Unsicherheit rund um die US-Handelspolitik und ihre Folgen für die Weltwirtschaft. In einem Umfeld erhöhter Inflationsrisiken und fragiler Marktstimmung bleibe Gold als Sicherer Hafen gefragt, heißt es.
Zudem könnte eine weitere Lockerung der Geldpolitik der US-Notenbank (Fed) die Opportunitätskosten des unverzinsten Edelmetalls senken. Selbst wenn die Zinssenkungen weniger aggressiv ausfallen würden als von Teilen des Marktes erwartet, würden niedrigere Realrenditen die Attraktivität von Gold erhöhen. Hinzu kommen geopolitische Spannungen und fortgesetzte Käufe des offiziellen Sektors (Zentralbanken), die nach Einschätzung der Analysten einen wichtigen Beitrag zur Nachfrage leisten dürften. Auch Zweifel an der Unabhängigkeit der Fed sowie wachsende fiskalische Belastungen in den USA könnten die US-Dollar-Attraktivität dämpfen – ein Umfeld, das historisch oft Rückenwind für den Goldpreis bedeutet hat.
Kurzfristig bleibt das Umfeld allerdings schwankungsanfällig: Zu Wochenbeginn notierte Spot-Gold zuletzt nur noch knapp über der Marke von 3.9oo US-Dollar je Unze – mehr als 2 % tiefer auf Tagesbasis und nach einem hohen Verlust bereits in der vergangenen Woche. Metals Focus betont, dass die Anlegerallokationen in Gold trotz jüngster Zuflüsse weiterhin unter den Niveaus nach der Finanzkrise 2008 liegen. Daraus leiten die Analysten Spielraum für zusätzliche Mittelzuflüsse ab, insbesondere von Investoren mit mittel- bis langfristigem Horizont.
Silber: Aufschwung mit industriellem Rückhalt – aber mit eigenen Zyklen
Für Silber zeichnet Metals Focus ebenfalls ein positives Bild: Ein Anstieg auf 60 US-Dollar sei möglich, getragen von Investmentnachfrage und weiterhin robuster industrieller Verwendung. Trotz hoher Preise rechnen die Analysten damit, dass Substitution und Materialeinsparungen („Thrifting“) nur schrittweise greifen – viele Anwendungen benötigten Zeit, um technische Anpassungen vorzunehmen.
Gleichzeitig erwarten die Experten eine Erholung der Barren- und Münznachfrage, unterstützt durch einen lebhaften Markt in Indien. Kurzfristig bleibt die Lage jedoch nervös: Spot-Silber fällt im europäischen Handel unter die Marke von 46,00 US-Dollar je Unze (–2,31 % am Tag bisher), nachdem der Preis bereits in der Vorwoche rund 6 % abgegeben hatte.
Mit Blick auf den Gold-Silber-Preisabstand (Gold-Silber-Ratio) gehen die Analysten von Phasen aus, in denen Silber Gold übertrifft – insbesondere in der Frühphase des Prognosezeitraums. Ab Mitte 2026 erwarten sie hingegen wieder eine stärkere Entwicklung von Gold gegenüber Silber. Gründe könnten u. a. ein nachlassender Kupfer-Impuls, hohe Silberpreise mit dämpfender Wirkung auf die Nachfrage und ein Abfließen von Lagerbeständen aus Ostasien gen London sein.

Marktstruktur: Enge Liquidität bei Silber und globale Lieferketten
Ein zentrales Thema im Bericht sind die Lieferketten und die physische Verfügbarkeit von Silber. In den vergangenen zwölf Monaten seien beträchtliche Mengen an physischem Metall in New Yorker Lagerhäuser geflossen – ausgelöst u. a. durch politische Risiken und Tarifdebatten in den USA. Folge: Engpässe in London, wo die dortigen Bestände zeitweise deutlich zurückgingen.
Diese Verlagerung traf auf eine steigende Investmentnachfrage sowie Rekordimporte nach Indien und führte zu einer ausgeprägten Spannung zwischen Spot- und Terminpreisen (CME-Futures). Parallel kletterten die Leasingraten für Silber zeitweise auf Rekordniveaus – ein Indiz für knappe physische Liquidität. Metals Focus rechnet damit, dass die Situation kurzfristig angespannt bleibt, solange strukturelle Defizite und politisch bedingte Unsicherheiten einen Teil der Bestände in den USA binden.
Fazit: Was Gold betrifft, verbinden die Analysten einen kurzfristig holprigen Verlauf mit einem Szenario neuer Höchststände im Jahresverlauf 2026. Treiber sind ihrer Ansicht nach geldpolitische Weichenstellungen, anhaltende Sicherer-Hafen-Nachfrage, Zentralbankkäufe und geopolitische Risiken. Für Silber bleibt laut Metals Focus die industrielle Komponente zentral – auch wenn höhere Preise Unternehmen motivieren könnten, Materialeinsatz zu verringern oder Alternativen zu prüfen. Wichtig ist den Analysten die Unterscheidung zwischen Tagesbewegungen und strukturellen Trends: Während Spot-Notierungen zuletzt deutliche Ausschläge zeigten, zielt der Bericht auf die mittelfristige Perspektive ab.