Stand: 17.04.2025 von Florian Grummes
Mit 3.357 US-Dollar erreicht der Goldpreis am Gründonnerstag ein neues Allzeithoch im asiatischen Handel. Trotz der stark überkauften Lage und zuletzt fast vertikalen Anstiegen nimmt die spektakuläre Rallye kein Ende, sondern wurde durch den eskalierenden Handelskrieg zwischen den USA und China in den letzten zwei Wochen noch verschärft.
Silber hingegen bleibt nach wie vor im Windschatten des haussierenden Goldpreises zurück und zeigt noch immer kein wirkliches Eigenleben. Trotzdem konnten sich die Silbernotierungen nach einem heftigen Einbruch bis auf 28,33 US-Dollar in den letzten neun Handelstagen (!) bis auf über 33,11 US-Dollar immerhin schnell und deutlich erholen.
Trotzdem notiert das Gold/Silber-Ratio bei 102,3 und erinnert an die extremen Marktverzerrungen während des Covid-Crashs im März 2020.
ETF-Gold-Bestände, vom 16. April 2025. Quelle: Holger Zschäpitz
Die Ankündigung drastischer US-Zölle von bis zu 245 % auf chinesische Importe verschärfte die Handelsspannungen zwischen den beiden konkurrierenden Supermächten massiv und führte zu erheblicher Verunsicherung und einem vorübergehenden Crash an den globalen Finanzmärkten.
Vor allem der Goldpreis profitierte nach einem kurzen, aber scharfen Rücksetzer auf 2.955 US-Dollar ganz erheblich von der explodierenden Risikoaversion.Innerhalb von neun (!) Handelstagen stiegen die Goldnotierungen um 13,6 % bzw. über 400 US-Dollar auf ein neues Rekordniveau an.
Dabei sorgt nicht nur die extrem starke Nachfrage aus China für den steilen Preisanstieg. Auch die westlichen Anleger flüchten offensichtlich in den Goldmarkt, denn die Gold-ETFs bzw. die Goldfonds verzeichnen zuletzt starke Zuflüsse.
Parallel dazu nähren Chinas verschärfte Exportbeschränkungen für seltene Erden die Ängste vor einem langanhaltenden Handelskonflikt. Diese für die globale Lieferketten in Verteidigung, Technologie und Fertigung essentiellen Rohstoffe unterstreichen Chinas strategisch errungene Monopolstellung, während der Westen Investitionen in diese Rohstoffe vernachlässigte.
Diese Dynamik verstärkt die Attraktivität von Gold und Silber als Absicherung gegen Handelsstörungen, Inflation und Marktvolatilität, was das stark bullische Umfeld für die beiden Edelmetalle nicht nur kurz- sondern auch mittelfristig weiter stützt.
Shanghai Silber-Bestände, vom 14. April 2025. Quelle: Inproved Analytics
Während Gold mit 3.350 USD eine nächste wichtige Widerstandszone angreift, kam der Silberpreis zuletzt nicht über die Marke von 33 US-Dollar. Gleichzeitig sind die physischen Silberreserven an der Börse in Shanghai auf den niedrigsten Stand seit acht Monaten gefallen. Seit Jahresbeginn betragen die Abflüsse rund 447 Tonnen.Die Leerung der Silber-Tresore geht also weiter.
Zusammen mit der stark bullischen fundamentalen Lage, welche durch ein anhaltendes Angebotsdefizit, steigende Produktionskosten und starke industrielle Nachfrage aus China und Indien geprägt ist, lässt sich für den Silbermarkt früher oder später eine ähnlich spektakuläre Preisentwicklung wie beim Gold erwarten.
Der dramatische Rückgang der Silberbestände in Shanghai unterstreicht die Knappheit und könnte bei weiteren Lieferengpässen zu einer Preiseskalation führen.
Silber in US-Dollar – Tageschart
Silber in US-Dollar, Tageschart vom 17. April 2025. Quelle: Tradingview
Aus technischer Sicht kommt der Silberpreis nach wie vor nicht in die Gänge. Zwar steht seit Jahresbeginn ein Plus von rund +11,67 % zu Buche, doch angesichts der fulminanten Rallye am Goldmarkt sind Silberanleger zu Recht etwas enttäuscht.
Während der Goldpreis von einem Allzeithoch zum nächsten eilt, scheiterte Silber hingegen Ende März mit 34,58 US-Dollar bereits klar unterhalb seines Oktober-Hochs bei 34,89 US-Dollar.
Als es dann vor zwei Wochen an den Aktienmärkten zu einem Mini-Crash kam, wurde auch das Silber hart getroffen und rutschte kurzzeitig deutlich bis auf 28,31 US-Dollar ab.
Immerhin konnten sich die Silbernotierungen seitdem schnell und v-förmig erholen. Alle schwachen Hände dürften mit diesem Rücksetzer allerdings erstmal abgeschüttelt worden sein. Trotzdem konnte die Marke von 33 US-Dollar bislang noch nicht nachhaltig zurückerobert werden. Stattdessen scheinen die Bullen um die 50-Tagelinie (32,52 US-Dollar) erstmal Luft holen zu müssen.
Auf dem Tageschart hat der scharfe Rücksetzer mit der anschließenden Erholung jedenfalls ein neues Kaufsignal beim Stochastik-Oszillator generiert. Das obere Bollinger Band liefert aktuell Platz bis ca. 35,34 US-Dollar. Solange sich der Goldpreis halbwegs stabil halten kann oder sogar weiter nach oben marschiert, sollte sich auch der Silberpreis seinen entscheidenden Widerstandsmarken um 33 und 35 US-Dollar wieder annähern können.
Übergeordnet erwarten wir weiterhin, dass der Silberpreis bis zum Frühsommer zu seinem typischen Sprint auf der Zielgeraden ansetzen wird. Bislang fehlen allerdings klare Beweise dafür, dass die Silberbullen tatsächlich in Kürze das Kommando übernehmen werden.
Silber – Eiskalte Dusche hat den Markt bereinigt
Insgesamt konnte der Silberpreis bislang nicht vom eskalierenden Handelskrieg und der spektakulären Rallye am Goldmarkt profitieren. Stattdessen mussten die Silberbullen vor zwei Wochen zunächst eine eiskalte Dusche wegstecken.Allerdings könnte diese den Silbermarkt von allen schwachen Händen befreit haben.
Da die fundamentale Ausgangslage für den Silbermarkt durch das anhaltende Angebotsdefizit, die steigenden Produktionskosten sowie die starke industrielle Nachfrage weiterhin extrem bullisch bleibt, sollte es nur eine Frage der Zeit sein, bis Silber endlich ein eigenständiges Momentum entwickeln kann.
Die Saisonalität ist den Edelmetallen jedenfalls noch bis Mitte Mai wohlgesonnen. Dabei hat Silber das Potenzial, innerhalb weniger Wochen gewaltige Kursanstiege aufs Parkett zu zaubern. Schon mit Kursen oberhalb von 33,10 US-Dollar (76,4 %-Retracement der kalten Dusche) und allerspätestens mit Kursen oberhalb von 35 US-Dollar sollten die Ausbruchsrallye Fahrt aufnehmen und doch noch für eine fulminante Aufholjagd in Richtung von ca. 38 bis 40 US-Dollar bzw. evtl. sogar ca. 50 US-Dollar sorgen.