Seltene Erden: Chinas Exportauflagen erhöhen Risiken – Goldman Sachs

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Seltene Erden stehen erneut im Fokus: In einer aktuellen Analyse warnt Goldman Sachs vor wachsenden Störungen entlang der globalen Wertschöpfungskette – von der Förderung über die Raffination bis hin zur Magnetproduktion. Besonders die starke Stellung Chinas bei den an und für sich gar nicht so Seltenen Erden könne sich demnach als Hebel in geopolitisch angespannten Zeiten erweisen. Bereits am 9. Oktober hatte Peking seine Exportauflagen ausgeweitet, fünf weitere Elemente auf die Liste gesetzt und die Prüfung für Halbleiteranwender verschärft. Für Branchen von Elektronik über Elektromobilität bis zur Rüstungsindustrie sind das relevante Signale.

Chinas Kontrolle über Seltene Erden und die Folgen

Laut Goldman Sachs entfallen rund 69 % der weltweiten Förderung, 92 % der Raffination und 98 % der Magnetherstellung für Seltene Erden auf China. Die Abhängigkeit ist damit entlang der gesamten Kette hoch. Seltene Erden – ein Sammelbegriff für eine Reihe metallischer Elemente – sind unverzichtbar in Permanentmagneten, Batterien, Hochleistungsprozessoren, Sensorik, Katalyse-Anwendungen und zahlreichen Verteidigungssystemen. Zwar beläuft sich der Marktwert der Seltenen Erden auf rund 6 Mrd. US-Dollar und ist damit gemessen am Kupfermarkt relativ klein (Kupfer ist etwa 33-mal größer), doch die ökonomische Hebelwirkung ist erheblich: Bereits ein zehnprozentiger Produktionsausfall in REE-abhängigen Industrien könnte laut der Bank rund 150 Mrd. US-Dollar an Wirtschaftsleistung kosten und zusätzlich Inflationsdruck erzeugen.

Die jüngsten Exportregeln verdeutlichen, wie schnell sich Rahmenbedingungen ändern können. Für Unternehmen entlang der Lieferkette – vom Rohstoffbezug bis zur Endmontage – rücken Versorgungssicherheit, Diversifizierung der Bezugsquellen und Transparenz über kritische Vorprodukte weiter in den Vordergrund. Für Seltene Erden zählt dazu vor allem der Zugang zu Raffinadeprodukten und Magneten.

Exportauflagen: besonders exponierte Elemente und LRE/HRE-Unterschiede

Goldman Sachs nennt Samarium, Graphit, Lutetium und Terbium als besonders anfällig für Exportbeschränkungen. Samarium ist unter anderem in Samarium-Kobalt-Magneten verbaut, die hohe Temperaturbeständigkeit bieten und deshalb etwa in Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigungstechnik eingesetzt werden. Lutetium und Terbium sind in verschiedenen Hightech-Anwendungen verbreitet; Engpässe könnten sich schnell auf Downstream-Industrien und deren Wertschöpfung auswirken. Auch leichte Seltene Erden (LRE) wie Cer und Lanthan sieht die Bank als potenzielle Zielgrößen für weitergehende Auflagen, da China bei Förderung und Raffination dominiert.

Ein weiterer Schwerpunkt ist Neodym-Praseodym-Oxid (NdPrO), ein Kernrohstoff für Hochleistungs-Permanentmagnete, die in Windkraftanlagen, Elektroantrieben und Präzisionsmotoren verwendet werden. Goldman Sachs rechnet hier mit Angebotsdefiziten. Obwohl westliche Produzenten – etwa Lynas Rare Earths (ASX: LYC) in Australien, MP Materials (NYSE: MP) in den USA oder Chemie-Player wie Solvay (EBR: SOLB) – prinzipiell zur Entschärfung beitragen können, bleibt die strukturelle Abhängigkeit von China insbesondere bei Vorprodukten und Prozessschritten bestehen.

Unabhängige REE-Ketten: lange Vorläufe und technologische Hürden

Der Aufbau eigenständiger Lieferketten für Seltene Erden ist ein politisches Ziel in mehreren Ländern, trifft jedoch auf Hürden. Laut Goldman Sachs sind vor allem schwere Seltene Erden (HRE) außerhalb Chinas und Myanmars knapp: Vorkommen sind häufig klein, niedriggradig oder mit Radioaktivitätsthemen verbunden. Bis ein neues Bergwerk in Produktion geht, vergehen typischerweise acht bis zehn Jahre – inklusive Genehmigungen, Finanzierung und Infrastruktur.

Auch die Raffination ist anspruchsvoll. Sie erfordert spezielles Know-how, umfangreiche Anlagen und ein enges Qualitäts- sowie Umweltmanagement; Neubauten schlagen mit etwa fünf Jahren Vorlauf zu Buche. Hinzu kommt die Magnetfertigung: Produktionskapazitäten außerhalb Chinas entstehen zwar in den USA, Japan und Deutschland, stoßen aber an Grenzen, solange kritische Inputs – etwa Samarium oder bestimmte Legierungen – ihrerseits stark aus China bezogen werden. Damit rücken Zwischenstufen der Wertschöpfung in den Fokus: Ohne gesicherte Versorgung bei Oxiden, Carbonaten und Metallen bleibt die Magnetproduktion verwundbar.

Marktimplikationen und Blick auf Unternehmen

Für den Kapitalmarkt verweist die Analyse auf die wachsende Bedeutung von Versorgungssicherheit als Bewertungsfaktor – quer durch Sektoren von Automobilität über Energie bis Elektronik. Goldman Sachs nennt neben Lynas Rare Earths und MP Materials auch Iluka Resources (ASX: ILU) als relevante Rohstoff- und Prozessanbieter im Umfeld der Seltenen Erden. Die Bank betont zugleich, dass die Risikoexposition nicht auf Seltene Erden beschränkt ist: Auch andere kritische Rohstoffe könnten von geopolitischen Spannungen und Exportauflagen erfasst werden, darunter Kobalt sowie Energierohstoffe wie Öl und Erdgas.

Für Industrienutzer heißt das: Strategische Lagerhaltung, langfristige Abnahmeverträge, Recycling-Programme und die Diversifizierung über mehrere Jurisdiktionen gewinnen an Gewicht. Parallel arbeiten Regierungen an Förderprogrammen, vereinfachten Genehmigungen und Partnerschaften, um die Abhängigkeit zu verringern. Kurzfristig bleibt die Lage jedoch asymmetrisch – insbesondere dort, wo China bei Seltene Erden über hohe Marktanteile und Prozesskompetenz verfügt.

Fazit: Seltene Erden bleiben ein neuralgischer Punkt moderner Industrieproduktion. Die Kombination aus chinesischer Marktmacht, verschärften Exportregeln und langen Vorlaufzeiten für neue Kapazitäten erhöht die Anfälligkeit der Lieferketten. Für die betroffenen Branchen dürfte damit die Frage nach Planbarkeit und Resilienz noch stärker in den Mittelpunkt rücken – vom Rohstoff über die Raffination bis zum Magnet.

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