Am 22. April 2025 überschritt der Spotpreis für eine Feinunze Gold am frühen Vormittag erstmals die Marke von 3.498,69 US‑Dollar bzw. 3.034,99 € und übertraf damit das Vortageshoch um fast 70 Dollar. Dieses Allzeithoch ist weit mehr als ein statistischer Ausreißer: Es ist ein sichtbarer Ausdruck eines neuen, von multiplen Kräften getragenen Gold‐Supertrends.
Warum schießt Gold in neue Höhen?
Der jüngste Preissprung hat mehrere ineinandergreifende Ursachen. Erstens eskaliert der Handelskonflikt zwischen den USA und China erneut, nachdem Präsident Trump zusätzliche Strafzölle in Aussicht gestellt und zugleich die Federal Reserve wegen angeblich zu restriktiver Geldpolitik attackiert hat. Solche machtpolitischen Scharmützel erhöhen das wahrgenommene Tail‑Risk in der Weltwirtschaft – ein klassischer Nährboden für den „sicheren Hafen“ Gold.
Parallel dazu kaufen Zentralbanken seit 2022 in kaum gekanntem Tempo: Russland, China, aber auch mehrere Schwellenländer haben ihre Reserven im ersten Quartal 2025 laut JP Morgan bereits um insgesamt rund 710 Tonnen aufgestockt. Diese strukturelle Nachfrage entzieht dem Markt physisches Metall und schafft einen stabilen Boden.
Nicht zu unterschätzen ist schließlich die technische Komponente. Der Durchbruch über 3.300 $ am 16. April und 3.400 $ am 21. April löste eine Welle algorithmischer Kaufprogramme aus. Allein am 21. April wurden laut CME Group über 615.000 Gold‑Futures‑Kontrakte gehandelt – das Vierfache eines gewöhnlichen Tages. Der darauf folgende Short‑Squeeze beschleunigte die Bewegung, während eine robuste physische Nachfrage aus China und Indien – befeuert von Steuererleichterungen für Goldschmuck und bevorstehenden Wahlen – jeden Rücksetzer rasch aufsaugte.
Angebot bleibt angespannt
Auf der Angebotsseite lauern zusätzliche Preistreiber. Großprojekte wie Newmonts Ahafo‑North‑Erweiterung in Ghana oder Barricks binationales Pascua‑Lama‑Vorhaben an der argentinisch‑chilenischen Grenze verzögern sich um mindestens ein Jahr, weil Finanzierungskosten steigen und ESG‑Auflagen verschärft wurden. Gleichzeitig verharren die weltweiten Recycling‑Lieferungen laut World Gold Council bei etwa 1.120 Tonnen – rund zehn Prozent unter dem Zehnjahresdurchschnitt –, da viele Privathaushalte ihr Altgold angesichts der Kursrallye eher horten als verkaufen.
Ausblick bis 2026
Investmentbanken passen ihre Prognosen daher nach oben an. JP Morgan sieht den Goldpreis bis Ende 2025 im Bereich von 3.675 $ und hält ein Überschreiten der 4.000‑$‑Marke im zweiten Quartal 2026 für realistisch, sofern das globale Wachstum schwach bleibt und die Zentralbanken weiter zukaufen. Goldman Sachs stuft 3.800 $ als Basisszenario ein, nennt aber 4.500 $ als potenzielles Extremziel, falls geopolitische Spannungen eskalieren und die Realzinsen tief im negativen Terrain verharren.
Risiken im Blick
Gleichwohl ist die Rallye nicht risikolos. Ein abrupter Anstieg realer US‑Zinsen, etwa durch eine überraschend rasche Inflationsabkühlung oder zusätzliche Fed‑Straffung, könnte den Höhenflug stoppen. Ein stärkerer US‑Dollar würde den Goldpreis in anderen Währungen dämpfen, und ein Rückgang der Zentralbankkäufe – zum Beispiel bei einer strategischen Umschichtung der chinesischen Devisenreserven – würde den strukturellen Rückenwind verringern.
Chancen für Anleger
Für Investoren ergeben sich unter diesen Vorzeichen attraktive Hebel. Gut kapitalisierte Produzenten mit All‑in Sustaining Costs deutlich unter 1.300 $ – etwa Agnico Eagle, Lundin Gold oder die australische Northern Star – könnten ihre Margen überproportional ausweiten. Royalty‑ und Streaming‑Gesellschaften wie Franco‑Nevada oder Sandstorm Gold bieten inflationsgeschützte Cashflows ohne operatives Minenrisiko. Wer maximale Sicherheit sucht, kann physisches Gold mehrwertsteuerfrei in Schweizer Zollfreilagern lagern oder auf physisch hinterlegte ETCs wie Xetra‑Gold und Euwax Gold II zurückgreifen.
Fazit
Das Ankratzen der 3.500‑$‑Schwelle markiert keinen Endpunkt, sondern den Beginn einer neuen Preisregion, die vor wenigen Jahren kaum denkbar schien. Geopolitische Unsicherheit, anhaltende Zentralbanknachfrage und negative Realzinsen bilden ein solides Fundament, auf dem der Goldpreis weiter aufbauen kann. Kurzfristige Korrekturen bleiben wahrscheinlich, doch strategisch ausgerichtete Anleger sollten qualitative Produzenten und Royalty‑Plattformen im Blick behalten und physisches Gold als Versicherung gegen die Unwägbarkeiten der Finanzmärkte nutzen. Wer dieses Umfeld richtig navigiert, könnte die ersten sein, die den Sprung über 4.000 US‑Dollar als nächste historische Marke erleben.