Gold bleibt Thema Nummer eins an den Rohstoffmärkten: Trotz Notierungen über 4.300 US-Dollar je Unze sieht JPMorgan weiterhin Rückenwind für das Edelmetall. In aktuellen Medienaussagen erläutern Strategen der US-Bank, warum Angebot und Nachfrage den Goldpreis stützen – und weshalb Anleger die Rolle von Gold im Portfolio nüchtern einordnen sollten.
Gold im Fokus: Zinszyklus, Dollar und Zentralbanken
Marcella Chow, Market Strategist bei JP Morgan Asset Management, verweist zum Beispiel auf eine Kombination aus geldpolitischem Umfeld und struktureller Nachfrage. Entscheidend seien der fortgesetzte Zinssenkungszyklus in den großen Volkswirtschaften und eine mittelfristig schwächere Entwicklung des US-Dollars. Beides wirke historisch oft positiv auf Gold, da sinkende Realzinsen die Opportunitätskosten des Haltens des Edelmetalls reduzieren und ein weicherer Dollar internationale Käufer stützen würde.
Auf der Nachfrageseite hebt Chow mehrere Säulen hervor: anhaltende Käufe von Zentralbanken – besonders in Schwellenländern –, robuste Schmucknachfrage in China und Indien sowie ein insgesamt breiteres Interesse institutioneller Investoren. Zusammengenommen liefere dies „unterstützende Fundamentaldaten“ für Gold, auch bei den aktuell hohen Goldpreisen.
Angebot bleibt knapp: Minensektor als Nadelöhr
Neben der Nachfrage rückt die Angebotsseite in den Blick. Laut Chow ist das physische Angebot an Gold begrenzt. Der globale Minensektor sehe sich seit Jahren mit geologischen, genehmigungsrechtlichen und kostenseitigen Hürden konfrontiert. Neue Großlagerstätten sind selten, Projektanläufe dauerten zunehmend länger. Im Ergebnis wachse die jährliche Primärförderung weit weniger dynamisch als etwa die Geldmenge oder die weltweite Verschuldung. Für den Goldmarkt bedeutet das: Selbst bei stabiler Nachfrage kann eine starre Angebotskurve Preisaufwärtsbewegungen verstärken.
Gleichzeitig weisen Marktteilnehmer darauf hin, dass Recyclingströme – traditionell ein Puffer bei hohen Preisen – nicht automatisch proportional zum Preis steigen. Kultur- und Saisoneffekte, etwa im Schmucksektor, spielen hier eine Rolle. Auch dies unterstreicht, dass die Angebotselastizität von Gold begrenzt bleibt.
Diversifikation statt Schutzschild: Wie Gold im Portfolio einzuordnen ist
Trotz der positiven Stützfaktoren mahnt JPMorgan zur sachlichen Einordnung. Gold generiere keine laufenden Erträge und könn kurzfristig deutlich schwanken. Außerdem sei die oft unterstellte negative Korrelation zu Aktien über verschiedene Marktphasen hinweg weniger stabil, als vielfach angenommen. Aus Sicht der Bank kann Gold daher einen Beitrag zur Diversifikation in der Vermögensaufteilung leisten – weniger jedoch als verlässlicher Schutz gegen jede Form von Marktschwankung.
Diese Einordnung spiegelt sich auch in weiteren Stimmen aus dem Haus wider. JPMorgan-CEO Jamie Dimon sagte am 14. Oktober, es könne in der aktuellen Gemengelage vertretbar sein, Gold beizumischen – obwohl er sich selbst nicht als typischen Goldbefürworter sieht. In Extremszenarien sei eine Preisverdopplung vom Rekordniveau aus nicht auszuschließen, so Dimon. Gleichzeitig betonte er, dass Bewertungen vieler Anlageklassen generell hoch wirkten, was für ein umsichtiges Risikomanagement spreche.
Bereits im Mai hatte Grace Peters, Global Head of Investment Strategy bei JPMorgan, die Rolle von Gold in einer diversifizierten, geographisch breiter aufgestellten Allokation hervorgehoben. Ihr Team sah damals ein Umfeld mit moderatem Wachstum und behutsamen Zinssenkungen – eine Konstellation, in der Gold aus strukturellen Gründen gut unterstützt sein könne. Als Preistreiber nannte sie insbesondere die anhaltenden Käufe von Notenbanken aus Schwellenländern sowie potenzielle Zuflüsse in börsengehandelte Produkte (ETFs). Zudem könnten Nachfrageimpulse aus Schmuck- und Technologieanwendungen bei positiver Konjunkturentwicklung robust bleiben.
Ausblick: Was den Goldpreis jetzt bewegt
Kurzfristig dürften vor allem Datenpunkte zu Inflation, Arbeitsmarkt und Kommunikation der großen Zentralbanken die Erwartungen an die Zinsentwicklung prägen – ein zentraler Taktgeber für Gold. Währungsentwicklungen bleiben ebenfalls wichtig: Ein nachgebender US-Dollar macht das Edelmetall für Käufer außerhalb der USA günstiger. Auf der strukturellen Ebene behalten Marktbeobachter die Nettokäufe von Zentralbanken im Blick, da sie die fundamentale Nachfrageseite für Gold beeinflussen.
Gold bleibt also ein global gehandelter Sachwert, dessen Preis durch makroökonomische Faktoren, Zentralbankaktivität, Schmuck- und Industrietrends sowie die Entwicklung des Minenangebots bestimmt wird. Die Aussagen von JPMorgan zeichnen ein Bild, in dem die Unterstützung von der Fundamentalseite anhält – gleichzeitig aber die Einsatzrolle von Gold im Portfolio als Baustein zur Diversifikation und nicht als universelles „Sicherheitsnetz“ verstanden werden sollte.