Stand: 27.06.2025 von Florian Grummes
Nach wie vor konsolidiert der Goldmarkt die beeindruckenden Kursgewinne der ersten vier Monate dieses Jahres. Zwar wurde die bullische Ausgangslage zu keinem Zeitpunkt ernsthaft in Frage gestellt, die hohe Volatilität sorgte in den letzten zwei Monaten aber für eine wilde Achterbahnfahrt zwischen 3.120 und 3.450 US-Dollar.
Mit einer mehrwöchigen Erholung um über 10 % ließen die Bullen dabei zwischenzeitlich ihre Muskeln spielen. Gleichzeitig gelang es den Bären zweimal erfolgreich, die Ausbruchversuche über die Marke von 3.430 US-Dollar zu vereiteln. In den letzten 11 Tagen kam es schließlich zu einem deutlichen Rückgang der Goldpreise um rund 195 US-Dollar. Kurz vor dem Wochenende scheint allerdings die Marke von 3.255 US-Dollar möglicherweise einen Wendepunkt bzw. zumindest einen vorübergehenden Tiefpunkt einleiten zu können.
Anteil von Gold an den weltweiten Devisenreserven vom 16. Juni 2025. © Money Metals
Trotz der derzeit gesunden und notwendigen Konsolidierungsphase bleibt der übergeordnete Gold-Bullenmarkt klar intakt. Zahlreiche fundamentale Faktoren stützen den anhaltenden Aufwärtstrend, darunter:
- Wachsende Bedeutung als Reserve-Asset: Der Anteil von Gold an den internationalen Reserven hat sich seit 2015 verdoppelt und liegt laut World Gold Council (Stand: 3. Juni 2025) mittlerweile bei über 20 %.
- Chinas strategische Goldkäufe: China kauft seit Jahren in großem Umfang Gold, um seine Abhängigkeit vom US-Dollar zu verringern und seine Währungsreserven zu diversifizieren. Diese Entwicklung verstärkt die globale Nachfrage nach Gold und unterstreicht dessen Rolle als geopolitisch relevantes Reserve-Asset.
- Historisch schwacher Anleihenmarkt: Der seit 2022 laufende Bärenmarkt bei den Anleihen – laut Bank of America der extremste seit 250 Jahren – veranlasst Investoren zunehmend, alternative Werte wie Gold zu bevorzugen.
- Dauerhafter Konflikt zwischen den USA und China: Trotz aller Entspannungsversuche bleibt die Rivalität zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt bestehen. Handelskonflikte, Zölle, Stellvertreterkriege und strategische Konkurrenz sorgen immer wieder für Unsicherheiten an den Märkten und stärken die Nachfrage nach sicheren Anlagen wie Gold.
- Zunehmende geopolitische Unsicherheiten: Steigende Spannungen, beispielsweise im Zusammenhang mit dem Konflikt in der Ostukraine sowie im Mittleren Osten, erhöhen die Attraktivität von Gold als sicheren Hafen.
- Ausweitung der weltweiten Geldmenge: Die Geldmenge, insbesondere im Euroraum, ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. So wuchs die Geldmenge M3 im März 2025 gegenüber dem Vorjahr um 3,6 % auf 16,85 Billionen Euro, was die Tendenz einer expansiven Geldpolitik widerspiegelt.
- Globale Schuldenproblematik: Nahezu alle Länder verzeichnen weiterhin hohe und wachsende Staatsschulden, was das Vertrauen in Papierwährungen untergräbt und das Interesse an physischen Vermögenswerten wie Gold weiter steigert.
- Neuer säkularer Bullenmarkt: Der spektakuläre Ausbruch Ende Februar 2024 markiert den Beginn eines neuen, langfristigen Aufwärtstrends am Goldmarkt. Historische Parallelen, etwa zu den 1970er-Jahren, untermauern diese Entwicklung.
- Anhaltende Marktvolatilität: Die hohe Unsicherheit und Volatilität an den globalen Finanzmärkten führen dazu, dass immer mehr Anleger physische Vermögenswerte wie Gold als Schutz suchen.
- Diese Faktoren verdeutlichen die solide fundamentale Basis des laufenden Gold-Bullenmarktes und sprechen mittel- und langfristig für weiter steigende Preise.
Gold in US-Dollar – Überverkaufter Tageschart
Gold in US-Dollar, Tageschart vom 27. Juni 2025. © GOLD.DE
Nachdem sich der Goldpreis ausgehend von 3.120 US-Dollar seit dem 15. Mai um über 10,5 % bis auf 3.451 US-Dollar erholen konnte, folgte in den letzten zwei Wochen wieder eine kalte Dusche bzw. ein deutlicher Rücksetzer. Dabei nutzten die Bären die überkaufte Lage aus, um die Goldkurse ohne große Gegenwehr schnell bis auf 3.255 US-Dollar in die Tiefe drücken zu können.
Im Bereich um 3.250 US-Dollar wartet jedoch die Aufwärtstrendlinie der letzten vier Monate! Wir gehen davon aus, dass es hier zumindest eine deutliche Reaktion bzw. Erholung geben sollte. Im besten Fall endet der Rücksetzer bereits um das heutige Tief bei 3.255 US-Dollar. Schließlich greift ab Anfang Juli langsam, aber sicher die saisonale Unterstützung.
Alternativ zieht sich die trickreiche und zähe Seitwärtsphase auf hohem Niveau noch ein paar Wochen länger hin. In diesem Fall würde der Goldpreis wohl auch noch die runde Marke von 3.200 US-Dollar antesten. Sehr viel tiefer sehen wir das Abwärtspotenzial vor den normalerweise positiven Sommermonaten im Juli und August allerdings nicht mehr.
Wir vermuten, dass sich die Goldbullen in Kürze zurückmelden werden und im Laufe des Julis eine neue Aufwärtswelle mit konservativen Kurszielen um 3.400 und 3.500 US-Dollar starten sollte. Ein wieder stärker werdender Goldpreis sollte dann auch dem Silber mehr Mut einflößen, so dass die Sommerrallye etwas verspätet, dann tatsächlich doch im Zeichen des kleinen Bruders Silber stehen könnte.
Fazit: Das Ende der Konsolidierung beim Gold rückt näher
Der Goldmarkt konsolidiert nach wie vor seine starken Kursgewinne mit einer volatilen Seitwärtsbewegung zwischen 3.120 und 3.450 US-Dollar. Zwar blieben die Bullen mit einer mehrwöchigen Erholung von über 10 % weiterhin tonangebend, doch die Bären konnten zweimal den Ausbruch über 3.430 US-Dollar verhindern.
Mit dem Kursrutsch der letzten elf Tage bis auf 3.255 US-Dollar ist der Goldmarkt erstmals seit Mitte Mai wieder leicht überverkauft. Damit deutet sich langsam, aber sicher eine antizyklische Kaufchance an.
Die Wochen-Stochastik hingegen ist noch weit von einer günstigen Ausgangslage entfernt und verharrt knapp unterhalb der überkauften Zone. Aus dieser Perspektive müssen wir auch eine Fortsetzung der Konsolidierung und damit tiefere Kurse knapp unterhalb von 3.200 US-Dollar einkalkulieren. Spätestens hier dürften jedoch wieder kaufkräftige Akteure in den Markt kommen und mit starker physischer Nachfrage den Boden erzwingen.
Insgesamt bahnt sich am Goldmarkt also der nächste Wendepunkt an. Insbesondere Silber könnte im Hochsommer für Furore sorgen.
Autor: Florian Grummes
Technischer Analyst, Edelmetallexperte
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