Bei kritischen Mineralien werden viele zunächst an Metalle wie Lithium, Nickel oder Kobalt denken. In den letzten Monaten kam aufgrund seiner enormen Bedeutung für den militärischen Bereich das Antimon hinzu. Aber Gold? Gold würden die meisten von uns zunächst nicht auf der Liste der kritischen Metalle und Mineralien erwarten und doch könnte das Edelmetall in Kürze genau dort landen.
Da Gold anders als die meisten anderen kritischen Metalle nicht von der Industrie verbraucht, sondern primär von den Anlegern als stabiler Wertspeicher gehortet wird, ist es nicht kritisch in Form einer physischen Knappheit. Mit jedem Jahr wächst der oberirdische Goldbestand weiter an und dennoch könnte gerade nicht genügend Gold zur Verfügung stehen, weil immer weniger Goldbesitzer bereit sind, das Gold, das sie besitzen, abzugeben.
Der Grund für diese pessimistische Sichtweise ist die gewandelte Bedeutung des Goldes. Als die USA im August 1971 die Eintauschbarkeit des US-Dollars in Gold beendeten und die Welt vom Goldstandard abrückte, verschwand das Gold nach und nach aus den Anlageportfolios. Zuerst gingen die Zentralbanken dazu über, anstatt Gold zinstragende Anlagen in ihre Reserven zu übernehmen.
Gold: Von der Nische zum neuen Objekt allgemeiner Begierde
Jahrelang führte das Gold daher eine Art Nischendasein. Man hielt dennoch an ihm fest, um die Inflation abzusichern oder weil die Zeiten gerade von erhöhten geopolitischen Spannungen geprägt waren. Aber wenn es um die Rendite ging, standen Anleihen und der US-Dollar bei Notenbanken wie Anlegern meist sehr viel höher im Kurs.
Der russische Angriff auf die Ukraine und die in seiner Folge erlassenen westlichen Sanktionen stießen im Februar 2022 ein weltweites Umdenken an. Dieses wurde in diesem Jahr mit der Rückkehr Donald Trumps ins Oval Office nochmals erheblich verstärkt. Die Folge war eine globale Neubewertung der relativen Sicherheit von US-Vermögenswerten. Aber auch die Frage der Unabhängigkeit der Federal Reserve Bank wird heute anders gesehen als noch vor einem Jahr und zunehmend gerät die Verschlechterung der Haushaltslage der USA in den Blick.
Wenige Tage nach der US-Präsidentenwahl erreichte das Gold am 14. November 2024 bei 2.536,71 US-Dollar ein Tief. Von diesem aus hat es in der Zwischenzeit um 32,3% zugelegt. Dabei wurde am 22. April bei 3.500,05 US-Dollar je Feinunze ein neues Allzeithoch ausgebildet. Seitdem wird dieser Anstieg konsolidiert. Dabei bestimmt vor allem die tägliche Nachrichtenlage, ob die kurzfristigen Preisbewegungen eher auf- oder abwärts gerichtet sind.
Kurzfristig bleibt die Nachrichtenlage für den Goldpreis bestimmend, langfristig die Notenbanken und Großanleger
Tritt man jedoch einen Schritt zurück und blendet das von Nachrichten getriebene, kurzfristige Auf und Ab aus, wird schnell deutlich, dass die Aufwärtsbewegung des Goldpreises früher oder später weiter fortgesetzt werden wird, denn wie der World Gold Council (WGC) im Juni berichtete, erwarten 95% der befragten 73 Zentralbanken, in den kommenden zwölf Monaten eine weitere Erhöhung der Goldbestände der Notenbanken.
„Dies ist ein Rekordhoch seit der ersten Erhebung im Jahr 2019 und stellt einen Anstieg von 17% gegenüber den Ergebnissen für 2024 dar“, kommentierte das WGC die Ergebnisse seiner Befragung. Damit wird deutlich, dass die Abkehr vom US-Dollar und von US-Vermögenswerten keine Laune des Augenblicks mehr ist, sondern von Donald Trump in den wenigen Monaten seiner zweiten Präsidentschaft sehr viel Porzellan zerschlagen wurde.
Wem soll man an dieser Stelle noch glauben und vertrauen? Anderen Ländern, die vielleicht schon bald mit ähnlich unzuverlässigen Regierungen aufwarten können? Diese Gefahr kann niemand mehr ausschließen. Deshalb entwickelt sich das Gold nicht nur für die Notenbanken, sondern auch für Fondsmanager und Privatanleger zu einer der wenigen praktikablen Alternativen zu US-Staatsanleihen und zum US-Dollar.
Goldminenaktien geraten zunehmend in den Blick
Mit dem Gold werden auch die Aktien der großen Goldproduzenten immer attraktiver. Zwei Aspekte kommen an dieser Stelle derzeit zusammen. Der hohe Goldpreis hat die Margen der Goldminen explodieren lassen. Dies hat dazu geführt, dass ihre Aktien schneller gestiegen sind als der Goldpreis selbst.
Newmont, der weltweit größte Goldproduzent der Welt, ist ein gutes Beispiel für diese Entwicklung, denn seit ihrem letzten Zwischentief vom 30. Dezember 2024 ist die Newmont-Aktie um 63% angestiegen und damit deutlich schneller als der Goldpreis selbst. Barrick Mining, die sich in Zukunft stärker dem Kupfer widmen wollen und die deshalb das Gold aus ihrem Firmennamen gestrichen haben, konnte lediglich um 40,6% zulegen. Gold Fields legte um 88% zu und Anglogold Ashanti kann seit Dezember sogar eine dreistellige Rendite von 108% vorweisen.
Die deutlich erhöhten Margen sind aber derzeit nicht der einzige Grund, der die Anleger bei den Goldproduzenten zugreifen lässt. Sorgen vor einer aufkommenden Rezession in den USA haben die gleiche Wirkung. Sollten die USA tatsächlich im Lauf des Jahres in eine Rezession eintreten, sind Goldminen ein guter Hedge, denn ihre Gewinne verharren auch dann dank des hohen Goldpreises auf attraktiven Niveaus, wenn den Konsumenten in den USA und anderswo aufgrund der verschlechterten wirtschaftlichen Lage die Lust am unbeschwerten Konsum schon längst vergangen ist.