Die Bullen bleiben am Drücker
Stand: 06.09.2024 von Florian Grummes
Nach einer fulminanten Erholung im August starten die Aktien- und Krypto-Märkte mit einem deutlichen Rücksetzer in den traditionell schwächeren Monat September. Der Goldpreis hingegen zeigt sich robust und konsolidiert hartnäckig knapp unterhalb seines neuen Allzeithochs bei 2.531 US-Dollar.
Trotz mehrfacher Versuche der Bären in den vergangenen zweieinhalb Wochen, den Goldpreis unter die psychologisch wichtige Marke von 2.500 US-Dollar zu drücken, bleiben die Bullen am Drücker. Dreimal kamen im Bereich um 2.472 US-Dollar zügig neue Käufer in den Markt, sodass der Goldpreis kurz vor Bekanntgabe der US-Arbeitsmarktdaten schon wieder mit dem Ausbruch über 2.530 US-Dollar liebäugelt.
Durchschnittliche Monats-Performance des S&P 500, vom 31. August 2024. ©Charles Schwab, Bloomberg
Traditionell neigen die Aktienmärkte im September und Oktober zur Schwäche, was auf eine Vielzahl an harten und weichen Faktoren zurückzuführen ist. Historisch betrachtet war der September seit 1928 mit einer durchschnittlichen Performance von ca. -1,2 % der mit Abstand schwächste Monat für den S&P 500.
Diese saisonale Schwäche setzt sich oft bis in den Oktober fort, wobei die Volatilität in beiden Monaten typischerweise zunimmt. Gründe dafür sind unter anderem das Ende der Sommersaison, bei der Händler ihre Portfolios neu positionieren, sowie die Vorbereitung auf das Jahresende bzw. das Ende des Geschäftsjahres bei einige Publikumsfonds sowie frühzeitige Verlustverkäufe (Verlustrealisierung) zur Steueroptimierung.
Zusätzlich können in diesen Monaten wichtige wirtschaftliche Ereignisse wie Zentralbank-Sitzungen, Zinssenkungen oder Arbeitsmarktberichte die Märkte beeinflussen.
Die Kombination aus saisonalen Mustern und wichtigen wirtschaftlichen Faktoren verstärkt in diesen beiden Monaten das Anlegerverhalten und beeinflusst natürlich auch psychologisch, so dass Anleger grundsätzlich vorsichtiger agieren, was die tendenzielle Schwäche der Aktienmärkte noch verschärft („selbsterfüllende Prophezeiung“).
Im US-Wahljahr 2024 könnte die Volatilität durchaus auch bis Anfang November erhöht bleiben. Typischerweise finden die Aktienmärkte aber ab Mitte Oktober ihren Tiefpunkt und beginnen dann ihre Jahresendrallye.
Gold Saisonalität der letzten 15 Jahre, vom 6. Mai 2024. ©Seasonax
Am Goldmarkt hingegen war der September ursprünglich ein saisonal eher positiver Monat, vermutlich vor allem aufgrund der Heiratssaison in Indien. In den letzten 13 Jahren hat sich dieses Muster aber doch recht deutlich verschoben, denn in 85 % der Fälle gab es eine rote bis dunkelrote Performance im September.
Insofern darf man gespannt sein, wie sich der Goldpreis dieses Jahr verhalten wird und ob sich die offensichtliche Stärke auch in einem schwierigen Finanzmarkt-Umfeld durchsetzen kann.
Goldpreis in US-Dollar – Wann kommt der Ausbruch über 2.530 US-Dollar
Gold in US-Dollar, Tageschart vom 6. September 2024. ©GOLD.DE
Unterm Strich standen die letzten vier Wochen, wie vermutet, im Zeichen weiter steigender Goldpreise.
Mit 2.535 US-Dollar gelang am 20. August auch ein neues Allzeithoch.
Seitdem konsolidiert der Goldmarkt den Kursanstieg mit einer Seitwärtsphase. Insgesamt dreimal wurde dabei die Unterstützungszone um 2.472 US-Dollar erfolgreich getestet. Jedes Mal kamen schnell neue Käufer in den Markt und trieben die Notierungen zurück über die runde Marke von 2.500 US-Dollar.
Gleichzeitig attackieren die Bullen auf der Oberseite seit zweieinhalb Wochen immer wieder das Widerstandsbollwerk der Bären zwischen 2.526 und 2.531 US-Dollar. Mit jeder Attacke verliert diese Zone an Widerstandskraft. Es scheint momentan nur noch eine Frage der Zeit zu sein, wann der Durchbruch nach oben gelingen wird.
Angesichts der zähen, aber hartnäckigen Art und Weise wie sich der Goldpreis seit Mitte April unter teils wilden Schwankungen letztlich doch immer weiter nach oben schiebt, könnte ein Ausbruch über 2.535 US-Dollar möglicherweise den Befreiungsschlag bringen bzw. einen Short-Squeeze entfachen. In der Folge könnte dadurch ein vertikales Finale der seit dem Oktober 2023 laufenden Rallye eingeläutet werden. Kursziele um 2.700 US-Dollar wären dabei wohl das Minimum. Auch ein Anstieg auf 3.000 US-Dollar könnte in so einer Übertreibungsphase relativ schnell gelingen.
Dem gegenüber stehen äußerst ungünstige Terminmarkt-Daten, recht euphorische Sentiment-Werte sowie eine ungünstige Saisonalität im September.
Charttechnisch wurde das Stochastik-Verkaufssignal am Donnerstag jedenfalls egalisiert und das Momentum drückt somit wieder nach oben. Neben dem neuen Allzeithoch bei 2.531 US-Dollar, den Konsolidierungshochs der letzten zweieinhalb Wochen um 2.526 US-Dollar sowie unserem altbekannten Kursziel aus der inversen SKS bei 2.535 US-Dollar, wartet bei 2.542 US-Dollar das seitwärts laufende obere Bollinger Band. Insgesamt ist die Zone zwischen 2.525 und 2.545 US-Dollar also ein starker Widerstand.
Im Umkehrschluss setzt ein nachhaltiger Ausbruch darüber aber ganz massiv neues Anstiegspotenzial frei. Eine finale Übertreibungsphase mit vertikalen Kursanstiegen in kürzester Zeit fehlt der Goldrallye noch.
Zusammenfassung: Goldrausch – Der Countdown läuft!
Seit dem 6. Oktober 2023 läuft die Rallye am Goldmarkt. Lediglich in den ersten Oktoberwochen und dann ab Mitte Februar bis Mitte April konnten die Goldbullen echtes Aufwärtsmomentum und eine starke Trendphase entfachen. Ansonsten ging es meist zäh und mit vielen Umwegen bzw. Täuschungsmanövern nach oben.
Mit einem Ausbruch über 2.535 US-Dollar könnte nun wieder eine starke Trendphase beginnen, welche sich schnell und vertikal den Weg gen 2.600 und 2.700 US-Dollar bahnen könnte.
Unsere nächsten Kursziele liegen bei 2.590 bis 2.600 US-Dollar sowie bei 2.745 bis 2.800 US-Dollar.
Sollte die wichtige Unterstützung zwischen 2.450 und 2.472 US-Dollar allerdings nachhaltig unterschritten werden, ist das Szenario eines parabolischen Finales erstmal vom Tisch.
4. Sentiment Gold
Sentiment Optix für Gold vom 19. August 2024. Quelle: Sentimenttrader
Das Sentiment am Goldmarkt notiert mit 77 von 100 Punkten erneut im oberen Viertel der Sentiment-Skala. Auch wenn die steigenden Goldkurse bislang im Mainstream kaum Beachtung gefunden haben, so misst die quantitative Optix-Analyse insgesamt doch eine überzogene Erwartungshaltung. Allerdings gibt es nach oben noch Luft, so dass die Zahl der Optimisten mit weiter steigenden Goldpreisen ebenfalls noch deutlich zunehmen kann.
In der Summe haben die Optimisten den Goldmarkt weiter unter ihrer Kontrolle, schließlich ziehen die Goldkurse schon seit rund zwei Jahren an. Da der bisherige Anstieg eher zäh und schrittweise vonstatten ging und lediglich mit Zwischenkonsolidierungen primär über die Zeit verdaut wurde, steht ein spektakuläres Finale mit einem vertikalen Kursanstieg noch aus. Erst dann dürfte auch der Mainstream euphorisiert auf den Goldzug aufspringen.
5. Saisonalität Gold
Saisonalität für den Goldpreis über die letzten 15 Jahre vom 21. August 2024. Quelle: Seasonax
Aus der saisonalen Perspektive befindet sich der Goldpreis aktuell mitten in seiner Sommerrally, die durchaus noch ein bis zwei Wochen weiterlaufen könnte. Allerdings wartet im Anschluss ein dunkelroter Monat September, in welchem der Goldpreis in den letzten 15 Jahren meist deutlich unter die Räder kam. Die nächste sinnvolle und günstige Kaufgelegenheit könnte sich demnach erst Ende September bzw. Anfang Oktober oder gar erst Mitte Dezember ergeben.
Insgesamt ist die saisonale Komponente noch bis Ende August günstig und dreht dann ab Anfang September direkt auf dunkelrot.
6. Makro-Update – Goldminenaktien mit großem Aufholpotenzial
Goldpreisauf- bzw. -abschlag in China, vom 21. August 2024. Quelle: InProved Analytics
Während der Goldpreisanstieg im westlichen Mainstream weiterhin kaum Beachtung findet, hat die People’s Bank of China (PBOC) zuletzt mehreren chinesischen Banken neue Goldimportquoten erteilt. Diese Maßnahme erfolgte nach einer zweimonatigen Pause, die hauptsächlich auf eine Verlangsamung der physischen Nachfrage zurückzuführen war. Obwohl die neuen Quoten in Erwartung einer wiederbelebten Nachfrage erteilt wurden, fallen die Goldprämien an der Goldbörse in Shanghai weiter und finden trotz des neuen Allzeithochs bislang nicht die Trendwende.
So haben die chinesischen Goldprämien aktuell den niedrigsten Stand seit Anfang 2020 erreicht und werden mit einem Abschlag von 27,2 USD bzw. 1,08% unter der LBMA-Benchmark gehandelt! Der starke Anstieg der Goldpreise im Westen behindert damit weiterhin die physische Nachfrage in China. Solange der lokale Aufschlag gegenüber dem Offshore-Markt niedrig bzw. negativ bleibt, werden die neuen Quoten möglicherweise erst genutzt, wenn sich die Marktbedingungen verbessert haben.
Während die Nachfrage nach Schmuck weiterhin schwach ist, bleibt die Investitionsnachfrage nach Gold aber grundsätzlich robust. Die PBOC hat sich zu diesen Entwicklungen allerdings noch nicht geäußert. Der jüngste Anstieg auf über 2.500 USD unterstreicht jedoch eindrucksvoll das weltweit wachsende Interesse an Gold als wertvollem Anlagegut.
Neben den erwähnten geopolitischen Brandherden im Mittleren Osten und in der Ukraine/Russland kann der Anstieg der Goldpreise auch auf die zunehmend schwächeren Wirtschaftsdaten aus den USA und mögliche Zinssenkungen im 4.Quartal zurückgeführt werden.
Goldpreis-Entwicklung seit 2000 in verschiedenen Währungen, vom 10. August 2024. Quelle: Incrementum AG
Hinzu kommen der anhaltende Inflationsdruck sowie Bedenken hinsichtlich der weiter um sich greifenden Abwertung von Fiat-Währungen gegen Gold. So hat das Gold in den letzten Jahrzehnten im Vergleich zu allen Fiat-Währungen eine beeindruckende Performance gezeigt. Gegen den Euro stieg der Goldpreis im Durchschnitt der vergangenen 20 Jahren beispielsweise jährlich um durchschnittlich 8,6 Prozent an, während europäische Staatsanleihen und Euro-Bargeld nur mickrige Renditen von 2,73% bzw. 1,08% erzielten.
Langfristig hat Gold seine Rolle als Wertspeicher und Inflationsschutz seit Jahrtausenden bestätigt, da es im Gegensatz zu Fiat-Währungen, die an Kaufkraft verlieren, seinen Wert behält. Eine Analyse über den Zeitraum von mehr als einem halben Jahrhundert zeigt, dass der US-Dollar 98,27% seiner Kaufkraft verloren hat, während der Euro heute nur noch 1,7% seiner ursprünglichen Kaufkraft besitzt!
Gold hingegen hat sich als Maßstab für Inflation etabliert, da es seine Kaufkraft über die Jahre hinweg weitgehend beibehält. Dies steht im Gegensatz zum Wertverlust von Fiat-Währungen, der durch die steigenden Goldpreise sichtbar wird. Trotz kurzfristiger Schwankungen bleibt Gold ein verlässlicher Indikator für die langfristige Geldentwertung. Der konstante Wert des Edelmetalls macht es zu einer bevorzugten Anlage in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und politischer Krisen, da es im Gegensatz zu Fiat-Währungen nicht von der Glaubwürdigkeit eines Herausgebers (z.B. Notenbank) abhängt.
Mit dem starken Anstieg von 1.615 USD bis auf 2.531 USD hat der Edelmetallsektor nach längerer Stagnation in den letzten zwei Jahren eine deutliche Wiederbelebung erfahren. Immer mehr Zentralbanken sowie Investoren auf der ganzen Welt erhöhen ihre Allokationen in physischem Gold.
Gold Junior Miners GDXJ, vom 19. August 2024. Quelle: Crescat Capital, Tavi Costa
Während jedoch der Goldpreis von einem Rekordhoch zum nächsten eilt, sind die meisten Goldminenaktien noch meilenweit von ihren Allzeithochs entfernt. Der HUI Index (NYSE Arca Gold BUGS Index) müsste sich mehr als verdoppeln, um ein neues Rekordhoch zu erreichen.
Lediglich absolute Top-Unternehmen wie bspw. Agnico Eagle mit Minen in Kanada, Finnland, Mexiko, den USA und Schweden sowie Alamos Gold mit Minen in Kanada und Mexiko konnten sich der schwachen Sektor-Performance entziehen und übertrumpften den Goldpreisanstieg deutlich. Mit dem Ausbruch über die wichtige Abwärtstrendlinie der letzten 14 Jahre deuten die stark zurückgebliebenen Junior Goldminenaktien (GDXJ) nun aber möglicherweise den Befreiungsschlag an.
Die sich langsam verbessernde Lage wird durch Fusions- und Übernahmeaktivitäten bestätigt. Das jüngste Beispiel ist die Übernahme von Osisko Mining durch Gold Fields. Demnach plant Gold Fields, der weltweit siebtgrößte Goldproduzent mit Sitz in Johannesburg, Südafrika, die Übernahme von Osisko Mining für etwa 2,16 Mrd. CAD. Pro Osisko-Aktie bietet Gold Fields den Osisko-Aktionären damit 4,90 CAD, was gegenüber dem letzten Kurs vor der Übernahmeankündigung einem Premium von ca. 55% entspricht!
Die Transaktion wurde am 12. August 2024 durch eine endgültige Vereinbarung formalisiert und soll, vorbehaltlich der Erfüllung aller Bedingungen, im 4. Quartal 2024 abgeschlossen werden. Nach der Übernahme werden die Aktien des kanadischen Mineralexplorationsunternehmen Osisko Mining voraussichtlich nicht mehr an der Toronto Stock Exchange (TSX) gehandelt.
Gold Fields, das bereits als Joint-Venture-Partner an Osiskos hochgradiger Goldlagerstätte Windfall in Québec involviert ist, sieht die Übernahme als strategische Ergänzung seines Portfolios und als Möglichkeit, die Produktion in der Region auszubauen. Angesichts des harten Wettbewerbs unter den großen Goldproduzenten wird diese Übernahme die Reserven von Gold Fields stärken und gleichzeitig weiteres Interesse am Goldminen-Sektor wecken. Zudem wirft die Übernahme ein bezeichnendes Schlaglicht auf den Goldmarkt und macht die extrem niedrigen Bewertungen der meisten Goldminen und Minenentwickler deutlich.
7. Fazit: Gold – Die Rally geht vermutlich weiter
Die Rally am Goldmarkt läuft mittlerweile seit fast 11 Monaten, ohne dass es zu einem größeren Rücksetzer gekommen wäre. Zwar gab es zwei zwischengeschaltete Seitwärtskonsolidierungen, eine echte Marktbereinigung mit einem Kursrückgang von über 10% war aber nicht zu beobachten.
US-Dollar Index, Tageschart vom 21. August 2024. Quelle: Tradingview
Ungeachtet der positiven Preisentwicklung sowie der stark stützenden Makro- und Fundamentallage bleibt der Goldmarkt aber nicht ohne Herausforderungen. Schließlich ist der Goldpreis nach einem Plus von fast 40% seit dem Oktober 2023 überkauft. Gleichzeitig ist der US-Dollar nach dem Kursrutsch der letzten vier Wochen deutlich überverkauft und in eine breite Unterstützungszone eingetaucht. Zudem sind die Commitment of Traders (CoT-Daten) mittlerweile sehr negativ, während das Sentiment ungesund hohe Optimismuswerte liefert.
Bislang konnte sich der Goldpreis in den letzten Monaten immer wieder konsequent von jeglichen Rücksetzern erholen und dann weiter nach oben marschieren. Die mit dem Ausbruch über 2.500 USD neu entfachte Marktdynamik deutet darauf hin, dass die seit Mitte April vorherrschende Seitwärtsbewegung beendet worden ist und nun möglicherweise ein scharfer Preisanstieg bevorstehen könnte.
Trotzdem gilt für den September, dass eine starke Korrektur am Aktienmarkt sowie eine Erholung beim US-Dollar die Goldpreise vorübergehend negativ beeinflussen könnte. Wir vermuten aber, dass die Zone zwischen 2.430 und 2.485 USD jegliche Rücksetzer zunächst auffangen sollte. Der „worst-case“ auf der Unterseite liegt vermutlich bei ca. 2.400 USD. Ungeachtet kurzfristiger Rücksetzer dürfte sich der Goldpreis übergeordnet auf dem Weg in Richtung 2.700 bis 3.000 US-Dollar befinden.
Florian Grummes
Edelmetall- und Krypto-Experte
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Quelle: www.celticgold.de
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